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Ysobel – Das Herz aus Diamant

Ysobel – Das Herz aus Diamant

Titel: Ysobel – Das Herz aus Diamant Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Cordonnier
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dem Sklavenmarkt sein Gewicht in Gold wert. Aber nur, wenn es noch einen von diesen Heiden verlockt. Deswegen fasst keiner sie an, ist das klar?«
    Er wandte sich Ysobel zu, die wieder völlig reglos auf der Folterbank lag. Erst bei näherem Hinsehen wurde ihm klar, dass die flachen Atemzüge und geschlosenen Augenlider Folgen ihrer Bewusstlosigkeit waren. Fürs erste hatte sie sich ihm und seiner Folter einfach entzogen. Paskal Cocherel begann lästerlich zu fluchen.
    »Eine Wache vor die Tür! Und dass mir keiner sie anfasst!«, befahl er barsch.

19. Kapitel
    Die Umrisse der Burg von Locronan schälten sich aus dem Dämmerlicht des Morgens. Kurz vor Sonnenaufgang, zur dunkelsten Stunde der Nacht, hatte der Wind aufgefrischt und die Regenwolken nach Osten davongetrieben. Nun lag feuchter Nebel über den Klippen und dem Fluss, der sich dem Meeresdelta entgegenwälzte. Auf drei Seiten war die Festung von einem waffenstarrenden Heer eingeschlossen.
    Scharfe Augen vermochten in der Bucht bereits die ersten Konturen der Insel des heiligen Michael auszumachen. Der Sage nach hatte dort einmal König Markes Schloss gestanden. Heutzutage war das Eiland Heimat für ein paar Fischer, die in windumtosten Hütten wohnen und es Douar an enez nannten, Land der Insel.
    Jos de Comper, der über gute Augen verfügte, erinnerte sich an die traurige Geschichte der schönen Isolde, die in unstillbarer Liebe zu Markes Neffen Tristan entbrannt und mit ihm in den Tod gegangen war. Bis vor kurzem hatte er über solche Sagen und Lieder geschmunzelt. Heute weckten sie die Erinnerung an Ysobels goldene Augen und ihre zärtlichen Lippen. Die Ähnlichkeit ihres Namens mit jenem von Isolde trug nicht dazu bei, seine Anspannung zu lockern. Im Gegenteil. War auch Ysobels und seine Liebe verboten und dem Tod geweiht?
    Raouls Vermutungen über Ysobels Abstammung drückten wie ein Felsblock auf seine Seele. Und falls sie wirklich als Ysobel von Locronan das Licht der Welt erblickt hatte, dann war sie auch die rechtmäßige, neue Herrin dieser Festung dort!
    Um sich von dem Zorn abzulenken, den er empfand, tätschelte er das mächtige dunkle Streitross aus dem Stall des Herzogs, das ihn trug. Vorerst galt es, die Schlacht zu gewinnen. Wenn er den Kopf auf den Schultern behalten wollte, dann tat er gut daran, sich auf den Kampf zu konzentrieren und nicht auf die Sehnsucht seines Herzens.
    Ein Hornsignal schrillte durch den Morgen und verkündete, dass die Wachen auf den Zinnen die Gefahr erkannt hatten, die draußen auf sie lauerte. Stimmen, Lärm und Waffengeklirr mischten sich mit dem Brüllen wütender Stimmen.
    »Wir sollten sie einfach über den Haufen rennen«, knirschte Hervé de St. Croix, der Graf von Vannes, neben Jos. Seine Stimme klang gedämpft durch den Helm mit dem Nasensteg, aber die Erbitterung war trotzdem unverkennbar. »Die Schurkenbande hat kein Recht auf einen Herold und eine ehrenvolle Aufforderung zur Schlacht.«
    »Die alten Mauern sind meterdick und die Tore mit Eisenbändern gesichert«, sagte Jos. »Es gibt allein die Möglichkeit, die neue Mauer beim Südturm zu erstürmen. Dort wurde über all den prächtigen Verzierungen und Fenstern übersehen, dass man eine Burg auch verteidigen muss!«
    Sie sahen schweigend dem Herold Jean de Montforts nach, der mit aufgepflanzter Standarte die Forderungen seines Herrn zu den Zinnen hinaufrief. Keiner von ihnen rechnete damit, dass Paskal Cocherel Locronan kampflos übergeben würde, dennoch hielten sie sich an den ritterlichen Ehrenkodex.
    Die Möwen über dem wartenden Heer und der bedrohten Burg schraubten sich kreischend in den Morgenhimmel. Jos versuchte sich abzulenken, indem er die Zahl der Verteidiger auf den Zinnen zu schätzen versuchte. Jede Maueröffnung schien besetzt zu sein. Unwillkürlich versicherte er sich, dass sein Bogen ordentlich befestigt am Sattel hing. Er hatte es zu beträchtlicher Meisterschaft mit dieser Waffe gebracht, die seiner Meinung nach in manchen Fällen dem Schwert weit überlegen war.
    Die Rückkehr des Herolds riss ihn aus seinen Überlegungen. Gemeinsam mit den anderen Männern an der Spitze des Heeres vernahm er die Aufforderung Paskal Cocherels an Jean de Montfort: »Zieht ab, oder ich töte die Geisel, die sich in meinen Händen befindet!«
    »Ist der Kerl wahnsinnig?«, brauste der Graf von Vannes auf. »Was soll der Unsinn! Welche Geisel? Ich wüsste nicht, wen der Schurke in seinen Händen haben könnte, der auch nur einen Pfifferling wert

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