Zaertliche Brandung - Roman
nicht, dass er allein ist.«
»Das war er nicht. Ich war bei ihm.«
»Und wieso hat Richard ihn nach Hause gebracht? Warum nicht Sie?«
»Ich hatte oben dringend noch einiges zu erledigen.«
»Für einen anderen Klienten?«
»Nein, Bram war seit Jahren mein einziger Klient. Der Sarg ist sehr schön«, sagte Spencer und strich über das schimmernde Holz.
»Dank meiner Mitarbeiter«, sagte Willa mit einem abschätzigen Seufzen und fuhr mit ihrem Lappen einmal der Länge nach übers Holz.
»Abram hat sich bei der Arbeit mit Holz so ungeschickt angestellt wie ich beim Kochen.«
»So schlimm war es?«, zog Spencer sie auf.
»Bram hat ein paar Andeutungen über Ihre Kochkünste fallen lassen.«
»Vielleicht habe ich eines schönen Tages genug Geld, um mir eine Köchin leisten zu können«, sagte Willa mit einem Lächeln in der Stimme.
»Abram hat gesagt, er hoffe es in meinem Interesse, falls ich mich bis dahin nicht selbst vergiftet hätte.«
»Ich würde sagen, dass Sie diesen Traum vermutlich verwirklichen werden.«
Auf diese düstere Voraussage hin stand Sam auf und ging zum Sarg.
Willa schnappte erschrocken nach Luft und lief rot an.
»Wie lange haben Sie schon hier gesessen?«, wollte sie wissen.
»Zwei Stunden.« Er wandte sich an Spencer.
»Ich muss mit Ihnen reden. Jetzt gleich.«
»Aber sicher«, zeigte der Anwalt sich einverstanden. Sein Nacken lief rot an, sein Blick wanderte schuldbewusst zu Bram.
»Gehen wir ins Büro?«, fragte er, ohne einen der beiden anzusehen, als er sich umdrehte und eilig den Raum verließ.
»Sie Ekel!«, zischte Willa, ehe Sam dem Anwalt folgen konnte.
»Sie haben gehorcht!«
»Ich habe ruhig dagesessen und über das Schicksal nachgedacht.«
»Sie hätten husten oder sich sonst irgendwie bemerkbar machen sollen.«
»Ja, das hätte ich wohl sollen.«
Sie machte ein Gesicht, als wollte sie ihn ohrfeigen, begnügte sich aber mit einem drohenden Blick. Sam umfing ihr Gesicht mit beiden Händen, küsste sie direkt auf ihren vor Verblüffung geöffneten Mund und ging hinaus.
6
W arum der grüne Flanell?«
»Weil er warm und weich ist. Weil Maureen, eine meiner Mitarbeiterinnen, zu Abram gesagt hat, Grün würde gut zu seinem Haar passen«, erklärte Willa. In ihren Wangen zeigten sich spitzbübische Grübchen. Sie streckte die Hand aus und zerzauste sanft Brams Haar.
»So, das ist besser. Jetzt sieht er sich selbst ähnlicher, finden Sie nicht?«, fragte sie Jesse, der Brams Schlips löste, während er unbewusst an seinem eigenen zupfte.
»Ja, gut so. Das ist Großvater.«
»Es war das Erste, was mir an ihm auffiel«, sagte Willa zu den drei Brüdern. Alle vier hatten sich schon zur Begrüßung der Gäste umgezogen, die bald eintreffen würden, um Bram die letzte Ehre zu erweisen.
»Als ich meine Tür öffnete, stand Abram auf der Veranda, in der Hand mein Zu vermieten -Schild, und sein Haar sah aus, als hätte er einen Hurrikan überstanden.«
Sam stand an der Seite, Willas Killerblicken entzogen. Sie hatte ihm nicht verziehen, dass er sie belauscht hatte, doch er war eher belustigt als reuig. Sein kleiner Schwindel war sehr lehrreich gewesen.
»Der Sarg ist wirklich schön«, sagte Ben und zupfte am Kragen seines Großvaters, »Bram hat gute Arbeit geleistet.«
»Mir gefällt die Verzierung innen am Deckel«, setzte Jesse hinzu und öffnete den obersten von Brams Kragenknöpfen.
»Ist sie sein Werk?«
»Sozusagen. Er hat eine meiner Zeichnungen kopiert«, erklärte Willa.
»Levi entwirft die Särge, und ich zeichne die Szenen, die als Vorlage für die Schnitzerei dienen. Die Handwerker machen die Schreinerarbeit, und die Frauen fertigen die Innenauskleidung an.«
»Sie sind eine Künstlerin«, bemerkte Ben.
»Nicht wirklich. Ich zeichne gern. Besonders gern führe ich spezielle Wünsche von Kunden aus. Sie würden sich wundern, wie glücklich die Menschen sind, wenn sie genau wissen, wie ihre sterblichen Überreste in alle Ewigkeit ruhen werden.«
»Während seine Seele auf Rosebriar umgeht«, rief Jesse aus und hob gespenstisch seine Hände gegen Willa. Dann sah er Sam lächelnd an.
»Und versucht, sein Heim zu schützen.«
»Rosebriar übersteht alles«, erwiderte Sam und lächelte über Willas Kopf hinweg, als diese sich nicht zu ihm umdrehen wollte. Ja, sie war noch immer sauer.
Wenigstens trug sie heute flache Schuhe, vermutlich auf Bens Drängen hin bei ihrem Einkaufsbummel.
Sein Bruder musste auch bei der Wahl des Kleides seine Hand im
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