Zaertliche Brandung - Roman
hast, für deine Überzeugung einzutreten.«
»Hm … und die Gemeindeversammlung im letzten Jahr?«, Willa beobachtete ihre Nichte aus dem Augenwinkel.
»Hältst du das auch für cool oder habe ich mich aufgeführt wie ein ›verdammtes Weibsstück‹, das nicht weiß, worum es eigentlich geht?«
»Nein! Jeder hat ein Recht auf freie Meinungsäußerung, zumal wenn seine Meinung der allgemeinen widerspricht. Darum geht es ja in einer Demokratie.«
»Aber warst du meiner Meinung?«
»Das spielt keine Rolle. Es gab viel Für und Wider um das geplante große Einkaufszentrum, aber niemand hat sich für die vielen Gegengründe stark gemacht. Du hättest sie verklagen sollen, weil man dich aus der Versammlung entfernt hat. Man hat deine Bürgerrechte verletzt.«
Willa lächelte nur, als sie auf der Beifahrerseite des Geländewagens einstieg.
»Okay«, sagte Jen und steckte den Zündschlüssel ins Schloss.
»Versprich, dass du mit mir geduldig sein wirst.«
»Willa!«, rief Shelby.
Willa blickte durch die Windschutzscheibe hinaus und sah ihre Schwester auf der Veranda stehen, in ihrem Bademantel und ihren Pantoffeln.
»Wir müssen miteinander reden.« Shelby senkte ihre Stimme auf normale Tonstärke, als Jennifer das Fenster herunterkurbelte.
»Jen brauchst du nicht zur Schule zu bringen. Ich nehme sie mit, wenn ich Cody hinfahre, und sie kann heute Nachmittag mit mir Fahren üben.«
»Es macht mir nichts aus«, sagte Willa und lehnte sich aus dem Fenster.
»Sie hat mich um Hilfe gebeten, also möchte sie von mir bemuttert werden.«
»Ach, du lieber Gott – Willa, Richard hat gestern Abend angerufen. Er kommt heute nach Hause.«
Willa warf Jen rasch einen Blick zu, dann sah sie wieder ihre Schwester an.
»Und?«
»Und … er weiß nicht, dass wir ausgezogen sind«, sagte Shelby, die nun ihrerseits ihrer Tochter einen Blick zuwarf.
»Ich dachte, du würdest heute hierbleiben wollen.«
Willa tätschelte Jens Arm.
»Ich bin gleich wieder da, Kleine. Los, starte den Motor und mache dich mit allen Anzeigen und Knöpfen vertraut. Ich muss kurz mit deiner Mutter sprechen. «
Willa kletterte aus dem Wagen und lief auf die Veranda.
»Ich bin nicht sicher, ob du mich hierhaben möchtest, wenn Richard aufkreuzt«, sagte sie leise und drehte Jennifer ihren Rücken zu. Mit einem Blick zur Tür vergewisserte sie sich, dass auch Cody nicht in Hörweite war.
»Als Richard Abrams sterbliche Hülle nach New York gebracht hat, war er … nun, er war richtig wütend.«
»Worüber?«, fragte Shelby.
»Er hat behauptet, ich hätte dir die Scheidung eingeredet. « Willa spürte, wie ihr Gesicht heiß wurde.
»Und dann kam Sam Sinclair herein, und die beiden wurden handgreiflich. Die anderen zwei Sinclairs haben Richard fortgeschleppt und ihn auf ein Frachtschiff mit Ziel Italien gebracht.« Sie schüttelte den Kopf.
»Shel, Richard sucht die Schuld bei mir. Aber wenn du mich hierhaben möchtest, wenn du ihm gegenübertrittst, komme ich zurück, nachdem ich Jen abgesetzt abe.«
Shelby runzelte die Stirn.
»Ich schätze, er hat nicht Unrecht, wenn er mir die Schuld gibt. Aber ich habe dich lange nicht mehr lachen gehört wie früher. Ich weiß, dass du schon lange nicht mehr glücklich bist. Richard macht dich immer herunter, und du … du verteidigst dich nie.«
»Weil es mir gleichgültig ist, was Richard von mir denkt. Aber mir war die Wirkung auf meine Kinder
nicht klar. Vergangenen Monat hat Cody eines Tages etwas zu mir gesagt, und ich habe Richards Worte aus seinem Mund gehört. Es war nicht so sehr das, was Cody sagte, es war vielmehr sein Ton. Da wusste ich, dass es den Kindern eher schadet, wenn ich ihnen zuliebe bei Richard bleibe.« Sie streckte die Hand aus und berührte Willas Ärmel.
»Es tut mir leid, dass er dir Vorwürfe macht, Willa. Ich werde ihm sagen, die Scheidung wäre meine Idee und dass du damit nichts zu tun hast.«
Willa schüttelte den Kopf.
»Sam ist just in dem Moment dazugekommen, als ich bei dem Versuch, von Richard fortzukommen, ausgerutscht und hingefallen bin. Er hat geglaubt, Richard hätte mich angegriffen, du hättest sie sehen sollen, Shel; wie zwei tollwütige Hunde sind sie aufeinander losgegangen.«
»Ich komme zu spät!«, rief Jen.
Willa tätschelte den Arm ihrer Schwester.
»Ich schaue kurz in der Werkstatt vorbei, dann komme ich den Tag über her. Du kannst mir helfen, mein Zeug ins Cottage zu schaffen.« Sie lief die Stufen hinunter, ehe Shelby antworten
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