Zähme mich!: Erotischer Roman (German Edition)
in der Luft zu schweben, bis sie die Luft ausstieß. Sie legte den Kopf in den Nacken und sah ihn an. Ihre Augen waren klar und wirkten allwissend. Sie wusste, dass er die Lügen gehört hatte, dass er nichts deswegen sagen konnte, dass er es so akzeptieren musste, dass das eine Sache war, bei der er nichts ausrichten konnte.
»Freut mich, dass alles in Ordnung ist.« Er wusste, dass dem nicht so war. Er konnte den Verlust nachempfinden, den der Tod mit sich brachte, das absolute und totale Ende von allem. Man hatte keine Chance mehr, Fehler zu korrigieren oder ein letztes Mal »Ich liebe dich« zu sagen. Stattdessen litt er, weil es ihm nicht möglich war, ihren Schmerz zu lindern. Ihm blieb nichts weiter übrig, als hier zu sitzen und sie in den Arm zu nehmen. Und ihr zuzuhören, falls sie etwas sagen wollte.
»Vielleicht kann ich endlich normal werden«, flüsterte sie, »jetzt, wo er weg ist.«
Er streichelte ihre Wange. Auch wenn es stimmte, wollten die Menschen im Allgemeinen nicht hören, dass die Zeit alle Wunden heilte. Stattdessen sagte er: »Vergiss nicht, dass wir ›normal‹ nicht brauchen können.«
Sie biss sich auf die Unterlippe, erwiderte dann aber nur: »Stimmt.«
In der darauffolgenden Stille küsste er sie auf die Schläfe.
»Es wird Zeit zu gehen«, meinte sie nach einigen Minuten.
Es gab noch eine Sache, die er brauchte, bevor er sie gehen lassen konnte. Er legte ihr die Hand auf die Wange und zwang sie, ihm in die Augen zu sehen. »Was wir da getan haben, war verdammt heiß. Sag mir, dass es dir gefallen hat.«
Er bat sie nicht darum, ihn zu loben. Er wollte einfach nur wissen, ob er sie richtig eingeschätzt hatte, dass sie es hart und wütend gewollt hatte und er durch ihre Geschichte über den Sklavenraum dazu angestachelt werden sollte. Wenn er genau wusste, wie er ihre Stimmung erkennen konnte, wäre er in der Lage, ihr dieses Erlebnis jedes Mal zu bieten.
Ihre Augen waren von einem trüben Blau und sahen aus wie ein wolkenverhangener Himmel. »Du hast es geschafft, dass ich nicht mehr denken musste«, antwortete sie, und zumindest das war nicht gelogen.
»Ist es das, was du von mir willst?« War ihm das genug, ihr die überwältigendsten Höhepunkte zu verschaffen, damit sie aufhören konnte zu denken?
»Ja«, erwiderte sie.
Er spürte, dass es ihr ernst war. Ja, vorerst reichte ihm das aus, in diesem Moment. Das, was er noch von ihr wollte, konnte später kommen, wenn sie den Verlust verarbeitet hatte, ihre Trauer, und ihr Leben und das ihrer Mutter wieder weiterging.
Sie kletterte von seinem Schoß, stand auf und wickelte sich das Handtuch eng um den Körper. »Das ist mehr, als mir jeder andere je gegeben hat. Es ist mehr, als ich je genommen habe.«
Diese Information war ihm sehr wichtig, und er genoss es, dass sie ihm freiwillig gegeben worden war.
»Ich muss jetzt gehen«, wiederholte sie. Sie musste zu ihrer Mutter zurück.
»Kommst du klar?«
»Ja.«
Er hatte nichts anderes von ihr erwartet. Nachdem er ebenfalls aufgestanden war, legte er ihr eine Hand an den Hals und strich ihr mit dem Daumen über die glatte Haut. »Ich bin hier. Du kannst jederzeit anrufen.«
»Das weiß ich.«
Das war eine Konstante, dass sie ihn immer wieder anrufen würde. Sie brauchte ihn.
Erst als er am Fenster stand und zusah, wie ihr Wagen um die Ecke bog, hörte er im Kopf noch einmal ihre Worte. »Vielleicht kann ich endlich normal werden, jetzt, wo er weg ist.« Nicht »Kann ich wieder normal werden« oder sogar »Wird alles wieder normal«. Sie hatte nicht gesagt, dass es mal eine Zeit gegeben hatte, in der sie sich normal vorgekommen war.
Darüber wollte er nicht nachdenken. Er hatte die Schatten über ihrer Vergangenheit natürlich immer gespürt. Er hatte gespürt, dass sie einige üble Beziehungen hinter sich hatte, nicht nur mit Derek, sondern auch schon früher. Schlimme Beziehungen hatten sie geprägt. Aber ging das alles noch tiefer? Ihr Drang nach Bestrafung, dass sie sie verdiente , dass sie beschimpft werden wollte. Dann war da diese Anekdote über ihre Fahrstunde. Und zu guter Letzt ihre Reaktion auf den Tod ihres Vaters, dass sie hierhergekommen war, um sich bestrafen zu lassen, dass sie das gebraucht hatte. Das war schon extrem, es war definitiv nicht normal. Sie war nicht normal.
Großer Gott, nein! Diese Ahnung konnte nicht stimmen. Nein, er musste sich irren. Ihr Vater konnte ihr doch nichts angetan haben. Luke konnte sich nicht vorstellen, dass ein Vater mit
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