Zaduks Schädel
ruhig.
»Und was?«
»Wahrscheinlich will er uns etwas demonstrieren, seine Macht zeigen. Gib acht!«
Was folgte, war abstoßend und faszinierend zugleich. Der in der Luft schwebende gewaltige Schädel zuckte, als würde er von Stromstößen geschüttelt. Es war nur der Anfang, denn gleichzeitig fegte die widerliche Luft aus dem Maul und traf das Ziel!
Es war nicht nur eine Seemöwe, die sie erwischte. Wegen ihrer Breite und des raffiniert angeschnittenen Schlags holte sie gleich drei Vögel auf einmal.
Sie ringelte sich um die Körper, die nicht mehr fliegen konnten. Die Möwen klebten an der Zunge, als hätte man sie dort angeleimt. Dann fuhr die Zunge wieder zurück in das Maul.
Beide Kiefer schlossen sich, bewegten sich weiter, während die anderen Möwen schreiend davonstoben.
Daß ich ein Knacken oder Schmatzen hörte, war wohl nur Einbildung, aber der Eiserne Engel sagte etwas sehr Treffendes: »Nicht nur mit Vögeln geht Zaduk so um.«
Mehr brauchte er nicht hinzuzufügen. Mir war klar, was er gemeint hatte. Noch immer schwebte der gewaltige Totenkopf vor uns. Dann schnellte sein Maul auf. Die Zähne glitten auseinander, so daß ich wieder die beiden langen Eckzähne erkennen konnte. War Zaduk früher einmal ein Vampir gewesen?
Die Zunge trat wieder in Aktion. Sie schleuderte Gefieder und Klumpen aus dem Maul. Der widerliche Kopf wollte die Reste der Möwen nicht mehr schlucken.
Ich kommentierte diesen Vorgang sarkastisch. »Das war die Vorspeise. Hoffentlich hat er bei seiner Hauptmahlzeit nicht an uns gedacht!«
»Dann werden wir sie ihm versalzen!« erwiderte der Engel. Jetzt endlich zog er sein breitklingiges Schwert. Seine Bewegung war dermaßen schnell, daß die Klinge wie ein Schatten durch die Luft glitt. Wollte Zaduk den Kampf?
Nein, er zog sich zurück. Ich hätte meine Beretta ruhig steckenlassen können, denn schnell wie ein Komet raste er in die Tiefe der Nacht und war verschwunden. Hatten wir einen Spuk erlebt? Einen bösen Traum? Nichts von dem, Zaduk war real gewesen. Er hatte sich uns gezeigt, damit wir ermessen konnten, was uns noch blühte.
Und er wußte auch sehr genau, wer seine Gegner waren. Wahrscheinlich hatte er uns schon auf der Insel von Ferne unter Kontrolle gehalten.
»Und jetzt möchte ich ganz gern nach Hause«, erklärte ich dem Eisernen, der seine mächtige Waffe wieder einsteckte.
»Ja, das ist versprochen. Halte dich fest!«
Mehr Worte fielen nicht. Der scharfe Windstoß schnitt in mein Gesicht, wühlte die Haare auf, stoppte nicht, und dann sah ich plötzlich London unter mir und auch die sich von Osten her allmählich heranschiebende Dämmerung, die aus den Tiefen eines anderen Landes zu steigen schien.
Durch das noch offenstehende Fenster gelangte ich in mein Wohnzimmer, bedankte mich bei dem Eisernen, der sich irgendwie seltsam benahm und suchend im Raum auf-und abging.
»Was ist los?«
»Du hast Besuch gehabt.«
Ich grinste. »Woher weißt du das?«
»John, das spüre ich. Es war kein normaler Besuch. Er hat etwas hinterlassen.«
»Dämonen?«
»Nein, auch nicht. Es war Myxin, ich merke es an der von ihm hinterlassenen Aura.«
Das überraschte mich. Ich sah keinen Grund, dem Engel nicht zu glauben und fragte: »Was kann er gewollt haben?«
»Keine Ahnung. Es muß aber mit Zaduk zusammenhängen. Einen anderen Grund kann ich mir nicht vorstellen.«
»Ja, er hat ihn gesehen.«
Der Eiserne nickte. »Ich werde mich zu den Flammenden Steinen begeben und ihn fragen.«
»Sagst du mir anschließend Bescheid?«
»Klar.«
»Dann werde ich mal Suko wecken. Der soll auch nicht so lange schlafen.«
Der Eiserne ging zum Fenster und verschwand wie ein Spuk in der Nacht. Ich aber begab mich in die Küche, weil ich Durst bekommen hatte. Als ich die Kühlschranktür aufzog und mein Blick über die dort stehenden Flaschen glitt, schüttelte ich den Kopf. Daß ich in dieser Nacht über dem Atlantik geflogen und einen Schädel gesehen hatte, konnte ich ebensowenig fassen wie den Besuch auf der einsamen Insel.
Es gelang eben meinen Gegnern immer noch, mich zu überraschen. Den Durst löschte am besten eine Flasche Bier, die ich öffnete und auf das Glas verzichtete.
Aus dem Wohnraum telefonierte ich mit Suko, der sich relativ verschlafen meldete.
»Aufstehen, frühstücken.«
»Wer spricht da überhaupt?«
»Alf, der Retter aller Weltraummonster.«
»Ach, hast du dich umtaufen lassen, Alter. Du tickst wohl schräg, mich um diese Zeit aus den Träumen zu
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