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Zaertlich ist die Nacht

Zaertlich ist die Nacht

Titel: Zaertlich ist die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Scott Fitzgerald
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Einstellung wiederzufinden. »Sie kommen bestimmt gut zurecht   – alle hier glauben an Sie. Dr Gregory ist sogar so stolz auf Sie, dass er Sie wahrscheinlich   –«
    »Ich hasse Doktor Gregory.«
    »Nun, das sollten Sie nicht.«
    Nicoles Welt war gerade in Scherben gegangen, aber es war nur eine zerbrechliche, gerade erst geschaffene Welt gewesen; darunter kämpften ihre Gefühle und Instinkte hartnäckig weiter. War es nicht erst eine Stunde her, dass sie am Eingang auf ihn gewartet und ihre Hoffnungen wie ein Blumensträußchen am Gürtel getragen hatte?
    – Du musst für ihn frisch bleiben, Kleid! Knopf, du darfst dich nicht öffnen! Blühe, Narzisse! Bleib ruhig und süß, Luft!
    »Es wird nett sein, wieder ein bisschen Spaß zu haben«, stammelte sie. Einen Moment lang erfasste sie die verzweifelte |222| Idee, ihm zu sagen, wie reich sie war und in was für großen Häusern sie wohnte, und dass sie ein sehr wertvoller Besitz war   – einen Moment lang war sie dabei, sich zum Pferdehändler zu machen, so wie es ihr Großvater Sid Warren gewesen war. Aber sie widerstand der Versuchung, alle Werte durcheinanderzubringen und schloss diese Argumente in ihre viktorianischen Hinterzimmer ein   – auch wenn es für sie selbst jetzt kein Haus mehr gab, außer Leere und Schmerz.
    »Ich muss zurück in die Klinik. Es regnet ja nicht mehr.«
    Er ging neben ihr her. Er spürte, wie unglücklich sie war, und er wollte den Regen trinken, der von ihren Wangen herabfloss.
    »Ich habe neue Platten gekriegt«, sagte sie. »Ich kann es gar nicht erwarten, sie zu hören. Kennen Sie   –«
     
    Nach dem Abendessen, dachte Dick, würde er den endgültigen Bruch herbeiführen. Er hätte Franz gern in den Hintern getreten, weil er ihn in diese schäbige Affäre verwickelt hatte. Er wartete auf dem Korridor. Seine Blicke folgten einer Baskenmütze, die allerdings nicht vom Regen nass war wie die von Nicole, sondern einen Schädel bedeckte, in dem kürzlich erst noch herumoperiert worden war. Darunter spähten zwei menschliche Augen hervor, entdeckten ihn und kamen herüber.
    »Bonjour, Docteur.«
    »Bonjour, Monsieur.«
    »Il fait beau temps.«
    »Oui, merveilleux.«
    »Vous êtes ici maintenant.«
    »Non, pour la journée seulement.«
    »Ah, bon. Alors   – au revoir, Monsieur.«
    |223| Zufrieden, dass er eine weitere zwischenmenschliche Begegnung überlebt hatte, ging der arme Kerl weiter.
    Dick wartete. Nach einer Weile kam eine Krankenschwester die Treppe herunter und überbrachte ihm eine Nachricht.
    »Miss Warren lässt sich entschuldigen, Herr Doktor. Sie möchte sich hinlegen und nimmt ihr Abendessen im Zimmer ein.« Die Krankenschwester blieb stehen und wartete auf seine Antwort. Sie rechnete wohl damit, dass er Miss Warrens Benehmen als pathologisch betrachten würde.
    »Oh, ich verstehe. Nun ja   –« Er gab sich Mühe, seinen Speichelfluss und seinen Puls wieder unter Kontrolle zu bringen. »Ich hoffe, es geht ihr bald besser. Vielen Dank.« Er war verwirrt und irgendwie unbefriedigt. Aber andererseits befreite es ihn.
    Er hinterließ eine Nachricht für Franz, den er wissen ließ, dass er zum Abendessen nicht bleiben könne, dann wanderte er durch die Wiesen und Felder zur Straßenbahn. Als er den Bahnsteig erreichte, wo die Frühlingsabenddämmerung die Schienen und das Glas der Fahrscheinautomaten vergoldete, hatte er das Gefühl, dass die Haltestelle und die Klinik ihn sowohl abstießen wie anzogen. Er machte ihm Angst, und er war heilfroh, als unter seinen Stiefeln wieder das massive Kopfsteinpflaster von Zürich widerhallte.
    Er erwartete, schon am nächsten Tag wieder von Nicole zu hören, aber es kam keine Nachricht. Er fragte sich, ob sie vielleicht krank war. Er rief die Klinik an und sprach mit Franz.
    »Sie ist gestern und heute zum Essen heruntergekommen«, sagte Franz. »Sie war ein bisschen umwölkt und zerstreut. Wie ist denn die Sache gelaufen?«
    Dick nahm einen großen Anlauf und versuchte, über den Abgrund zwischen den Geschlechtern zu springen. »Wir sind gar nicht so weit gekommen   – glaube ich. Ich habe |224| versucht, mich distanziert zu verhalten, aber ich weiß nicht, ob genug passiert ist, um ihre Haltung zu ändern   – wenn sie überhaupt jemals sehr tief gesessen hat.«
    Wie es schien, war seine Eitelkeit doch etwas angekratzt, weil er niemandem einen Gnadenstoß hatte geben müssen.
    »Aus dem zu schließen, was sie ihrer Krankenschwester gesagt hat, habe ich den Eindruck,

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