Ysobel – Das Herz aus Diamant
das offene Feuer legte, entfloh ihren fest zusammengepressten Lippen trotz allem ein Seufzer.
»Du siehst, es ist alles bereit, mein Engel!«, säuselte der grauhaarige Söldnerführer in scheinheiliger Freundlichkeit. »Wir wollen, dass es dir an nichts fehlt! Aber noch hast du die Möglichkeit, dir Schmerzen zu ersparen. Wo sind die Gefangenen? Wer hat dir in der Burg geholfen? Und wo hast du dich versteckt, bis wir dich fanden?«
Ysobel schüttelte stumm den Kopf. Die Flut ihrer kupferfarbenen Locken fiel über das gesenkte Antlitz und verbarg die blassen, angespannten Züge. Cocherel fuhr jäh mit der Hand in diese seidige Wolke und riss den Kopf brutal nach hinten.
»Das Schiff meines maurischen Geschäftspartners wird nur noch eine einzige Nacht in seinem Versteck warten. Ich bin nicht in der Stimmung, mich von dir an der Nase herumführen zu lassen! Wo befindet sich das Pack, das wir für die Lagerräume dieses Kahnes eingefangen haben? Es kommt nicht in Frage, dass das Schiff leer seine Segel setzt!«
Ysobel keuchte. Der Schmerz in ihrem Kopf tobte bis unter ihre Schädeldecke. Wie lange hielt ein Mensch solche Qualen aus?
»Auf die Streckbank mit ihr!«
Ein grober Stoß beförderte Ysobel in Gordiens Arme, der das Amt des Folterknechtes mit einer Mischung aus angeborener Grausamkeit und simpler Notwendigkeit übernommen hatte. Seine Pranken griffen in den Ausschnitt von Dame Mathildas kostbarer Robe und rissen mit einem Ruck Tunika und Unterkleid bis zum Saum durch. Ehe Ysobel die Arme heben und sich bedecken konnte, lag sie auch schon splitterfasernackt auf dem rauen Holzbrett der Folterbank. Feine Splitter drückten sich in ihre Haut, und die plötzliche Kälte, im Verein mit der Furcht, ließ einen erkennbaren Schauer über ihren Leib laufen.
»Ein hübsches Hühnchen«, stellte Gordien gönnerhaft fest, während er Ysobels Handgelenke in die Lederschlaufen schnallte und ihre Füße auf die gleiche Art fixierte. »Meinst du nicht, wir sollten ein wenig Spaß mit ihr haben, ehe wir sie kaputtmachen!«
In namenlosem Entsetzen spürte Ysobel, wie seine behaarten Hände über ihren wehrlosen Körper glitten, sie betatschten. Sie wand und drehte sich in ihren Fesseln, aber sie gaben ihr keinen Spielraum. Den Blicken und Berührungen dieser Männer schamlos ausgesetzt, schloss sie mit einem gedemütigtem Aufschluchzen die Augen und gab die Gegenwehr auf.
Die nächste Berührung sorgte jedoch dafür, dass sie die Lider sofort wieder aufriss. Kühl und gleichsam unpersönlich glitt die geflochtene Schnur einer Peitsche zwischen ihren Brüsten hindurch. Wie eine lebendige, kalte Schlange wand sie sich über ihren Leib, verfolgt von gierigen Blicken Gordiens und seinen Gehilfen.
»Jeder nur einmal, Chef?!« bettelte Gordien zwischen Frage und Forderung. »Vielleicht genügt das schon, um sie zum Reden zu bringen.«
Ysobel hörte diese Worte in namenlosem Entsetzen. Trotz der Kälte brach ihr der Schweiß aus. Warum machten sie nicht gleich ein Ende! Wie lange musste sie diese Blicke, diese Angst noch ertragen? Gordien nestelte bereits an seinen Beinkleidern. Alles, nur das nicht! Sie vergaß zu atmen und wand sich in totaler Panik.
»Verdammter Hurensohn!«
Ein Klatschen und ein wüster Aufschrei rissen sie in die Wirklichkeit zurück. Verblüfft sah sie, wie Gordien sich vor der Peitsche seines Herrn in Sicherheit brachte und heulend vor Schmerz durch den Raum taumelte. Sie ahnte nicht, dass seine Demonstration hemmungsloser Begierde seinen Herrn an einer höchst empfindlichen Stelle getroffen hatte. In seinem Aberglauben zweifelte der Söldnerführer nämlich nicht daran, dass die kleine Hexe, die er zusammen mit Raoul de Nadier gefangen genommen hatte, tatsächlich seine Manneskraft verflucht hatte. Seitdem hatte er keiner Frau mehr beigewohnt!
Schon deswegen konnte er es nicht auf das ankommen lassen, was Gordien im Sinne hatte. Es hätte seinem Ruf geschadet, hätte er sich nicht daran beteiligt, und die Gefahr sich entsetzlich zu blamieren, war zu groß.
Fluchend krümmte Gordien sich neben dem Feuer zusammen und warf seinem Anführer mörderische Blicke zu. Cocherel mochte seine männliche Ehre gerettet haben, aber er hatte dafür die Loyalität seines Hauptmannes verloren.
»Noch bestimme ich, was hier geschieht!«, raunzte der falsche Herzog und brachte damit auch die übrigen murrenden Männer zum Schweigen. »Denkt ihr ich lasse zu, dass ihr Kerle sie ruiniert? Das Frauenzimmer ist auf
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