Zaduks Schädel
dann von Glenda.«
Unsere Sekretärin war ebenfalls nicht zum Essen gegangen. Sie saß da, hatte die Beine hochgelegt und löffelte Joghurt aus dem Becher.
»Fettarm«, sagte sie, bevor wir noch einen Kommentar abgegeben hatten.
»Wegen mir brauchst du das nicht«, grinste ich.
»Weiß ich.« Sie deutete auf eine Zeitung, die neben ihr lag, wohl ausgebreitet auf dem Teppichboden. »Wenn du in der Lage bist, dich zu bücken, John, heb sie mal auf.«
»Und dann?«
»Lies die vorletzte Seite, wo die zahlreichen Anzeigen abgedruckt sind. Wenn dir etwa auffällt, würde es mich freuen.«
»Du machst es aber spannend.«
»Lies selbst.«
Sie hatte auch Suko neugierig gemacht. Gemeinsam schauten wir die Seite mit den Anzeigen durch. Da war alles vertreten. Jemand bot preiswerte Abführpillen an, daneben sah ich einen mageren Jüngling mit Hängeschultern, der erst richtig in Form kam, wenn er gewisse Kraftpillen schluckte. Ein anderer suchte Brieffreunde in aller Welt; wieder ein anderer wollte allen erzählen, wie leicht es doch letztendlich ist, Millionär zu werden, ohne etwas dafür zu tun.
»Den Trick soll er mir mal verraten«, sagte Suko.
»Welchen?«
»Den mit dem Millionär.«
»Würdest du ihn verraten?« Suko grinste.
»Niemals.«
»Ich auch nicht.«
Wir lasen weiter und hörten Glenda zwischen zwei Löffeln Joghurt mosern. »Noch immer keinen Erfolg, ihr Schlaffies?«
»Nein.«
Sie verdrehte die Augen. »Unten rechts, wo einige Theater und Kinos auf ihre Programme hinweisen.«
Ich schaute gezielt hin, und es durchlief mich als kaltes Rieseln. Suko hatte die Anzeige im gleichen Augenblick bemerkt. »Das darf doch nicht wahr sein«, flüsterte er.
»Es ist wahr«, sagte ich mit kratziger Stimme und bemerkte, daß auch Glenda aufstand. Dann las ich vor. »Heute abend die Premiere eines neuen Theaterstücks. Titel: Zaduks Schädel…«
***
Die Zeitung rutschte mir zwar nicht aus der Hand, viel aber hatte nicht gefehlt.
Zischend ließ ich die Luft über die Lippen strömen und strich quer gegen mein Haar.
»Das ist es!« flüsterte ich.
Glenda tippte gegen den Rand der Zeitung. »Zufall?« fragte sie leise.
»Nie!« rief Suko. »Das kann kein Zufall sein. Denk daran, was Kara und Myxin in den Steinen gesehen haben. Drei Städte, eine davon war London. Verdammt, das ist die Spur.«
Ich las den Text noch einmal und schüttelte den Kopf. »Kann mir jemand sagen, wer…?«
»Ich habe schon angerufen«, unterbrach Glenda mich, »und herausgefunden, daß die Vorstellung nicht ausverkauft ist. Leider habe ich am heutigen Abend keine Zeit, aber ich bin sicher, daß ihr die beiden Karten nehmen werdet, die ich habe reservieren lassen.«
»Darauf kannst du dich verlassen!« flüsterte ich und sah gleichzeitig Sukos Nicken.
»Wo ist der Schuppen?« erkundigte sich mein Freund.
»Nicht weit entfernt, in Soho, in einem dieser neuen alten Theater, die umgebaut worden sind.«
»Okay. Wann beginnt die Vorstellung?«
Ich schaute nach den Anfangszeiten. »Du kannst nur einmal hin. Um einundzwanzig Uhr.«
Suko überlegte. »Ziemlich spät.«
»Da wird es auch kühler.«
»Und mittlerweile dunkler.«
»Das auch.«
Glenda hatte sich wieder hingesetzt. »Das Theater kenne ich«, sagte sie. »Es ist in einem ziemlich alten Gebäude untergebracht worden, in einer Fabrik.«
»Und weiter?«
»Mehr nicht. Ich wollte mal hin, bin nicht dazu gekommen. Aber ehrlich gesagt, von diesem Stück habe ich auch nie gehört. Das ist in keiner Kulturausgabe irgendwelcher Zeitungen besprochen worden.«
»Geht auch nicht, denn es läuft nur heute.«
Suko nickte. »Wenn das kein Beweis ist, fresse ich den Hut vom alten Tanner.«
»Laß mir die Krempe wenigstens übrig.« Ich faltete die Zeitung zusammen. »Ihr könnt sagen, was ihr wollt. Aber ich habe das Gefühl, als stünde uns ein heißer Abend bevor.«
»Meinst du das klimatisch?«
»Nicht nur, Suko, nicht nur…«
***
Die flaming stones Ein ruhiges, wunderschönes Gebiet, doch in der letzten Zeit mit einer Unruhe erfüllt, wie man sie selten erlebt hatte. Keine äußerliche, sie hielt sich mehr innerlich, und sie hatte die drei Personen umfaßt, die hier lebten.
Kara, Myxin und der Eiserne Engel! Die Nacht war verschwunden und hatte einer strahlenden Helligkeit Platz geschaffen, die ein heißer Sonnenball verbreitete.
Nur gut, daß das Areal von dicht bewaldeten Hängen umgeben war, die einen großen Teil der Strahlen abhielten und die Hitze nicht so
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