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Zähl nicht die Stunden

Titel: Zähl nicht die Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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stellte Jake fest und nahm sich vor, vorsichtiger zu sein. »Wir haben Zeit«, sagte er. »Was kann ich für Sie tun?«
    Der ältere Maclean blickte zu seinem Sohn, der ein Abbild
    aufgesetzter Gleichgültigkeit abgab. »Setz dich gerade hin, Herrgott noch mal«, knurrte Thomas Maclean , und der gut durchtrainierte Körper seines Sohnes nahm Haltung an , während sein Gesichtsausdruck weiterhin desinteressiert und gelangweilt wirkte. »Allem Anschein nach wurde mein Sohn gestern Abend in einen recht unglücklichen
    Zwischenfall verwickelt.«
    »Was für ein Zwischenfall?«
    »Mit einer jungen Frau.«
    »Sie ist ein Flittchen. Das weiß jeder«, höhnte Eddy, verdrehte seine hellbraunen Augen und strich sich träge durch sein schulterlanges
    braunes Haar.
    »Was für ein Zwischenfall?«, wiederholte Jake.
    »Offenbar wurde bei irgendwem eine Party gefeiert. Die Eltern waren
    im Urlaub. Mein Sohn trifft dieses Mädchen –«
    »Warum lassen Sie nicht Ihren Sohn erzählen , was passiert ist?« , unterbrach Jake.
    Thomas Maclean zog seine breiten kantigen Schultern zurück , kratzte sich seine lange Nase , setzte sich auf den blauen Stuhl , den Jake bereitgestellt hatte , und deutete mit einer Handbewegung an , dass die Bühne seinem Sohn gehörte.
    »Sie hat mich voll angemacht« , sagte Eddy Maclean sofort. »Sie ist eine total hässliche Schnalle , Mann. Ich hätte sie nie angerührt, wenn sie mich nicht angemacht hätte.«
    »Sie haben sie also angerührt« , sagte Jake und kannte den Rest der Geschichte schon.
    »Nicht so , wie sie behauptet. Ich hab nichts gemacht, was sie nicht wollte.«
    »Was genau haben Sie denn gemacht?«, fragte Jake.
    Eddy Maclean zuckte die Achseln. »Sie wissen schon.«
    »Offenbar«, unterbrach Maclean senior, »hatten sie Sex.«
    »Wie alt sind Sie, Eddy?«, fragte Jake.
    »Neunzehn.«
    »Und das Mädchen?«
    »Fünfzehn.«
    »Ihr Alter hat er erst hinterher erfahren«, stellte Thomas Maclean klar.
    »Das Mädchen wirkt offenbar sehr viel reifer.«
    »Hat dieses Mädchen auch einen Namen?« Jake verdrängte das Bild
    seiner nackten Tochter in einem Bett mit Eddy Maclean.
    »Sarah Soundso.«
    »Sarah Soundso« , wiederholte Jake und unterdrückte den Drang , den jungen Mann zu Boden zu ringen und ihn bewusstlos zu schlagen.
    Nannte der erste Liebhaber seiner Tochter sie auch so? Kim Soundso?
    »Eine hässliche Schnalle. Wir hätten sie nie angerührt, wenn sie nicht angefangen hätte.«
    »Wir?«
    »Offenbar waren noch zwei weitere Jungen in die Sache verwickelt«,
    sprang Thomas Maclean erneut ein.
    Jake ging zu seinem Schreibtisch und stützte sich mit beiden Händen
    ab. Die Tatsache , dass sie Kim mit diesem Jungen erwischt hatten , hatte ihnen zumindest den benötigten Hebel geliefert . Kim zum Besuch eines Therapeuten zu bewegen. Sie hatte viel zu verarbeiten und musste mit jemandem reden. »Ich denke , wir sollten am Anfang beginnen.«
    »Offenbar –« , setzte Maclean senior an.
    »In Eddys eigenen Worten«, unterbrach Jake. »Wenn Sie erlauben.«
    Thomas Maclean gab mit einem kurzen Nicken sein Einverständnis.
    Während Jake wartete, hörte er das Ticken der kleinen Uhr auf dem Schreibtisch hinter sich.
    »Wir sind zu dieser Party gegangen.«
    »Wer ist wir?«
    »Ich, Mike Hansen , Neil Pitcher.«
    »Und was ist auf dieser Party passiert?«
    »Nichts. Es war echt öde. Ein Haufen Teenybopper , die zu den Spice Girls rumhüpfen. Wir wollten eigentlich schon wieder gehen. Da kommt diese Schnalle auf uns zu und sagt , wir sollen noch nicht gehen , die Party würde gerade erst losgehen.«
    »Und dieses Mädchen war Sarah?« »Ja. Sie meinte, sie kennt mich vom
    Sehen und fände michecht süß. So’n Mist halt. Was soll ich denn da denken?«
    »Was haben Sie denn gedacht?«
    »Dasselbe , was jeder Typ gedacht hätte. Sie wissen schon – dass sie Interesse hat eben.«
    »Und was ist geschehen?«
    »Ich hab gesagt , wir bleiben , wenn sie dafür sorgt , dass wir auf unsere Kosten kommen. Sie sagt , klar. Wir gehen hoch in eins der
    Schlafzimmer.«
    »Und was dann?«
    Er lächelte. »Wir haben gebumst.«
    »Und wo waren Ihre Freunde Neu und Mike , während das passierte?«
    »Erst standen sie vor der Tür. Um aufzupassen – verstehen Sie?«
    »Um worauf aufzupassen?«
    Der Junge zuckte die Achseln. »Wir wollten nicht gestört werden.«
    Jake rieb sich die Stirn und versuchte, seinen aufkeimenden
    Kopfschmerz zu unterdrücken. »Sie haben gesagt ›erst‹. Ich nehme an, Neil und

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