Zaertlich beginnt die Nacht
geworden. Zwar noch immer wütend über Blacks erbärmliche Intrige, aber zumindest hatte er sein inneres Gleichgewicht zurückgefunden. Jetzt brauchte er einen Kaffee und vielleicht einen Imbiss. Dann würde er vom Hotel aus seinen Piloten anrufen und Anweisung geben, alles für den sofortigen Abflug vorzubereiten.
In ein paar Stunden wäre er zu Hause.
Goodbye, New York. Goodbye, James Black. Goodbye, SCB-Bank.
Er konnte ohne sie leben, ohne die Stadt, ohne den verrückten Alten, ohne die Bank.
Es gab andere Privatbanken in New York, wenn sie vielleicht auch nicht so genau seinen Wünschen entsprachen. Die Liste mit den zusammengestellten Namen hatte er noch. Sobald er wieder in Rom war, würde er seinen Leuten sagen, dass sie noch einmal ganz von vorn anfangen mussten.
Es war nicht so, als wäre er auf eine einzige Bank fixiert.
Oder auf eine bestimmte Frau.
Ein verlogenes, eiskalt kalkulierendes, unmoralisches Weibsbild.
Noch immer konnte er nicht sagen, warum er mit so unkontrollierbarer Wut reagiert hatte.
Der Barkeeper fragte ihn, ob er noch einen Drink wolle. Nicolo schüttelte den Kopf. „Nein, Kaffee.“
Nicolo war lange genug im Geschäft, um zu wissen, dass die Zeiten der Räuberbarone längst nicht vorbei waren. Skandale plagten die Hochfinanz so regelmäßig wie die Quallen das Mittelmeer. Scheinbar intelligente Männer taten die dümmsten Sachen, sobald eigene Interessen ins Spiel kamen.
James Black bildete da keine Ausnahme.
Seine Enkelin auch nicht. Sie hatte mit ihm geschlafen, um ihm den Mund wässrig zu machen für den Zusammenschluss zweier Dynastien.
„Sir, Ihr Kaffee.“
Nicolo sah auf. „ Grazie .“
„Haben Sie noch einen Wunsch?“
„ Si .“ Was sollte das mit dem Italienisch? „Ein Sandwich, bitte. Roast Beef, vielleicht.“ Er lächelte. „Etwas, das den Bourbon neutralisiert, si. “
Noch mehr Italienisch. Eindeutig ein Zeichen, dass er noch immer aufgewühlt war. Wenn auch nicht mehr so stark wie vorhin. Der Bourbon und die längst fällige Logik hatten Wunder gewirkt.
Es war eine ganz schlichte Tatsache: Black war ein Mann, der alles tun würde, um sein Ziel zu erreichen.
Und seine Enkelin war aus dem gleichen Holz geschnitzt. Nicolo nippte an seinem Kaffee. Mal ehrlich, kannte er Frau en, die anders waren? Frauen machten sich zurecht, um das Interesse eines Mannes zu erregen. Sie gingen mit ihm ins Bett und wandten alle bekannten Tricks an, um Punkte zu sammeln. Logen ihm etwas vor von Liebe und ewiger Treue, in der Hoffnung, sich einen passenden Ehemann zu angeln.
Doch von all den Frauen, die er kannte, war Aimee Black die letzte, die er für eine Heirat in Betracht ziehen würde. Sie besaß keine Moral. Nicht etwa, weil sie in jener Nacht mit ihm geschlafen hatte, nicht deshalb. Sondern weil sie es als Teil eines perfiden Plans getan hatte.
Vielleicht brauchte er es für sein Ego. Möglich, dass sein Stolz es nicht ertrug. Aber er wollte glauben, dass die Frau mit den violetten Augen in jener Nacht das gleiche unkontrollierbare Verlangen gefühlt hatte wie er. Dass sie diese fiebrige Gier genauso wenig hätte stoppen können wie das Atmen.
Denn so war es bei ihm gewesen. Diese Nacht sollte auch in ihrer Erinnerung als das Aufregendste weiterleben, das sie je erfahren hatte, als …
„Ihr Sandwich, Sir.“
Nicolo blinzelte. Hatte er ein Sandwich bestellt?
„Noch einen Kaffee?“
„Nein“, sagte er brüsk und fügte mit einem, wie er hoffte, freundlichen Lächeln hinzu: „ Grazie .“
Schließlich war es nicht die Schuld des Barkeepers, dass das, was er wirklich wollte, nicht in dieser Bar zu haben war.
In ihrer Wohnung ließ Aimee sich wie betäubt auf ihr Sofa fallen und schlug die Hände vors Gesicht.
Ihre Wut war verraucht und hatte einer schrecklichen Leere Platz gemacht.
„Lass mich dir erklären“, hatte ihr Großvater gesagt.
Was wollte er erklären? Dass er sie an einen Fremden verkaufen wollte, um seine geliebte Bank zu retten?
Sie war aus seinem Büro geflohen, hatte seine Rufe ignoriert, war in ein Taxi gesprungen und nach Hause gefahren.
Illusionen über die Gefühle ihres Großvaters ihr gegenüber hatte sie sich nie gemacht. Oder besser, den Mangel an Gefühlen, fügte sie in Gedanken mit einem bitteren Zug um den Mund hinzu.
Ihr war ja gar nichts anderes übrig geblieben. Nach dem Tode ihrer Eltern hatte er sie zu sich genommen und sie aufgezogen. Nun, er hatte für die Kindermädchen und die Haushälterinnen bezahlt.
Weitere Kostenlose Bücher