Ysobel – Das Herz aus Diamant
Bedrohung ihrer Pläne hielt. Sie hatte mit Bedacht darauf verzichtet, vor dieser Audienz ihre beschmutzten und zerrissenen Kleider zu wechseln. Sollte seine Gnaden ruhig noch einmal sehen, was einer ehrbaren Frau in dieser schlimmen Zeit alles zustoßen konnte.
Auch die anderen Ehrendamen der Burgherrin glichen eher einer Versammlung ehrenwerter Vogelscheuchen als dem Gefolge einer Dame aus gutem Hause. Die Ereignisse hatten sie stumm und ängstlich gemacht. Aline de Abrèsle und ihre Gefährtinnen waren noch immer völlig schockiert vom Anblick Dame Thildas, die man um ihrer eigenen Sicherheit willen in eine fensterlose Kammer hatte sperren müssen. Sie wusste nicht einmal mehr, wo sie sich befand und wer sie war. Beim Anblick eines Mannes verfiel sie in wildes Kreischen, in ihren Augen brannte der Wahnsinn.
Also hatte sich die energische Haushofmeisterin zur Sprecherin der Frauen gemacht und erhob sich nun ein wenig keuchend aus ihrer Reverenz. Jean de Montfort kürzte ihre Dankestirade mit einem kurzen Laut des Unwillens ab, der ihr die Röte in die Stirn trieb. Wie kam er dazu, sie so kränkend zu behandeln?
»Erspart uns diese Lügen, Frau!«, sagte er schroff. »Wollt Ihr etwa abstreiten, dass Ihr die willige Helferin Eurer Herrin wart? Jene, die die bedauernswerten Geschöpfe aussuchte, die zum Dienst in die Burg gerufen und dann in die Sklaverei verschachert wurden?«
»Wer behauptet das?«, rief Volberte empört. »Ysobel?«
In diesem Moment erfüllte sie nur ihr Hass auf die junge Frau, die jetzt in der prächtigen Kemenate der Herrin lag und offensichtlich den Fürsten auf ihre Seite gebracht hatte. Die Schönen hatten es immer leicht, die Mannsbilder um den Finger zu wickeln, egal ob es ein Herzog oder ein Knecht war.
»Sie lügt!«, schnaufte sie in scheinheiliger Entrüstung. »Sie kann gar nicht wissen, was im Hause gesprochen wurde! Wie sollte sie es gehört haben?«
»Schwierig, nicht wahr? Allerdings nur, weil Ihr sie auf Befehl Eurer schurkischen Herrin zur Spülmagd gemacht, aus dem eigenen Vaterhaus vertrieben, sie gedemütigt und gekränkt habt!«
Dame Volberte schnappte nach Luft und starrte den stolzen dunklen Ritter an, der so unverhofft vor seinem Fürsten das Wort ergriffen hatte.
»Und als Krönung aller Schurkereien wolltet Ihr sie ebenfalls in die Sklaverei verschachern!«, fügte er hinzu. »Wie könnt Ihr es wagen, den Herzog um Hilfe zu bitten? Etwa noch um Belohnung dafür, dass Ihr eine Edeldame geschunden habt?«
»Es war nicht meine Schuld«, rief die Haushofmeisterin weinerlich, als sie ihre Felle davonschwimmen sah.
»Sie gab sich wie eine Landstreicherin, als sie nach Hause kam. Sie wollte nur ein Dach über dem Kopf und die geringste Arbeit, das hat sie selbst gesagt. Fragt sie doch!«
»Weil sie unendliches Leid erlitten hatte und sich selbst für unwürdig und sündig hielt!«, entgegnete der Ritter heftig. »Weil sie für etwas sühnen wollte, was sie nicht verursacht hatte. Woher nehmt Ihr die Unverschämtheit, Euch zur Richterin über eine Dame zu erheben, die zu den edelsten und frömmsten dieses Landes zählt, Weib?«
»Lasst es gut sein, Jos!«, mischte sich der Herzog ein. »Die Person ist es nicht wert, dass Ihr Euch erzürnt! Ihr werdet Eure Herrin in die Kartause von Quimper begleiten, Frau. Die Nonnen dort nehmen sich der armen Geschöpfe an, denen Gott zur Strafe den Verstand genommen hat. Es gibt bedauerlicherweise genügend Frauen wie deine Herrin, so dass dort jede helfende Hand gebraucht wird. Du wirst dieses Kloster ebenso wenig wieder verlassen wie deine Herrin. Und was ihre Damen betrifft, so steht es ihnen frei zu wählen, ob sie euch begleiten wollen oder zu ihren Familien zurückkehren. Ich sehe davon ab, sie zu strafen. Für ihren Hochmut und ihre unchristliche Einstellung müssen sie sich selbst vor Gott verantworten.«
»Die Kartause der Narren ...« Dame Volberte schwankte unter dem vernichtenden Urteil und rang die Hände. Es kam einer Verbannung in die Hölle gleich.
»Aber sie ist die Herrin von Locronan«, wagte sie einen letzten Einwurf. »Ich könnte hier im Hause für die Ärmste sorgen und ...«
»Schweig!« Ihre Unverschämtheit kostete sogar den Herzog seine überlegene Ruhe. »Die rechtmäßige Dame von Locronan erholt sich eben von ihren Strapazen, und ich werde den Teufel tun, ihr in diesen Mauern den Anblick deiner wahnsinnigen Herrin zuzumuten!«, donnerte er. »Bringt sie fort und sorgt dafür, dass alles so gemacht
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