Z - Das Spiel der Zombies
und sah auf die Uhr. Es war kurz nach vier. Die Schule war heute eine einzige Qual gewesen. Er hatte die ganze Zeit nur an sein Treffen mit Charlie gedacht, und war gleich nach dem letzten Klingeln hinausgestürmt.
»Wartest du auf wen?«
Josh blickte sich um und sah ein Mädchen vor sich. Ihre Züge waren asiatisch, ihre Augen so kohlrabenschwarz wie ihr Haar. Sie trug Jeans und ein weißes T-Shirt unter einer abgetragenen Lederjacke. Auf dem T-Shirt stand der Name der Band Mission of Burma . Ihre Füße steckten in schweren schwarzen Springerstiefeln mit dicken Absätzen, die sie gut zwölf Zentimeter größer machten.
»Ja, ich treffe mich mit jemandem«, erwiderte Josh.
»Soll ich dir mal ein Kunststück zeigen?«, fragte das Mädchen und hielt ihm einen Stapel Spielkarten hin. »Such dir eine aus.«
Josh sah die Karten an.
»Mach schon«, sagte das Mädchen. »Such dir eine aus. Wenn ich sie errate, krieg ich einen Dollar von dir. Und wenn nicht, kriegst du was von mir.«
Normalerweise hätte Josh vermutlich das Weite gesucht. Aber das Mädchen hatte irgendetwas, das ihn davon abhielt. Sie gefiel ihm, obwohl sie ihn sicher abzocken wollte.
»Also gut«, sagte er.
Er streckte die Hand aus und zog eine Karte aus dem Spiel. Er sah sie sich an und wunderte sich, denn es war keine normale Spielkarte, sondern eine Tarotkarte. Darauf war ein Steinturm abgebildet, in den der Blitz einschlug. Mehrere Menschen stürzten vom Turm. Es war ein beunruhigendes Bild, und Josh wollte ihr die Karte zurückgeben.
»Warte«, sagte das Mädchen. »Ich hab sie noch nicht erraten.«
Sie machte die Augen zu und zog die Augenbrauen hoch. Sie schnitt eine Reihe von Grimassen, bewegte den Mund und schien zunehmend frustrierter zu werden. Schließlich machte sie die Augen auf. »Das war echt schwer. Aber ich glaub, jetzt weiß ich’s. Du hast die Pentakel Acht.«
Josh schüttelte den Kopf. »Nö«, sagte er und hielt seine Karte hoch, um sie ihr zu zeigen.
»Der Turm«, seufzte das Mädchen kopfschüttelnd. »Der legt mich immer rein.« Dann hellte sich ihr Gesicht auf. »Aber das heißt, du hast gewonnen!«
Josh lächelte. »Also gut. Was hab ich gewonnen?«
»Wir wär’s, wenn ich dir sage, wo du deinen Freund findest?«
Josh lachte. »Du weißt doch gar nicht, wen ich suche.«
Das Mädchen sah ihn mit funkelnden Augen an. »Doch. Charlie.«
Das Grinsen verschwand aus Joshs Gesicht. »Woher weißt du das?«
»Ich weiß eine ganze Menge, Josh«, sagte das Mädchen.
»Woher …« Josh starrte sie einen Augenblick lang an, während sein Hirn eins und eins zusammenzählte. »Moment mal. Bist du etwa Charlie?«
»Hast was anderes erwartet, oder?«
Josh nickte. »Ja«, gab er zu. »Ich meine …«
»Ich weiß schon«, sagte Charlie. »Du hast bestimmt jemand Größeres erwartet. Los, komm mit, gehen wir irgendwohin, wo wir uns unterhalten können.«
Charlie führte ihn durch den Park. An der Statue von Drax Jittring kramte sie ein paar Münzen aus der Tasche ihrer Jeans und warf sie ins Wasser.
»Das bringt Glück«, erklärte sie Josh.
Sie verließen den Park, gingen eine Straße weiter und fanden dort eine kleine asiatische Nudelküche. Josh folgte Charlie hinein. In der Luft lag ein Stimmengewirr in einer fremden Sprache, die er nicht verstand. Charlie redete in eben dieser Sprache mit einer Frau, die auf einen der hinteren Tische des vollen Lokals zeigte.
»Ich hoffe, du magst Teigbällchen«, sagte Charlie, als sie sich an den Tisch gesetzt hatten. »Ich hab uns welche bestellt.«
»Klar«, sagte Josh achselzuckend. Er konnte nicht aufhören, sie anzustarren. »Ich krieg immer noch nicht in meinen Schädel, dass du ein Mädchen bist.«
Charlie verdrehte die Augen. »Krieg dich wieder ein«, meinte sie. »Diese ganze Mädchen-spielen-nicht-Nummer ist ja so 2010.«
Josh wurde rot. »Ja, ich weiß. Es ist nur etwas überraschend.«
Ein Kellner stellte eine kleine gusseiserne Teekanne und zwei Tässchen vor sie auf den Tisch und verschwand sofort wieder. Charlie schenkte den dampfenden Tee in die Tassen ein und reichte Josh eine. Er hielt die Tasse in beiden Händen und atmete den Orangengeruch ein.
»Es ist trotzdem einfacher, wenn man mich für einen Typen hält«, sagte Charlie. »Wir leben zwar im Jahr 2132, aber es stinkt den Typen immer noch, von einem Mädchen geschlagen zu werden. Außerdem bin ich gerne unsichtbar.«
»Warum?«, hakte Josh nach.
»Es ist einfach praktisch«, meinte Charlie. »Aber
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