Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman
Watanabe-san?«
Murdoch starrte sie schweigend an.
Sie seufzte. »Er leitet die Firma meines Vaters. Ich bemühe mich wirklich sehr, mich einzuarbeiten. Dazu gehört, dass ich Zeit mit ihm verbringe. Viel Zeit. Gewöhn dich daran, Murdoch.«
»Gib zu, dass du meine Frau bist, und ich tu’s.«
»Wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert. Frauen gehören Männern nicht.«
Langsam breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. »Wenn du es vorziehst, mich als deinen Mann zu bezeichnen, ist das ein akzeptabler Kompromiss.«
Kiyoko schnaubte verächtlich und setzte ihren Weg nach oben fort. »Wozu? Wir können nie ein Paar werden. Wir können uns ja nicht mal berühren, ohne den Berserker auf den Plan zu rufen.«
Sie traten in Murdochs Zimmer – das nun ihres war – und schlossen die Tür. Kiyoko setzte sich so weit vom Bett und von Murdoch entfernt wie nur möglich auf den Polstersessel am Fenster.
»Du hast doch gesagt, ich müsste nur erkennen, dass die Taten des Berserkers meine eigenen sind«, sagte er, während er ihr mit dem Blick durch den Raum folgte. »Dann würde ich ihn unter Kontrolle bringen.«
»Das ist ein erster notwendiger Schritt. Aber es wird trotzdem nicht leicht werden, den Berserker zu zähmen. Du wirst Übung brauchen.« Sie neigte den Kopf, um die Furchen und Kanten seines Gesichts zu studieren. »Und Selbsterkenntnis.«
Mit der geschmeidigen Anmut einer Katze stellte er den anderen Sessel dem ihren gegenüber, entledigte sich seiner Stiefel und legte die Füße auf das Kissen neben ihr. Damit war sie praktisch am Fenster gefangen. »Bitte erzähl mir jetzt nicht, ich müsste nur all meine schweren Sünden beichten, mich meiner Vergangenheit stellen und mich so akzeptieren, wie ich bin. Ich stehe nicht auf diesen Psychoscheiß.«
»
Hast
du denn schwere Sünden auf dem Kerbholz?«
Murdoch umschloss seine Tasse mit beiden Händen. »Selbst wenn. Ich würde den Teufel tun und sie vor der Frau zugeben, die ich beeindrucken will.«
»Zumindest eine schlimme Sünde musst du begangen haben. Lena hat mir erzählt, dass alle Wächter im Fegefeuer schmoren.«
Er trank einen Schluck Kaffee. »Sprichst du wieder mit Lena? Das freut mich zu hören.«
»Wechsle jetzt nicht das Thema! Welche Sünde hast du begangen?«
»Ehebruch.«
Kiyoko tat so, als müsste sie nach Luft schnappen. »Du? Der Mann, der darauf so viel Wert legt, dass seine Frauen ihm treu sind? Ausgeschlossen!« Ihm stieg die Röte in die Wangen. »Reicht etwa ein einziger Ehebruch aus, um jemanden ins Fegefeuer zu schicken? Die Herrin des Todes scheint ja wirklich dringend Wächter zu brauchen.«
»Kann schon sein, dass es öfter vorgekommen ist«, gab Murdoch zu.
»Hm. Das ist doch bestimmt noch nicht die ganze Geschichte, Murdoch.«
»Ist es nicht schon schlimm genug, einen Haufen verheirateter Frauen verführt zu haben?«
»Vielleicht schlimm genug, um dich ins Fegefeuer zu befördern. Aber das erklärt doch nicht deinen Widerwillen, über das Thema zu sprechen. Es ist dir peinlich. Sag mir, warum.«
»Lieber nicht.«
Kiyoko dachte darüber nach, ihn zu erlösen. Murdoch machte den Eindruck, als würde er sich ganz und gar unwohl fühlen. Andererseits war Beichten gut für die Seele. »Ein Ehrenmann würde darüber reden. Um sicherzugehen, dass die Frau seiner Wahl Bescheid weiß, bevor sie die Beziehung eingeht.«
»Verdammt, du bist skrupellos.«
Sie wartete. Geduldig.
»In Ordnung«, sagte er mit einem tiefen Seufzer. »Ich habe mit der Frau meines Bruders geschlafen.«
Sie holt so tief Luft, dass es brannte. »Du hast
was?
«
»Du hast mich schon verstanden.«
»Aber warum?«
»Warum bespringt ein Mann eine Frau?«, fragte er trocken.
»Sie war doch mit deinem Bruder verheiratet. Da könntest du ebenso gut mit deiner Schwester schlafen.«
»Das ist keineswegs dasselbe.« Er beugte sich vor und stellte die Tasse auf den Tisch neben seinem Sessel. »Margaret war ein hübsches Mädchen, und ich hatte Gelegenheit, ein oder zwei Mal mit ihr zu schlafen, bevor sie meinen Bruder heiratete. Glaub mir, sie war nicht meine Schwester.«
»Hat sie den ersten Annäherungsversuch gemacht?«
»Ist ein Blick ein Annäherungsversuch?«, fragte er zurück. Dann zuckte er die Achseln. »Ich wusste, dass sie mich wollte. Ich sollte am nächsten Morgen in den Krieg ziehen, also habe ich die Gelegenheit genutzt. Und das ist schon die ganze Geschichte.«
Seine steifen Schultern waren beredter als seine Worte. Er
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