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Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman

Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman

Titel: Zärtlich wie ein Krieger / Wächter der Seelen. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette McCleave
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log. Die Geschichte war noch nicht zu Ende, aber er wollte nicht darüber sprechen. Sie beschloss, es gut sein zu lassen.
    »Erzähl mir von dem Zaubertrank.«
    Er lehnte sich wieder zurück. »Als ich fünfzehn war, wurde ich von den Nordmännern bei einem Überfall auf die Küste der Isle of Man gefangen genommen. Sie hofften, dass ich stark genug werden würde, um auf einem ihrer Wikingerboote zu rudern. Leider ist es dazu nie gekommen. Drei Jahre lang wurde ich als Sklave auf den nördlichen Inseln gehalten und habe mich krummgelegt. Ich war dem Tode nahe, als mich ein sehr mächtiger Bursche meinem Herrn abkaufte.«
    »Er hat dich gerettet.«
    Murdoch schnaubte. »In gewisser Weise. Um seine Erfolgschancen bei einem Überfall auf eine Nachbarinsel zu verbessern, hat er mich Odin, dem nordischen Gott des Krieges, geopfert. Er hätte mir das Herz herausgeschnitten, wenn ihm nicht einer von Odins Kriegern in den Arm gefallen wäre.«
    »Du meinst einen Tempelwächter?«
    »Nein, ich meine einen Soldaten, der auf Odins Geheiß handelte. Die heidnischen Götter existieren wirklich. Sie sind nicht so mächtig, wie die Mythen behaupten, aber zu viel mehr imstande, als du dir vielleicht vorstellen kannst. Sie haben ihre eigene Gesellschaftsstruktur, bleiben unter ihresgleichen und treten nur gelegentlich mit den Menschen in Verbindung.«
    Eine phantastische Geschichte, sicherlich, aber nicht jenseits von Kiyokos Vorstellungsvermögen. »Sei mir nicht böse, aber warum sollte Odin sich entschließen, ausgerechnet dich zu retten? Dich vor allen anderen Menschen?«
    »Loki, Odins Blutsbruder, fand es amüsant, aus einem schwachen, kränklichen Burschen einen starken Krieger mit unkontrollierbaren Tobsuchtsanfällen zu machen.«
    »Oh.«
    »Der Kriegsgott hat mir die Wahl gelassen: heimzukehren oder seinen Zaubertrank zu trinken und für ihn in den Krieg zu ziehen. Ich habe mich für den Zaubertrank entschieden.«
    »Hat er dich nicht darüber aufgeklärt, was mit dir geschehen würde?«
    Murdoch nickte. »Doch. Er hat mich sogar recht gewissenhaft darüber aufgeklärt. Ich war nur zu dumm, nein zu sagen. Ich habe ihm sieben Jahre gedient, dann bin ich nach Hause zurückgekehrt.«
    Das waren sicher sehr lange und beschwerliche sieben Jahre gewesen, doch Murdoch ging nicht ins Detail und warb auch nicht um Mitgefühl. »Deine Familie muss überglücklich gewesen sein, dich wiederzusehen.«
    »Nicht ganz.«
    Kiyoko lächelte. »Haben sie dich für einen Geist gehalten?«
    »Eine Zeitlang weigerten sie sich zu glauben, dass ich überhaupt Jamie Murdoch war. Die Veränderungen durch den Zaubertrank waren so dramatisch, dass selbst meine eigene Mutter mich nicht erkannt hat.«
    Kiyoko suchte nach den Wunden in Murdochs Blick. Doch er war so ruhig und selbstsicher wie immer. Kein Hauch von Kummer. »Aber deine Erinnerungen haben sie überzeugt?«
    »Aye.«
    »Und?«, drängte sie. Dieser Mann frustrierte sie. Wie konnte er so großzügig mit einigen Erklärungen sein und dann wieder so knauserig mit anderen? »Hat sie dich wenigstens dann in die Arme geschlossen?«
    »Sie hat akzeptiert, dass ich ihr Sohn war.«
    Das war nicht ganz dasselbe. »Sicher haben sich alle gefreut, einen weiteren gesunden Mann in ihrer Mitte zu wissen. Sie müssen doch sehr stolz auf dich gewesen sein.«
    Murdochs Zehe spielte mit einer Silberschnalle seines Stiefels. »Meine Anwesenheit blieb jedenfalls nicht folgenlos. Die Wikinger haben nie wieder unsere Küste überfallen, und die MacDonalds hörten auf, unser Vieh zu stehlen.«
    »Du hast also Frieden ins Land gebracht.«
    »Nein, keinen Frieden.« Er hob den Blick. »Stell dir mich als fünfundzwanzig Jahre alten Mann vor, der geübt im Umgang mit dem Schwert und erfahren in der Schlacht ist, aber nie gelernt hat, die Bestie in sich zu kontrollieren. Stell dir mich unter verwundbaren Menschen vor.«
    Angst zerrte an ihren Lippen. »Hast du jemanden aus deiner Familie erschlagen?«
    »Mehr als einen. Aber meine Sippe hat sich angepasst und gelernt, sich im Kampf von mir fernzuhalten.« Er seufzte. »Das Problem war nicht meine eigene Sippe, sondern die der MacDonalds. Nach meiner Rückkehr ließen die Feindseligkeiten zwischen unseren beiden Clans nach, und der Vorstand der MacDonalds bot mir die Hand seiner Tochter an, um unser neues Bündnis zu besiegeln.«
    Kiyoko blinzelte. »Du hast sie geheiratet?«
    »Nein, dazu kam es nicht mehr. Ich habe sie einige Monate vor der Hochzeit umgebracht. Sie

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