Zähmung der Wildkatze
würde glatt behaupten, an dir ist ein Mädchen verloren gegangen
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9
Die Party war nicht öffentlich, wie Marie und Erica zuvor vermutet hatten. Eine Finte lockte die Pressemeute in einen völlig anderen Stadtteil, während die Veranstalter die exklusive Gästeschar per Textnachrichten auf den Handys über den richtigen Standort informierte. Simon ließ sogar seine Ehefrau im Dunkeln. Im Wagen blieb die Fragerunde unergiebig für die beiden dem Partymotto entsprechend gekleideten Frauen. Die Fahrt führte aus der Stadt hinaus. Irgendwann verlor Marie die Orientierung. Auf dem Gelände eines Privatflugplatzes standen die teuersten Karossen, aufgereiht wie eine Perlenkette aus glänzendem Metall in allen Farben. Männer in auffällig offenherzigen Zuhälterklamotten oder im Rapperstyle begleiteten Frauen in sexy und kurzen Outfits über die Piste zu den bereitstehenden Chartermaschinen.
„Oh, Himmel, das ist nicht dein Ernst, oder?“ Marie starrte Simon an und erntete ein Zwinkern.
Er hielt ihr den linken Arm hin, seiner Frau den rechten.
„Hey, warte. Ich bin nicht so der Vielflieger. Was, wenn diese Rumpelkiste abstürzt?“
Ein mulmiges Gefühl im Magen erinnerte sie nur zu gut an den letzten Heimflug von einer Weiterbildung in Texas. Kaum hatte sie einen Fuß auf den heimischen Boden Miamis gesetzt, war ihr buchstäblich zum dritten Mal das Frühstück aus dem Gesicht gefallen.
Simon zog ihren eingehakten Arm enger an sich, was wohl beruhigend wirken sollte. „Keine Sorge, der Pilot ist ein Freund und wird uns wohlbehütet hinbringen.“
Nicht nur das Flugzeug hob ab, auch Maries Magen. Sie klammerte sich mit geschlossenen Augen an den Lehnen des bequemen Sesselsitzes fest. Nach einer Weile entspannte sie sich ein wenig, blieb aber stoisch sitzen und behielt den Sicherheitsgurt um. Kurz nach dem Start ging Simon zum Piloten und sprach mit ihm, während Erica beruhigend auf Marie einredete. Sie antwortete kaum, war nur froh, wenn sie endlich wieder Boden unter Füßen haben würde. Solange würde sie sich keinen Millimeter aus dem Sitz wagen. Die Landung war grausam und kaum öffnete sich die Tür, sprang Marie auf und rannte die Treppe hinunter. Erleichtert, wieder festen Grund zu betreten, wäre sie fast auf die Knie gefallen. Sie widerstand dem Impuls, den Boden papstmäßig küssen zu wollen, allerdings sorgte ihr hastiger Ausstieg bei den restlichen Fluggästen für allgemeine Erheiterung.
Alles, wonach sich ihr Herz sehnte, konnte man in ein großes Longdrinkglas schütten, mit Eiswürfeln und jeder Menge Alkoholgehalt inklusive. Shuttlebusse brachten die Gäste zum Ziel, einem riesigen Tanztempelmitten auf einer Art Inselgelände. Unzählige Gäste feierten und tanzten bereits nach den hämmernden Beats. Das Gebäude schien nur aus Glas zu bestehen und war um eine Art Atrium gebaut, in dem mittig ein riesiger Pool mit runder Bar und Liegewiesen zu sehen waren. Brennende Fackeln und Kohlebecken spendeten Wärme, die noch nicht nötig war. Die Luft gab noch die Hitze des Sonnentages ab.
Mädchen in weißen Dessous trugen Tabletts mit Getränken und Erdbeeren durch die feiernde Menge und an ihren Strumpfbändern flatterten bereits einige Geldscheine. Mitten auf der Tanzfläche entblößte sich eine Tänzerin in einer Art Käfig, der von der Deckenkonstruktion schaukelte. Marie war so erstaunt über den Anblick, dass sie kaum die Gesichter wahrnahm und auch nicht bemerkte, dass sie längst nicht mehr nur zu dritt waren. Es war kaum möglich, sich nicht brüllend im Inneren der Glaskuppel zu unterhalten. Erica und sie besaßen schon von Kindheit an eine eigene Zeichensprache. Die Freundin verstand sofort und zog sie auf die Tanzfläche. Die Musik riss sie mit sich. Nach drei Stücken kehrten sie zu Simon zurück, um Atem zu holen. Er erwartete sie mit Sektgläsern, die direkt auf Ex geleert waren, und sorgte für Nachschub. Plötzlich tauchte hinter Marie ein Mann auf, tippte ihr auf die Schulter. Als sie sich umdrehte, wäre sie am liebsten geflüchtet.
„Jamie!“
Er las seinen Namen von ihren Lippen ab und nickte. Marie biss sich auf die Unterlippe, um nicht zu fluchen. Bei all den Menschen hier … wie war das nur möglich? Und warum hatte sie es völlig verdrängt, dass auch er hier sein würde? Verdammt! Jamies Blick wanderte an ihrem Körper entlang. Er deutete einen bewundernden Pfiff an. Ein enger Neckholder bedeckte ihre Brüste und endete über ihrem Bauchnabel. Der dazugehörige kurze
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