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Zaertliche Brandung - Roman

Zaertliche Brandung - Roman

Titel: Zaertliche Brandung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Chapman
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fühlte Willa sich wie ein Schiedsrichter und nicht wie eine Firmenchefin.
    »Ich habe eher mir selbst tüchtig eingeheizt, Maureen«, sagte Willa lachend.
    »Ich war so nervös, dass ich beim Aussteigen aus dem Lift fast tödlich verunglückt wäre. Und was deine schönen Kostüme betrifft … dem braunen ist nichts passiert, aber das grüne hat einen Riss im Rock abgekriegt. Der Lift hat den Rock verschlungen – samt den Hosen, die Joan mir geborgt hat.«
    Maureen blinzelte ihr im Spiegel zu.
    »Lässt sich der Riss reparieren?«
    Willa sah sie an.
    »Glaube ich nicht. Der Lift hat den Stoff richtig zermalmte. « Sie drehte sich wieder zum Spiegel um und machte sich daran, ihr Haar zu flechten.
    »Morgen sehen wir im Internet nach. Du kannst dir ein Kostüm ganz nach deinem Geschmack aussuchen.«
    »Es war ein Markenkostüm, Willa. Es hat mich einen Wochenlohn gekostet.«
    Vor vierzig Jahren etwa hundertfünfzig Mäuse, dachte Willa bei sich.
    »Du kannst dir auch eine passende Bluse und wenn du willst auch eine Tasche aussuchen.« Sie band das Ende ihres dicken Zopfes fest und warf ihn über die Schulter.
    »Im Vertrauen gesagt, hatte ich die Nadelstreifentypen zum Zittern gebracht, als die Sitzung zu Ende war«, sagte sie in verschwörerischem Flüsterton.
    »Ich habe mich geweigert, meine Stimme abzugeben, ehe ich nicht dazu bereit wäre. Dann habe ich die drei Sinclair-Enkel gebeten, mich zum Dinner auszuführen. Die Sitzung würde erst eine Fortsetzung finden, wenn ich zur Stimmabgabe bereit wäre.«
    Maureens Augen wurden groß.
    »Jede Wette, dass ihnen das nicht gefallen hat.« Sie stieß mit dem Stock auf den Boden.
    »Gut gemacht, Boss. Habe ich nicht gesagt, du sollst dort auftreten, als würde dir die Welt gehören? O Gott, ich wäre gern dabei gewesen. Für welchen der Jungs hast du gestimmt?«
    »Dazu ist es nicht gekommen. Abram ist am nächsten Morgen gestorben, und meine Vollmacht mit ihm.«
    Maureens freudige Erregung verpuffte jäh.
    »Dieser alte Knacker.« Sie wandte sich zum Gehen.
    »Seit er nicht mehr überall herumrennt und seine
Nase in alles steckt, ist es hier nicht mehr wie früher.« An der Tür blieb sie stehen und drehte sich um.
    »Kommst du in den Pausenraum? Wenigstens von der Beerdigung könntest du uns berichten.« Sie lächelte.
    »Abram hat in seinem Sarg richtig gut ausgesehen, findest du nicht?«
    »Du hast ihn gesehen?«, fragte Willa erstaunt.
    »Spencer hat es uns allen ermöglicht, ehe Abram fortgeschafft wurde. Wir wollten uns gemeinsam verabschieden. Dieser Spencer ist ein richtig netter Kerl … für einen Anwalt.« Sie runzelte die Stirn.
    »Mal abgesehen davon, dass er die Kaffeerunde auch zu der Verabschiedung eingeladen hat. Als die hereingekommen ist, war es um die Stimmung geschehen.« Sie hob ihr Kinn.
    »Das sind wirklich Typen, richtig zum Ärgern. Haben sich aufgeführt, als wäre Abram ihr bester Freund gewesen.«
    »Maureen, er hat jeden Morgen mit ihnen gefrühstückt. «
    »Trotzdem. Diese Doris Ambrose hat doch glatt ein Engelfigürchen in Abrams Sarg gesteckt und wie ein Baby geheult. Nachdem sie gegangen war, hat Silas den Engel zu Abrams Füßen gelegt, damit seine Enkelsöhne nicht glauben sollten, hier oben wären wir alle irgendwie durchgeknallt. Also, kommst du in den Pausenraum?«
    Willa seufzte.

    »Ich bin in einer Minute da und werde über Rosebriar, die Enkel und die Beerdigung berichten.«
    Maureen beeilte sich, es den andern mitzuteilen, und Willa nahm sich Zeit, das Badezimmer in Ordnung zu bringen. Ehe sie losgefahren war, hatte sie drei Tage lang Belehrungen über das richtige Verhalten bei einer Verwaltungsratssitzung über sich ergehen lassen müssen, und ihre Mentoren erwarteten nun, sämtliche Details vorgesetzt zu bekommen.
    Willa starrte in den Spiegel. Sie verdankte diesen redlichen Menschen, die sie in den letzten fünf Jahren tatkräftig unterstützt hatten, so viel, dass sie Aufrichtigkeit verdienten. Außerdem waren es größtenteils leitende Angestellte im Ruhestand mit jahrzehntelang angehäufter Erfahrung. Sicher konnten sie ihr helfen, einen Weg aus dem Erbschaftsdilemma zu finden.
    Willa ging aus dem Büro, den Korridor entlang und atmete den vertrauten und tröstlichen Duft von Hartholzharz ein. Wie hatte sie nur glauben können, jemals in den Sonnenuntergang hineinsegeln zu können? Sie gehörte hierher, nach Keelstone Cove, in ihren Betrieb und zu ihrer Adoptivfamilie, um die sie sich kümmern musste. Und zu Emmett,

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