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Zaertlich ist die Nacht

Zaertlich ist die Nacht

Titel: Zaertlich ist die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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Butler. »Und die Adresse und Telefonnummer von Doktor Colazzo auch.«
    Mit einem Gesicht wie das Leiden Christi wandte er sich wieder an Baby. »Meine Liebe, das diplomatische Corps vertritt die Regierung der Vereinigten Staaten gegenüber der Regierung Italiens. Mit dem Schutz amerikanischer Staatsbürger haben wir gar nichts zu tun, außer auf ausdrückliche Anweisung des State Department. Ihr Schwager hat gegen die italienischen Gesetze verstoßen und ist dafür ins Gefängnis gesteckt worden, genau wie ein Italiener in New York eingesperrt würde. Freilassen kann ihn nur ein italienisches Gericht, und wenn Ihr Herr Schwager juristische Hilfe braucht, erhalten Sie die beim Konsulat, das sich um die Rechte amerikanischer Staatsbürger kümmert. Das Konsulat öffnet aber nicht vor neun Uhr. Selbst wenn es mein eigener Bruder wäre, könnte ich nichts für ihn tun   –«
    »Können Sie das Konsulat anrufen?«, unterbrach sie.
    »Wir können nicht in die Arbeit des Konsulats eingreifen. Wenn der Konsul um neun   –«
    »Können Sie mir sagen, wo der Mann wohnt?«
    Nach einer Sekunde des Zögerns schüttelte der Mann den Kopf. Er nahm den Zettel des Butlers entgegen und gab ihn an Baby weiter. »Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte.«
    Er hatte sie geschickt in Richtung der Tür manövriert. Einen Moment lang fiel die violette Dämmerung grell auf seine rosa Gesichtsmaske und den Leinenstreifen der Bartbinde, dann stand Baby allein auf der Vordertreppe. Insgesamt war sie zehn Minuten lang in der Botschaft gewesen.
    |353| Die Piazza vor dem Gebäude war leer bis auf einen alten Mann, der mit einem Stachelstock Zigarettenkippen aufsammelte. Baby nahm ein Taxi und fuhr zum Konsulat, wo sie allerdings niemanden antraf, außer drei armseligen Frauen, die gerade die Treppe schrubbten. Dass sie die Privatadresse des Konsuls brauchte, konnte sie ihnen nicht klarmachen. Ihre Panik stieg wieder an. Sie stürmte hinaus und forderte den Fahrer auf, sie zum Gefängnis zu bringen. Der wusste nicht, wo das war, aber mit Hilfe der Worte
sempre diritto
,
a destra
und
a sinistra
gelang es ihr, ihn irgendwo in die Nähe des gesuchten Ortes zu dirigieren. Dort stieg sie aus und machte sich zu Fuß auf den Weg. Aber die halbwegs vertraute Gegend erwies sich als Labyrinth. Die Gebäude und Gassen erschienen ihr alle gleich. Als sie aus einer Seitenstraße auf die Piazza d’Espagna hinaustrat, sah sie das Büro der American Express Company, und ihr Herz wurde leichter, als sie das Licht im Schaufenster und das Wort
American
auf dem Schild sah. Sie überquerte den Platz und rüttelte an der Tür, aber die war geschlossen, und die Zeiger der Uhr im Inneren standen auf sieben. In diesem Augenblick fiel ihr Collis Clay ein.
    Seine Unterkunft war eine muffige, in rotem Plüsch erstickte Pension gegenüber von ihrem Hotel. Die Frau am Empfang war nicht geneigt, ihr zu helfen   – sie habe keine Befugnis, Mr Clay zu wecken und, nein, Miss Clay könne auch nicht allein nach oben gehen, sagte sie. Erst als sie sich überzeugt hatte, dass es sich nicht um einen Fall von erotischer Leidenschaft handelte, erklärte sie sich bereit, die Besucherin zu begleiten.
    Collis lag nackt auf dem Bett. Er war betrunken nach Hause gekommen, und als er erwachte, brauchte er ein paar |354| Augenblicke, um seine Nacktheit selbst zu bemerken. Umso exzessiver fiel dann seine demonstrative Sittsamkeit aus. Er schnappte sich seine Sachen, verschwand damit im Badezimmer und murmelte: »Herrje, die hat mich aber genau angeschaut!«, als er sich hastig anzog. Nach ein paar telefonischen Erkundigungen wussten sie, wo das Gefängnis war, und machten sich auf den Weg.
    Die Zellentür war jetzt offen, und Dick saß im Wachraum zusammengesunken auf einem Stuhl. Die Carabinieri hatten ihm einen Teil des Blutes aus dem Gesicht gewaschen und den Hut auf den Kopf gesetzt, um den Rest zu verbergen. Baby blieb zitternd im Torbogen stehen.
    »Mr Clay wird bei dir bleiben«, sagte sie. »Ich hole einen Arzt und den Konsul.«
    »In Ordnung.«
    »Bleib einfach ganz ruhig sitzen.«
    »In Ordnung.«
    »Ich bin gleich wieder da.«
    Sie fuhr zum Konsulat; es war jetzt nach acht, und man erlaubte ihr, im Vorzimmer Platz zu nehmen. Gegen neun kam der Konsul, und Baby, inzwischen schon völlig hysterisch vor Hilflosigkeit und Erschöpfung, wiederholte ihre Geschichte noch einmal. Der Konsul fühlte sich gestört. Er empfahl ihr, sich nicht an Schlägereien in fremden Städten zu

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