Zaertliche Brandung - Roman
tat.
»Ja.«
»Einfach so? Sie kennen sie eine Woche und verlieben sich sofort wahnsinnig in sie?«
Er zuckte mit den Schultern.
»Nicht mit Absicht.«
»Ist das heutzutage der Preis für Liebe? Ein dickes Konto und ein paar Anteile an einem Unternehmen?«
Sam hob den großen Karton vom Bett und ging zur Tür.
»Nein«, sagte er leise, »es ist der Preis, den Ihre Schwester zu zahlen bereit sein muss, wenn sie ihre Seele zurückbekommen will.«
Sam entdeckte, dass ihm Maine gefiel – zumindest die Gegend um Keelstone Cove und Prime Point, die er nun aus erster Hand auf einer persönlich geführten Tour kennenlernte. Er hatte sich eben zu seinem Nachmittagsimbiss niedergelassen, als Jennifer und Cody Bates aus der Schule nach Hause gekommen waren. Jennifer hatte sich prompt für den neuen Wagen bei ihm bedankt und ihn kühn gebeten, er solle mit ihr Fahren üben.
Obwohl Emmett Sam darauf vorbereitet hatte, dass ihm mit Jennifer eine besondere Überraschung bevorstünde, hatte er zu erwähnen vergessen, dass das Mädchen nicht nur kecken Charme besaß, sondern auch bildhübsch war.
Shelby hatte blaue Augen, Jennifers Augen aber ähnelten eher dem aufregenden Blau von Willas Augen. Ihr langes Haar war glatter und etwas heller als jenes ihrer Tante und entschieden leichter zu bändigen. Aber immer, wenn das junge Mädchen den Kopf auf eine gewisse Weise schräg legte oder mit spitzbübischem Lächeln über die Schulter blickte, hatte Sam das unheimliche Gefühl, er hätte eine jüngere Willa vor sich.
Er hatte Jennifer mit gemischten Gefühlen beobachtet, als sie ein großes Stück Kuchen verschlang. Was, wenn Willa ihn heiratete und sie Kinder bekamen? Eine Tochter, die so schön wie Jennifer war? Ihre Teenagerzeit würde er nie überleben. Nicht, wenn er seine
Reaktion als Maßstab nahm, als Shelby sie nach einem bestimmten Jungen in der Schule fragte. Sam war richtig in Rage geraten, als Jennifer sagte, sie hätte gehört, der Junge wolle eine andere zum Schulball einladen.
War der Junge ein Idiot? Und noch blind dazu?
»Dieser Junge … ich glaube, er hieß Steve«, sagte Sam, als Jennifer den Wagen gekonnt über die schmale und kurvenreiche Straße lenkte.
»Du darfst es nicht persönlich nehmen, wenn er dich nicht zum Ball ausführt. Bis zum dreißigsten Lebensjahr sind alle Männer egozentrische Idioten.«
Jennifer warf ihm einen raschen Blick zu und sah dann wieder auf die Straße.
»Ich nehme sehr selten etwas persönlich. Das ist eine ärgerliche Angewohnheit meiner Tante.« Sie seufzte.
»Eigentlich habe ich Sie um die Fahrt gebeten, damit wir miteinander reden können, Mr. Sinclair. Sie sollen wissen, dass ich weiß, was in Abrams Testament stand.« Wieder warf sie einen flüchtigen Blick in seine Richtung und traf ihn diesmal voll mit ihrem Lächeln. Er glaubte schon, sein Herz bliebe stehen.
»Tatsächlich bedeutet Ihre Anwesenheit hier, dass ich eine Wette gewonnen habe. Also, sagen Sie mir, ob Sie ein Schlupfloch im Testament suchen wollen oder ob Sie versuchen werden, meine Tante zu heiraten? «
Sie wusste es? Und hatte sogar gewettet? Auf ihn?
»Wenn du mir alle möglichen körperlichen Strafen
androhst, falls ich deiner Tante das Herz breche, bist du nicht die Erste. Diese Standpauke haben mir schon Emmett und deine Mutter sowie Willas gesamte Belegschaft gehalten.«
Sie blinkte und bog in eine noch schmalere Straße rechts ab.
»Unterschätzen Sie Emmett nicht. Er stößt keine leeren Drohungen aus.«
»Ja, auch das hat er gesagt.«
»Na, was ist, bekomme ich einen neuen Onkel?« Sie beäugte ihn rasch und sah dann wieder lächelnd geradeaus.
»Sie wären ein großer Fortschritt gegenüber dem letzten. David Sommers sah aus wie ein Troll und hatte die Persönlichkeit eines Ziegenbocks.«
»Wie alt bist du?«, fragte Sam mit leisem Lachen.
»Emmett behauptet, ich wäre sechzehn bis sechzig. Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet, Mr. Sinclair.«
»Ich werde es vielleicht tun, wenn du mich Sam nennst.«
»Okay, Sam«, sagte sie und fuhr auf den Parkplatz eines kleinen Lagerhauses, das am Rand einer winzigen Bucht thronte. Sie schaltete den Motor aus und sah Sam an.
»Bitte sagen Sie mir, dass Sie ebenso klug sind wie Ihr Großvater und sehen können, wie sehr meine Tante jemanden verdient, der sie liebt.«
»Im wirklichen Leben gibt es keine edlen Ritter, Jennifer. Wie sehr ich Willa liebe, ist Nebensache, solange sie nicht fähig ist, sich selbst zu
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