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Zähl nicht die Stunden

Titel: Zähl nicht die Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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geheim zu halten, und dass sie verzweifelt darum kämpfte , innerhalb ihres Kreises nicht ins gesellschaftliche Abseits geschoben zu werden.
    Die Staatsanwältin würde darlegen, wie sie ihren Mann am 31.
    Dezember abends vor etwas mehr als einem Jahr unter einem Vorwand
    in sein früheres Zuhause gelockt und angefleht hatte, wieder zu ihr zurückzukehren. Es war zum Streit gekommen. Er hatte gehen wollen.
    Da hatte sie von hinten sechs Mal auf ihn geschossen. Seine Freundin, die draußen im Wagen wartete, hatte die Schüsse gehört und die Polizei angerufen. Nora Butler hatte sich von den herbeigeeilten Beamten
    widerstandslos festnehmen lassen.
    Ein ganz klarer Fall, behauptete die Polizei. Schuldig im Sinne der Anklage, meinten die Zeitungen. Nicht so schnell, sagte Jake Hart und übernahm die Verteidigung.
    Die Staatsanwältin Eileen Rogers, eine aggressive und attraktive
    Brünette im dunkelblauen Schneiderkostüm, stand vor der
    Geschworenenbank und bat den Zeugen um Auskunft über sein
    Vermögen und seine gesellschaftliche Stellung , geleitete ihn flott und routiniert durch die Jahre seiner Ehe , ließ ihn insbesondere die erbitterten Auseinandersetzungen beschreiben, die Trunksucht seiner
    Frau, seine eigene Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit bis zu dem Tag, an dem er um die Scheidung gebeten hatte.
    An dieser Stelle legte Eileen Rogers eine kurze Pause ein, holte tief Luft und senkte ihre Stimme zu theatralischem Flüstern: »Mr. Butler, bitte berichten Sie uns, was am Abend des 31. Dezember 1997 geschah.«
    Jake drehte sich auf seinem Stuhl herum und ließ seinen Blick rasch
    über die Zuschauerreihen fliegen, bis er gefunden hatte, was er suchte.
    Anders als die übrigen Zuschauer hockte Kim tief zusammengesunken
    auf ihrem Platz in der Mitte der vierten Reihe. Sie wirkte müde und uninteressiert. Auch wer sie nicht kannte, konnte ihrer Haltung sofort entnehmen, dass sie viel lieber woanders gewesen wäre. Ihr
    dunkelblondes Haar war hoch oben am Hinterkopf zu einem festen
    kleinen Knoten zusammengezurrt , und genauso fest zusammengezurrt war der Mund mit dem hübsch geschwungenen Amorbogen,
    unmissverständlicher Ausdruck ihres Unmuts. Sie schien mit leerem
    Blick vor sich hin zu starren , aber Jake wusste, dass sie seiner Aufmerksamkeit gewahr war. Pass auf, Kim, hätte er am liebsten
    gerufen. Du wirst das, was ich tue, vielleicht sogar interessant finden. Du wirst vielleicht etwas über deinen Vater erfahren.
    Aber sie interessierte sich natürlich nicht im Entferntesten für ihn, das hatte Jake inzwischen begriffen. Sie hatte es ihm in den drei Monaten seit seiner Rückkehr gründlich klar gemacht. Sie pflegte nur mit ihm zu
    sprechen, wenn er das Wort direkt an sie richtete, sah ihn nur an, wenn er ihr in den Weg trat, nahm von seiner Existenz mit Blicken Notiz, die sagten, sie wünschte, er sei tot. So fürsorglich sie sich um ihre Mutter kümmerte, so abfällig behandelte sie ihn, gerade als bedingte die eine Haltung die andere. Ganz klar , wenn Jake hoffte, eine Beziehung zu seiner Tochter aufbauen zu können, hatte er ein Stück harte Arbeit vor sich. Darum hatte er den so genannten Berufserfahrungstag an Kims
    Schule genutzt, um seiner Tochter anzubieten, mit ihm zu Gericht zu kommen.
    »Ich glaube, es würde dich interessieren«, hatte er gesagt. »Es ist ein Aufsehen erregender Fall mit viel Dramatik. Ich lade dich zum Lunch ein. Wir machen uns einen schönen Tag.«
    »Kein Interesse«, kam es prompt.
    »Sei um acht Uhr fertig«, sagte er trotzdem und hörte noch jetzt Kims übertrieben genervtes Stöhnen.
    Aber irgendetwas in seinem Ton musste sie davon überzeugt haben,
    dass sie sich in diesem Fall besser fügte, oder vielleicht hatte auch Mattie sie davon überzeugt. Wie auch immer, um Punkt acht Uhr stand Kim
    fertig angezogen , wenn auch in ausgebeulten Jeans und einem uralten Sweatshirt, zur Abfahrt bereit. Auf der Fahrt zum Gerichtsgebäude
    mimte sie tiefen Schlaf, was Jake ganz recht war, da es ihm Gelegenheit gab, noch einmal die Strategie für das bevorstehende Kreuzverhör
    durchzugehen.
    »Hier sind wir.« Er tippte Kim leicht an, als er den Wagen in die
    Parkgarage hinunterfuhr , die zum Gericht gehörte. Sie zog ihren Arm so heftig weg , dass er einen Moment lang glaubte, sein eigener Arm würde ihm aus dem Körper gerissen. Gib mir doch eine Chance, Kim, hätte er am liebsten gerufen, als sie, ohne auf ihn zu warten, zielstrebig zu den Aufzügen marschierte.
    »Kim«, begann

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