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Ysobel – Das Herz aus Diamant

Ysobel – Das Herz aus Diamant

Titel: Ysobel – Das Herz aus Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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nur noch ein Stöhnen.
    »Zum Henker, ich werde vor der Zeit graue Haare bekommen, wenn du das öfter mit mir machst!«, rutschte es ihm heraus.
    »Ihr könnt ordentlich zuschlagen«, fügte Ysobel in aufrichtiger Hochachtung hinzu, und im Fackelschein konnte er fast so etwas wie Ehrfurcht in ihren Augen erkennen. Es war ein Blick, der aus dem schwächsten Mann einen Helden machte, und Jos hatte Mühe, auf dem Boden der Wirklichkeit zu bleiben.
    »Ich habe dir schon einmal gesagt, du sollst aufhören, mich mit Gratien de Locronan zu vergleichen«, erwiderte er, und sein aufgebrachter Tonfall verriet seinen Zorn.
    »Ich werde es nie wieder tun!«, schwor Ysobel.
    Jos gab einen unwilligen Laut von sich und wandte seine Aufmerksamkeit dem imponierenden Riegel zu, der den Weinkeller von Locronan vor Dieben, aber auch vor Ausbrechern schützte. Er ließ sich nur schwer bewegen, doch am Ende gab er quietschend nach. Ysobel hörte einen Aufschrei von drinnen, der von einer barschen weiblichen Stimme zum Schweigen gebracht wurde. Dame Volberte. Sie hatte keinen Zweifel daran. Dafür kamen ihr plötzlich ein paar Bedenken in Bezug auf die eigene christliche Nächstenliebe. Sie hätte Jos am liebsten gebeten, die grässliche Person als einzige zurückzulassen.
    Heilige Anna, ich habe mich verändert! schoß es ihr durch den Kopf, und sie bekreuzigte sich voller Reue. Sie mochte inzwischen mehr Sünden begangen haben, als eine einzige Beichte fassen konnte, aber dennoch gab es gewisse Regeln, die sie nicht verletzen wollte. Auch Volberte gehörte zum Gesinde von Locronan, und es war nicht ihre Aufgabe, sie zu richten.
    »Deine Frömmigkeit in Ehren, aber möchtest du diesen Frauen jetzt bitte sagen, was sie zu tun haben, ehe wir entdeckt werden?«, knurrte Jos de Comper und griff nach der Fackel an der Wand.
    »Ysobel!« Jeanne stürzte an die Tür und wich zurück, als sie Jos de Comper entdeckte, den sie noch immer für einen einfachen Fischer hielt. Auf ihrem schmutzigen Gesicht wechselten sich Wiedersehensfreude, Misstrauen und mühsam gebändigte Angst ab.
    »Es ist alles in Ordnung! Bitte seid leise!«, wisperte Ysobel und umarmte Jeanne. »Wir sind gekommen, euch in Sicherheit zu bringen. Schnell, es gibt einen geheimen Gang hinunter zum Strand ...«
    Jeanne gab die geflüsterten Befehle weiter, und Dame Volberte packte Ysobel roh am Handgelenk. »Wo hast du die ganze Zeit gesteckt, du Dirne? Was ist das für ein böser Streich, den du ...«
    »Noch eine Silbe in diesem Ton, dieser Lautstärke und diesem Inhalt, und ich sorge persönlich dafür, dass du als einzige zurückbleibst, Frau!« Es waren weniger die Worte selbst, die Jos sprach, als sein Ton, der die Haushofmeisterin augenblicklich verstummen ließ. Sie wich vor ihm zurück, als sei er eine Ausgeburt der Hölle.
    Ysobel fühlte den unwiderstehlichen Drang zu kichern. Es tat ihr gut, die hochnäsige Haushofmeisterin vor Jos zittern zu sehen.
    »Schneller, schneller«, drängte der Ritter und schob die stolpernden, taumelnden Frauen, die im Licht der Fackel blinzelten, an sich vorbei den Gang hinunter. »Eilt euch, wir müssen soviel Entfernung wie möglich zurückgelegt haben, bis eure Flucht entdeckt wird. Folgt dem Gang ...«
    »Die Männer!«, wagte Jeanne sich an Ysobel zu wenden. »Ich glaub’, sie sind im Keller nebenan ...«
    Jos streifte seine Liebste mit einem Blick und zuckte mit den Schultern. Ehe sie etwas sagen konnte, hatte er sich der zweiten Holzpforte angenommen und auch diesen Riegel entfernt. Die überlebenden Männer des Gesindes waren nur ein verletztes, jämmerliches Häufchen; sie mussten von den Frauen gestützt werden.
    Jos brachte das Gejammer zum Schweigen. Lediglich das Atmen, das Rascheln der Kleider und das Scharren der Füße war zu hören, als sie sich endlich auf den Weg machen konnten. Das Aufweinen eines kleinen Mädchens wurde sofort von einer mütterlichen Hand erstickt. Nur Dame Volbertes Keuchen übertönte alles. Sie humpelte auf Aline de Abrèsle gestützt davon. Ein Wrack, das in nichts mehr der beherrschenden Haushofmeisterin glich, die Ysobel so terrorisiert hatte.
    »Wo bringt ihr uns hin?« Jeanne hielt sich an Ysobels Seite und suchte vertrauensvoll ihre Hand.
    »In Sicherheit!«, versprach Ysobel und hoffte inständig, dass es keine Lüge war. Wie sie diese Schar völlig eingeschüchterter Menschen aus der unmittelbaren Gefahr bringen sollten, ohne dass die Schurken in der Burg etwas davon merkten, war ihr ein

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