Zaehme mich
lächelte sie an und küsste wieder ihren Ringfinger.
»Dafür gibt es kein Wort, Sarah. Er ist wie wir, wie das, was zwischen uns ist. Schön und stark und namenlos.«
Fast hätte Sarah die sechs Gläser Mosel, die sie getrunken hatte, wieder von sich gegeben. Manchmal konnte ihr Jamies kitschiges Gefasel ganz schön an die Nieren gehen.
Doch obwohl ihr schlecht war von seiner Rührseligkeit, verkniff sie sich jede sarkastische oder gemeine Bemerkung, denn seine Augen machten sie traurig.
»Komm her,« Sie nahm ihn um die Taille und zog ihn an sich. »Hab ich dir eigentlich schon gesagt, wie gut du in dem Anzug aussiehst?« Sie küsste ihn über dem Kragen auf den Hals.
»Nein, Sarah, ich muss wieder raus …«
»Gleich.« Sarah öffnete seinen Hosenschlitz. »Ich will dich.«
»Wie kannst du nur so verdammt unsensibel sein? Das geht doch nicht … oh, Sarah, hör auf.«
»Schsch.« Sie nahm seinen bereits steifen Schwanz heraus und bearbeitete ihn mit den Händen, während er sie auf den Hals küsste und ihren Rock hochzog. Durch die Tür hörte sie »Only You«, das Geräusch von Stöckelschuhen auf Steinplatten und das weiße Rauschen von zwanzig Gesprächen zwischen vierzig Leuten.
»Sarah, das ist wirklich gemein von uns«, flüsterte ihr Jamie ins Ohr. Gleichzeitig schob er ihren Slip beiseite und drang in sie ein. Sie stürzte nach hinten auf eine Box mit Klopapierrollen, und einen Augenblick lang war er von ihr getrennt. Dann kam er wieder zu ihr, und so vögelten sie, beide vollständig angekleidet, beide mit schlichten Goldringen am Finger, beide die Zähne in die Unterlippe vergraben, um nicht laut aufzustöhnen. Draußen im Saal setzte ein schnelles Stück ein, und der Lärm steigerte sich, als Pfennigabsätze und edles Lederschuhwerk über die Tanzfläche klapperten und mehrere bierselige Männer mitgrölten.
In der Vorratskammer stank es nach Bleichmittel. Sarahs Blick – der nach dem vielen Wein ohnehin schon nicht mehr ganz klar war – begann sich zu trüben. Doch als sie die Augen schloss, hatte sie das Gefühl, haltlos in die Tiefe zu stürzen, und so schlug sie sie schnell wieder auf. Jamies Gesicht war rot. Von seinen Schläfen tropfte der Schweiß auf ihr Kleid. Er lächelte, nein, eigentlich machte er eine Grimasse und berührte ihr Gesicht mit seiner heißen, feuchten Hand. Sie spürte seinen kalten Ring an ihrer Wange und biss sich in die Lippe, fest, ganz fest, um ihre Lust nicht laut hinauszuschreien, als sie der Orgasmus durchzuckte.
Er ging als Erster zurück, nachdem sie ihn nach Lippenstift, nassen Flecken oder anderen verräterischen Spuren abgesucht hatte. Sie hockte auf der Box und leckte sich das Blut von der Innenseite ihrer Lippe. So erschüttert war sie schon lang nicht mehr gewesen. Und nach einem Zusammensein mit Jamie bestimmt noch nie. Ein ungewohntes Gefühl, etwas Wahres, Leuchtendes und Tiefes, hatte sie gepackt. Es war zwar keine Liebe, aber es kam ihr schon verdammt nahe. Etwas, was fast wie Liebe aussah, wenn es dunkel genug war und man mit zusammengekniffenen Augen einen Seitenblick darauf warf. Sie spürte es und wusste, dass sie ganz tief in der Scheiße saß.
Zum Vergnügen zu vögeln war ein gefährliches Spiel.
Vor allem für Frauen, deren Körper so konstruiert war, dass sie unwillkürlich nach einer festen Beziehung strebten.
Sarah wusste genau, wie dieser Trick der Evolution funktionierte: der Ausstoß von Adrenalin und Testosteron, der das Verlangen weckte; die sanfte Dopamindröhnung, die genauso zuverlässig einsetzte wie nach jeder Zigarette; und dann all das wunderbare Serotonin. Und während dieses sagenhafte natürliche Hochgefühl noch anhielt, übernahm der drei Milliarden alte Instinkt das Ruder, und sie wurde zu einer grapschenden, saugenden Paarungsmaschine. Die köstlichen Spasmen beim Orgasmus dienten nur dazu, dass sich ihr Muttermund zusammenzog und das Sperma schluckte wie ein Staubsauger.
Und in den seligen Momenten nach den Wellen der Erschütterung strömte das Oxytocin ein und vergiftete ihr Blut mit der gleichen Chemikalie, die die Bindung zwischen Müttern und ihren Kindern verursachte. Je öfter die Begegnung, desto intensiver die Bindung. Es war eine biologische List, die das Überleben der Gattung sicherte, und bei Sarah hatte sie großartig funktioniert. Das war es, was sie für Jamie empfand. Keine Liebe, sondern nur eine chemische Abhängigkeit, die nach Monaten des unbekümmerten Genusses entstanden war. Sie schwor
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