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Zähl nicht die Stunden

Titel: Zähl nicht die Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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Schloss.«
    Lisa schien erschrocken, versuchte es zu verbergen, indem sie hinter vorgehaltener Hand hüstelte. »Hast du Beschwerden beim Schlucken?«
    »Nein.«
    »Du verschweigst mir doch nichts?«
    »Was sollte ich verschweigen?«, entgegnete Mattie. »Du weißt doch,
    dass ich dir immer alles sage.« Sie schwieg einen Moment und strich über die Stirn. Sie hatte Lisa von Jakes letzter Affäre erzählt. »Meinst du, das könnte von der seelischen Belastung kommen?«
    »Möglich.« Lisa neigte sich zu Mattie, umfasste ihre Hände und
    bemühte sich zu lächeln. »Warten wir ab, bis wir die Ergebnisse der
    heutigen Untersuchung haben.«
    »Und dann?«
    Lisa straffte die Schultern und gab sich wieder ganz professionell. »Dann sehen wir weiter. Immer schön eins nach dem anderen , hm?« Aber das Lächeln in ihren Augen war erloschen.
    7

    Zwei Tage später holte Jake Mattie vom Krankenhaus ab. Sie wirkte
    ungewohnt zart in den Jeans und dem Sweatshirt, die er ihr auf ihre Bitte von zu Hause mitgebracht hatte – so schmal , so verwundet , so vorsichtig in ihren Bewegungen, dass er fürchtete, sie würde zusammenbrechen,
    bevor er sie zum Wagen bringen konnte. Er wurde sich bewusst, dass er sie so nicht sehen wollte. Nicht weil er ihren Schmerz mitfühlte – ein Teil von ihm war immer noch so wütend auf sie, dass er ihr den Schmerz gönnte –, sondern weil solche Zerbrechlichkeit eine Form von
    Abhängigkeit war und er Mattie nicht abhängig wissen wollte. Er wollte diese Belastung nicht. Jetzt nicht mehr.
    Erschrocken über seinen Egoismus , wartete er , indes der Pfleger ihr aus dem Rollstuhl half , in dem sie den Vorschriften des Krankenhauses gemäß ins Foyer gefahren worden war. Mattie lächelte, ein zaghaftes Angebot, das nur ihr offenkundiges Unbehagen unterstrich, und kam
    langsam, mit schleppendem Schritt auf ihn zu. Schon verblassende
    violette Flecken lagen auf ihren Wangen , und die Augen waren gelblich umschattet. Jake wusste, dass er ihr hätte helfen, Worte der Ermutigung hätte sprechen sollen, aber er brachte nicht mehr zu Stande als ein trübes Lächeln und eine schnoddrige Bemerkung darüber, dass sie ziemlich
    hübsch aussehe für eine Frau, der man das Auto unterm Hintern
    zusammen geschoben hatte wie ein Akkordeon.
    Er nahm pflichtschuldig ihren Arm und glich seinen Schritt dem ihren an, als er sie zum Hauptportal des Krankenhauses führte. Sofort hob
    Mattie eine zitternde Hand zur Stirn, um ihre Augen vor dem grellen Licht der Mittagssonne abzuschirmen.
    »Warte hier« , sagte Jake , als sie draußen an der Treppe standen. »Ich hole den Wagen.«
    »Ich kann doch mitkommen« , sagte sie mit müder Stimme.
    »Nein. So geht es schneller. Ich bin in einer Sekunde wieder da. Das Auto steht gleich dort drüben.« Er machte eine unbestimmte Geste zum Parkplatz hin. »Also, ich bin gleich zurück.«
    Mit gesenktem Kopf schritt er rasch durch die kühle Herbstbrise auf
    den Parkplatz und stieg, das Geld zum Bezahlen des Parkwächters schon in der Hand, in seinen dunkelgrünen BMW. Als er höchstens zwei
    Minuten später am Krankenhaus vorfuhr, war Mattie schon die Treppe
    heruntergekommen und erwartete ihn am Straßenrand. Sie war
    offensichtlich entschlossen , ihre Selbstständigkeit zu behaupten und ihn wissen zu lassen , dass sie sehr gut allein zurechtkam. Wunderbar, dachte er. Genau das wollen wir doch.
    Wie kam es nur, dass ein Killer wie dieser Douglas Bryant tiefes
    Mitgefühl in ihm wecken konnte und der Schmerz seiner Frau ihn völlig kalt ließ? War er denn nicht fähig, seinen Zorn über ihr groteskes
    Verhalten zu vergessen und wenigstens ein Mindestmaß an echter Sorge um ihr Wohlbefinden aufzubringen? Sie war doch über das, was da
    geschehen war, offensichtlich genauso verwirrt wie er. Das war zu
    spüren, auch wenn sie bisher nicht miteinander darüber gesprochen
    hatten. Aber wozu auch jetzt noch darüber reden? Es war vorbei.
    Genau wie am Ende dieses Tages ihre Ehe vorbei sein würde.
    Er hatte bereits den größten Teil seiner Kleider zu Honey gebracht und seine Toilettensachen im unteren Badezimmer deponiert. Kim war
    noch bei Matties Mutter. Wenn sie morgen nach Hause kam, würde er
    praktisch schon weg sein. Natürlich würde er mit seinem endgültigen Auszug noch ein paar Tage warten, bis Mattie sich ein wenig erholt hatte und bis er sich mit gutem Gewissen darauf verlassen konnte, dass sie seine Hilfe nicht brauchte. Mit Kim würde er später sprechen,
    versuchen , ihr

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