Zähmung der Wildkatze
denen sie ihn dafür verfluchte, denn insbesondere zu Beginn ihrer SM-Verabredungen hätte sie alles dafür gegeben, ihn für sich zu gewinnen. Doch im Laufe der Monate gab sie das Unterfangen auf und genoss die Zweisamkeit der Spiele. Delia ließ sich mit dem Rücken gegen seine Brust sinken und schloss die Augen. Sie genoss diese zärtlichen Momente ebenso intensiv wie seine Grausamkeiten.
„Bist du eifersüchtig?“ Sein Atem strich durch ihr Haar.
„Ein bisschen vielleicht …“ Sie drehte sich in seinen Armen um und erwiderte fest seinen Blick.
Er ahnte, welche Frage folgen würde und schüttelte langsam den Kopf. „Es ist vorbei, Delia. Sie hat sich einen anderen gesucht.“
Die blonde Masochistin atmete erleichtert aus, sichtlich froh, dass alles so bleiben würde, und lächelte wieder. Hoffnung blitzte in ihren Augen auf und ihr Gesicht wurde weich, entzückend sanft. Als sie ihre Hände hob, versteifte sich sein Körper und er schob sie von sich.
„Wir … die Nacht ist noch jung und ich könnte mir gut vorstellen, dass wir beide …“ Plötzlich wurde sie ganz schüchtern, eine Seite an ihr, die er schon lange nicht mehr gesehen hatte. „Wir könnten zu dir fahren, reden, ein bisschen Wein trinken …“
Den Rest davon dachte sie sich, aber Stuart kannte sie viel zu gut und genau das verriet auch seine Haltung.
„Ich bin gut darin, zu trösten … wir müssen gar nicht spielen … ich …“
Er lachte leise auf, küsste flüchtig ihre Schläfe und ging zur Tür. „Gute Nacht, Sklavin.“ Dann verließ er das Spielzimmer.
Erst, als er wieder in seinem Wagen saß, gestattete Stuart sich einen Moment der Schwäche. Auch wenn Delia die Session in vollen Zügen genossen hatte, mehr noch als sonst, es bestätigte ihm, wie falsch es gewesen war, heute zu dieser Party erschienen zu sein. Nach Maries Aktion mit diesem jungen Burschen hatte er geglaubt, zu seinem alten Leben zurückkehren zu können. Er hätte es besser wissen müssen. Ständig waren seine Gedanken bei ihr. Tief schwelte Wut in ihm. Doch mehr noch als das wuchs die Frage nach dem Warum? Warum würde Marie so etwas tun? Sie hatte so glücklich ausgesehen, als er sie am Abend zuvor zu Hause abgeliefert hatte. Das Leuchten in ihren Augen, das Strahlen auf ihrem Gesicht. Was, wenn er die Situation falsch eingeschätzt hatte? Zum ersten Mal in seinem Leben bereute er eine BDSM Session.
Nun, nicht ganz zum ersten Mal. Er startete den Motor und fuhr nachHause. Wie lange war es her, dass er ein schlechtes Gewissen sein eigen nannte? Es war leicht, zu glauben, dass Marie nach nur einem Tag in ihre alten Verhaltensmuster verfiel. Er bereute nicht nur das Spiel mit Delia, er bereute, Marie nicht gleich zur Rede gestellt zu haben. Noch mehr setzte ihm zu, dass er dem Typen nicht doch besser seine Faust ins Gesicht geschlagen hatte. Stuart schüttelte den Kopf und schnaubte.
Wie oft hatte er seinen devoten Gespielinnen eingetrichtert, wie wichtig es war, miteinander zu reden. Und was hatte er getan? Mit dem Handy wählte er Maries Nummer, während er weiterfuhr. Er erreichte nur ihren AB zu Hause, versuchte es auf ihrem Mobiltelefon und hinterließ eine Nachricht auf ihrer Voicebox. Hinter seinem Wagen flackerten Lichter auf und eine Sirene kündigte einen gelangweilten Streifenpolizisten auf der Nachtschicht an. Stuart knurrte leise und senkte genervt sein Handy.
„Perfekt!“
18
Simon fand Erica auf der Terrasse mit dem Telefon in der Hand und völlig in Gedanken versunken. „Hast du mich nicht gehört?“
Erica blickt zu ihm empor und wirkte, als sähe sie durch ihn hindurch.
Simon setzte sich neben ihr auf die Stuhllehne und legte den Arm sanft um ihre schmale Schulter. Die Sonne versank bereits am Horizont.
„Ich hab den ganzen Tag versucht, Marie zu erreichen, aber sie geht weder zu Hause ans Telefon noch an ihr Handy. Keine Ahnung, wie viele Nachrichten ich ihr schon hinterlassen habe.“
„Hast du es auf der Arbeit versucht?“
„Habe ich. Paul hat erzählt, dass sie heute nicht im Laden aufgetaucht ist. Sie hat nicht mal angerufen.“
„Hm, das ist seltsam.“
„Simon? Ich glaube, da stimmt etwas nicht. Sie würde nie einfach ohne anzurufen von der Arbeit wegbleiben. Gestern wollte ich mich ja mit ihr zu einem Weiberabend verabreden. Sie sagte, sie wäre schon verabredet und dass es wichtig sei. Ich habe ein ganz blödes Gefühl. Vielleicht ist ihr etwas passiert?“
„Deine blühende Fantasie in allen Ehren, Engel,
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