Z - Das Spiel der Zombies
bekräftigte sie. »Und ich glaube, du wirst das Richtige tun.« Sie ging zur Tür. »In fünf Minuten gibt’s Essen.«
Als sie weg war, lehnte sich Josh in seinem Sessel zurück. ›Das Richtige tun‹, dachte er. Er wusste ja, was sie für die richtige Entscheidung hielt. Aber was war für ihn das Richtige? Nachdem seine Mutter ihm von Tante Lucy erzählt hatte, machte er sich Vorwürfe, das Spiel jemals gespielt zu haben. Er verstand jetzt, warum seine Mutter es so schrecklich fand. Aber wie gesagt, es war nur ein Spiel. Es nicht zu spielen würde nichts ungeschehen machen.
Er fragte sich, ob das eine Art Trick war, ob seine Mutter ihn nur auf die Probe stellen wollte. Sie hatte gesagt, es sei seine Entscheidung, aber würde sie ihn dafür bestrafen, wenn er weiterspielen würde?
Ein Piepton unterbrach seinen Gedankengang. Josh sah zu seinem Schreibtisch. Das Licht an seinem Monitor blinkte, was auf eine Nachricht hinwies. ›Wahrscheinlich will Firecracker mir sagen, was für ein Loser ich bin‹, dachte Josh und klickte die Nachricht an.
Josh:
Super gespielt. Wir treffen uns morgen 16 Uhr im Yancy Square Park.
Charlie
›Charlie?‹, wunderte sich Josh. ›Was für ein Charlie?‹
Dann ging ihm ein Licht auf. Der Charlie. Charlie, der beste Spieler überhaupt. Charlie wollte sich mit ihm treffen? Woher kannte er Josh überhaupt? Josh las die Nachricht noch einmal, wurde aber nicht schlau daraus. Wieso sagte Charlie ›Super gespielt‹, wenn Josh es doch vergeigt hatte? Mal wieder!
»Das war echt ein krasser Tag«, sagte sich Josh und stand auf, um nach unten zu gehen. »Total krass.«
04
Der Junge mit der Totenkopfmaske sah von allen Fahrgästen am Bahnsteig noch am normalsten aus, fand Josh, als er am nächsten Tag an der Yancy Street aus der Hochbahn stieg. Zwei Mädchen, beide wie Babypuppen gekleidet, mit Zöpfen, rosa Schleifchen und Riesenlollis, wandten ihm ihre stark geschminkten Gesichter zu und lachten lauthals, als er an ihnen vorbeiging. Ein Weihnachtsmann hielt sich eine brennende Fackel an den Mund und blies eine Flammensäule, während die Menge jubelte und applaudierte. Als er ihnen jedoch seine pelzumrandete rote Mütze hinhielt, um Geld einzusammeln, schnappte ein kaum Fünfjähriger sie ihm aus der Hand und rannte damit die lange Treppe hinab. Laut schimpfend und fluchend jagte ihm der Weihnachtsmann hinterher.
›Willkommen im Hafenviertel‹, dachte Josh und ging die Treppe gegenüber hinab. Die Leute im Hafenviertel waren nicht wirklich gefährlich, nur echt abgefahren. Am Hafen wohnten die Leute auf der Straße – nicht nur Obdachlose und Penner, von denen es jede Menge gab, sondern Ausreißer, Aussätzige und Menschen, die sonst nirgends hinpassten. Josh kam sich hier immer vor wie zu Karneval oder Halloween. Er fragte sich, warum Charlie sich unbedingt hier mit ihm treffen wollte.
»Hey, Kumpel. Willste Stoff kaufen?«
Josh schüttelte den Kopf. Der Junge, der ihn angesprochen hatte, hatte eine bläuliche Gesichtsfarbe, wie alle PCP-Süchtigen. Seine Augen waren eine merkwürdige Mischung aus leuchtendem Blau und Lila, das auf hypnotische Weise um seine goldene Pupille kreiste. Er trug nur eine kurze weiße Lederhose und zwei weiße, gefiederte Flügel, die mit einem Gurt an seinem Rücken befestigt waren. Sobald Josh an ihm vorbeigegangen war, fragte der Junge schon den Nächsten: »Willste Stoff kaufen?«
Josh ging zur nächsten Straßenecke, wo der Eingang zum Yancy Square Park war. Auch hier drängten sich die Menschen. Manche saßen oder schliefen auf Parkbänken, andere standen in Grüppchen herum, rauchten und redeten laut. Josh ging durch den Park und suchte die Gesichter nach einer Ähnlichkeit mit Charlie ab. Nach einer Weile erreichte er einen großen Brunnen. In der Mitte stand ein Würfel aus gebürstetem Aluminium auf meterhohen Metallbeinen. Wasser floss aus den Löchern des Würfels und plätscherte in die tiefe Aluschale darunter. Auf dem Würfel stand die Statue eines Mannes.
Josh wusste genau, wer er war: Drax Jittring, der berühmteste Fackler aller Zeiten. Er hatte die Streitkräfte angeführt, die die Stadt von den Zombies gesäubert hatten. Er hatte immer tapfer an vorderster Front neben seinen Männern gekämpft und tausende Zombies abgefackelt, bis er schließlich bei einer der letzten Missionen, tief in der Kanalisation, selbst gebissen worden war. Er hatte seinen Kameraden befohlen, ihn abzufackeln.
Josh setzte sich auf den Rand des Beckens
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