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Zähl nicht die Stunden

Titel: Zähl nicht die Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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vorsichtig auf der Bettkante nieder , während Cynthia ihren üppigen Hintern auf den schmalen Sitz platzierte und ihre nasse Jacke auszog. »Madame Dorleac meinte , es gäbe hier niemanden namens Cynthia Broome.«
    Die andere Frau wirkte einen Moment lang überrascht. Sie nahm eine
    Hand voll Locken in die rechte Hand und schüttelte sie aus , sodass etliche Tropfen auf ihre Jeans fielen. »Oh , natürlich. Mein Pass« , sagte sie. »Er lautet immer noch auf den Namen meines Mannes. Das sollte
    ich wohl mal ändern. Schließlich bin ich schon vier Jahre geschieden.«
    Cynthia sah sich nervös um. »Wollten Sie mich wegen irgendwas
    Bestimmtem sprechen?«
    Mattie schüttelte den Kopf. »Nein , eigentlich nicht. Ich war bloß neugierig, was aus Ihnen geworden ist. Seit jenem Vormittag im Hof
    habe ich Sie nicht mehr gesehen.«
    »Als Sie nach Ihrem Mann gesucht haben.«
    »Ich habe ihn gefunden.«
    Cynthia blickte zum Badezimmer. »Wo haben Sie ihn denn
    versteckt?« Mattie lachte. »Er ist zum Centre George Pompidou
    gefahren. Ich war ein wenig müde , deshalb bin ich nach oben gegangen und habe mich hingelegt.«
    »Und ich habe Sie aufgeweckt?« Besorgnis legte sich über Cynthias
    Miene wie ein dunkler Schatten.
    »Das macht nichts«, versicherte Mattie ihr. »Wirklich , mir geht es gut.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ich habe sowieso schlecht geträumt. Sie haben mich gerettet.«
    Cynthia lächelte , obwohl die Sorge nicht mehr aus ihrem runden Gesicht verschwand. »Was haben Sie denn geträumt?«
    »Ach, bloß einen dieser dummen Träume, in denen man vergeblich
    versucht, irgendwo anzukommen.«
    »Oh, die hasse ich«, stimmte Cynthia ihr zu. »Sie sind so frustrierend.«
    »Kann ich Ihnen irgendwas anbieten? Kekse, Wasser, Pralinen?«
    »Nein, nichts. Was für Pralinen?«, fragte sie beinahe im selben
    Atemzug.
    »Klebrige Dinger mit dickflüssiger Creme-Füllung. Absolut sündhaft.«
    Mattie streckte den Arm nach der offenen Schachtel mit Trüffelpralines aus, die auf dem winzigen Tisch neben ihrem Kopfkissen stand. Doch
    die Schachtel kam ihr mit einem Mal bleischwer vor und glitt ihr aus der Hand, sodass sich ihr Inhalt auf den Fußboden ergoss. »O nein.«
    »Das macht nichts. Ich hebe sie auf«, bot Cynthia eilig an und
    sammelte die Pralinen mit flinken Fingern ein. Sekunden später ruhten sie wieder sicher in ihren braunen Papierrosetten. »Sehen Sie. Nichts passiert.«
    »Es tut mir schrecklich Leid.«
    Cynthia griff in die Schachtel, wählte die größte Praline aus und schob sie in den Mund. »Hm, lecker. Champagner-Füllung. Meine Lieblings-Pralines.« »Auch wenn sie staubbedeckt sind?«
    »Ja , aber mit französischem Staub – nicht zu vergessen. Das macht einen Riesenunterschied.«
    Mattie lachte erneut und dachte, dass sie Cynthia Broome mochte. Sie fragte sich, welcher Mann dumm genug gewesen war, sie gehen zu
    lassen.
    »Wo haben Sie die gekauft?«
    »Ich weiß nicht. Jake hat sie in irgendeinem kleinen Laden im Rive Gauche gekauft.«
    »Wie lange sind Sie schon verheiratet?«, fragte Cynthia, während sie den übrigen Inhalt der Schachtel begutachtete.
    »Sechzehn Jahre.«
    »Wow. Da müssen Sie ja eine Kind-Braut gewesen sein.«
    »Eigentlich eher eine Braut mit Kind«, präzisierte Mattie und war
    überrascht, dass sie einer praktisch Fremden eine derart persönliche Information anvertraute.
    »Aber Sie sind sechzehn Jahre später immer noch zusammen«, sagte
    Cynthia mit einem milde neidischen Unterton. »Sie mussten vielleicht heiraten, aber Sie mussten nicht zusammenbleiben.«
    Mattie nickte. »Das stimmt wahrscheinlich.« Sie lachte. Doch das
    Lachen blieb ihr im Hals stecken und klebte an ihren Stimmbändern wie eine zähe Praline, sodass keine Luft von außen eindringen konnte. Die Pralinenschachtel fiel erneut zu Boden, als Mattie aufsprang und hektisch mit den Händen vor ihrem Gesicht wedelte.
    »Mein Gott, was kann ich tun?«, fragte Cynthia, die ebenfalls sofort aufgesprungen war und hilflos mit den Armen ruderte.
    Mattie schüttelte den Kopf. Niemand konnte irgendetwas tun, wusste
    sie und versuchte, sich zu beruhigen. Sie erstickte nicht wirklich, begann sie sich ihr vertrautes Mantra vorzubeten. Ihre Brustmuskeln wurden nur schwächer, was dazu führte, dass ihr Atem flacher wurde, was ihr das Gefühl gab, keine Luft zu bekommen , während sie in Wirklichkeit wunderbar atmete. Bleib ruhig. Bleib ruhig.
    Aber wie konnte sie ruhig bleiben , wenn sie an dem bisschen Luft würgte , das

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