Zaertliche Brandung - Roman
Wort gegeben habe. Aber nur weil ich ihn nicht davon abbringen konnte, dieses Testament abzufassen, heißt das nicht, dass ich es durch und durch schlecht finde. Hin und wieder muss jeder über seinen Schatten springen.«
»Aber was soll ich tun, Em?«
Er nahm sie wieder fester in die Arme.
»Darüber habe ich nachgedacht, seitdem du mich angerufen und mir gesagt hast, dass du die RoseWind nach Hause segeln willst.« Sein Griff wurde fester.
»Am klügsten ist es, wenn du im Moment nichts unternimmst. «
»Nichts?«
Emmett verbarg seine Belustigung.
»Du hast drei ganze Monate Zeit. Warum wartest du nicht in aller Ruhe ab, was sich tut? Wenn das Problem sich bis dahin nicht von selbst gelöst hat, werden wir das Schlupfloch benutzen und dieser Farce ein Ende bereiten.«
»Es gibt ein Schlupfloch?«
»Noch nie hat es einen Vertrag gegeben, der nicht eine Hintertür offengelassen hätte.« Er lächelte beruhigend.
»Sam scheint Grips zu haben; er wird dahinterkommen. Lass ihm ein wenig Zeit, Willy.«
»Ich sitze doch nicht da und warte, dass Samuel Sinclair mich rettet.«
»Willa, du bist nicht die einzige Geschädigte. Abram hat auch seine Enkel überrumpelt. Du kannst zulassen, dass Warren Cobb Tidewater bekommt, und bleibst trotzdem eine sehr wohlhabende Frau, aber die drei Jungen werden dann alles verlieren.«
»Sie sind jung und tüchtig; sie können eigene Unternehmen aufbauen.«
Emmett trat seufzend einen Schritt zurück.
»Ich weiß, dass du auf alle, die den Namen Sinclair tragen, sauer bist, aber du könntest es dir nie verzeihen, wenn Cobb Tidewater International zerschlägt. Du wirst dieses Spiel bis zum Ende spielen müssen.« Er lächelte schief.
»Warum betrachtest du es nicht als Abenteuer? Es kommt ja nicht alle Tage vor, dass eine Frau von einem reichen, gut aussehenden Mann umworben wird.«
Sie nahm ihre Gepäckstücke und ging den Pier entlang.
»Gehen wir. Es fängt an zu regnen.«
»Was ist mit Sams Sachen?«
»Meinetwegen können die Möwen sie haben.«
»Hast du dich an ihn herangemacht, Willy?« Emmett sah sie aus zusammengekniffenen Augen an.
»Ja, das hast du, oder?« Er deutete auf sie.
»Ich weiß, dass das Wilde in dir durchbricht, wenn du den salzigen Wind auf dem Gesicht spürst. In deinem Höschen herrscht Chaos, Kleine, weil er dich glatt abblitzen ließ, so ist es doch?«
Sie ging den Pier entlang weiter, an Sam vorüber, der an einem Picknicktisch sitzend, ein Hummerbrötchen in sich hineinstopfte. Emmett griff sich Sams Sack und schlenderte hinterher. Willa hielt einen Truck auf, der auf dem Fischereipier gerade losfahren wollte, sprach mit dem Fahrer und stieg dann auf der Beifahrerseite ein. Emmett ließ den Tauchsack neben dem Picknicktisch fallen, trat ans Fenster des Kiosks und bestellte für sich ebenfalls ein Hummerbrötchen.
»Ich dachte, Willa hätte Sie angerufen, um sich von Ihnen nach Hause bringen zu lassen?«, fragte Sam mit vollem Mund.
»Sie ist im Moment stocksauer.«
Sam schnaubte.
Emmett nahm seinen Teller vom Verkäufer in Empfang.
»Sam, sind Sie offen für einen Rat?«
Der Jüngere brummte mit vollem Mund.
Emmett biss von seinem Brötchen ab und beobachtete, wie die Regenwand in den Hafen fegte, bis schwere Tropfen auf die Markise über ihnen trommelten.
»Willa hätte mit ihren Eltern auf der Cat’s Tail sein sollen, als diese vor St. Maartens untergegangen ist«, sagte er leise.
»Aber sie hatte damals gerade David Sommers geheiratet, und es war das erste Mal, dass sie den Trip in den Süden nicht mitgemacht hat.« Er sah Sam an, der aufgehört hatte zu kauen.
»Ich schätze, Willa glaubt, ihre Eltern wären noch am Leben, wenn sie während des Sturms bei ihnen gewesen wäre.«
Sam sagte nichts dazu.
»Sie war damals im zweiten Monat schwanger. Eine Woche nach der Unglücksnachricht hatte sie eine Fehlgeburt.« Emmett zuckte mit den Schultern.
»Ich weiß nicht, ob es ohnehin passiert wäre oder ob der Schmerz über den Verlust ihrer Eltern die Ursache war. Ich weiß nur, dass wir Willa fast mit dem Baby verloren hätten.« Er sah Sam wieder an.
»Willamina ist der stärkste Mensch, den ich kenne, aber auch Edelstahl hat eine Bruchstelle.«
»Aber wenn sie so viel Tragisches erlebt hat, warum sucht sie sich ausgerechnet einen Haufen alter Leute als Mitarbeiter und betreibt eine Sargfabrik?«
»Aus verschiedenen Gründen, aber vor allem, weil es ihr das Gefühl vermittelt, die Kontrolle zu haben, denke ich. Da sie
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