Zaertliche Brandung - Roman
dritten Mal geliebt hatte, war sie bereit gewesen, ihn zum Admiral zu befördern. Und beim fünften Mal? Zum potenziellen Astronauten.
Sein Ego war vermutlich so aufgeblasen, dass es ein Wunder war, dass er noch durch die Türöffnung gepasst hatte, als er in den frühen Morgenstunden aus dem Haus geschlichen war.
Willa lauschte dem Wind, der draußen heulte und die Ankunft einer kanadischen Kaltfront ankündigte. Jede Wette, dass sie am Morgen ihren Atemhauch vor sich sehen würde, so kalt war es im Haus.
Und so einsam, dass sie am liebsten geweint hätte.
Hatte sie denn den Verstand eines Hummers, oder was? Nein, sogar Hummer besaßen einen angeborenen Überlebenstrieb. Sie aber war mit Sam vor fast drei Wochen ins Bett gekrochen, hatte ungeniert ihr Herz
aufs Spiel gesetzt, nur um ihre Hormone zum Schweigen zu bringen. Und letzten Abend hatte sie genau hier, auf dem Boden vor dem Feuer gespürt, wie ihre behütete kleine Welt in Stücke zersprang, als das Schicksal sie schließlich einholte.
Sie liebte Sam.
Sie wollte es nicht, doch da war es, in all seiner unverhüllten, erschreckenden Wahrheit. Was hatte Sam ihr gestern sagen wollen? Dass Leben passiert, ob wir es wollen oder nicht, und dass zuweilen das Schicksal einfach jenseits unserer Kontrolle ist?
Sie hatte diesen besonderen Teil ihres Lebens jahrelang unter Kontrolle gehabt, also was war schiefgegangen, zum Teufel? Sie wusste, dass sie nicht wirklich ihren Hormonen die Schuld geben konnte; die armen Dinger hatten nur ihren Job gemacht.
Also dann Abram. Alles war seine Schuld. Dieses dumme, verrückte, empörende Testament hatte ihre Träume in Gang gesetzt, in denen sie nicht mehr in ein leeres Haus zurückkehrte und eines Tages sogar vom Getrappel kleiner Füße geweckt würde.
Junge, Junge, sie hatte den Köder geschluckt.
Willa zog das Kissen unter ihrem Kopf hervor und drückte es an ihr Gesicht. Ein Jammer, wenn man entdecken musste, dass man es an Intelligenz nicht einmal mit einem Hummer aufnehmen konnte. Hummer waren Lebewesen, die nach dem Motto lebten, lieben und vergessen. Sie mussten nie zu Hause sitzen und um
einen geliebten Menschen bangen oder sich um das Glück eines anderen sorgen.
Mit einem tiefen Seufzer drückte Willa das Kissen auf ihren Bauch und blickte zwinkernd zur Zimmerdecke hinauf.
»Was soll ich nun tun?«, fragte sie das Universum, »soll ich Sam heiraten und alle gewinnen lassen?« Sie schnaubte.
»Nur werde ich die Babyklausel in Abrams Testament nicht erfüllen, was bedeutet, dass Waren Cobb noch immer Tidewater bekommt und Sam mit einer Frau geschlagen ist, die ihm aufs Auge gedrückt wurde.«
Glaubte sie, dass er sie liebte?
»Ich glaube, dass er mich lieben möchte. Vielleicht glaubt er es selbst. Woher soll ich wissen, wie das Bewusstsein dieses Menschen funktioniert?«
»Mit wem sprichst du?«, fragte Jennifer, die das Schlafzimmer betrat.
Mit einem leisen, erschrockenen Aufschrei zog Willa die Decke bis ans Kinn.
»O mein Gott, Jen, hast du mich erschreckt!«
»Entschuldige, Tantchen.« Ihr Lächeln stand im Widerspruch zu ihrer Entschuldigung. Ihre Augen wurden groß.
»Bist du wieder nackt? Cool. Ich glaube, ich fange auch damit an. Es muss wunderbar sein, wenn man sich nicht zehnmal pro Nacht in einem Nachthemd verheddert.«
»Was machst du hier in aller Herrgottsfrühe?«
»Ich bin da, um dich zu Emmett zu fahren. Er hat gesagt, du wolltest heute mit ihm an der RoseWind arbeiten. Unterwegs müssen wir am Laden anhalten, weil ich ein paar Sachen besorgen muss.«
»Deine Mom soll dich fahren. Ich weiß nicht, wie lange ich bei Emmett bleibe, und du musst dich für den Ball fertig machen. Außerdem dachte ich, du würdest nicht mit mir sprechen.«
»Das habe ich auch nicht, bis ich Sams neuen Wagen in der Nacht stundenlang neben deinem parken sah.« Sie ließ die Sachen, die sie im Arm hielt, mit einem ironischen Lächeln auf das Bett fallen.
»Hier. Das habe ich auf dem Boden verstreut vor dem Ofen gefunden.«
»Kleines Biest«, murmelte Willa, als das Mädchen sich umdrehte und in die Küche schlenderte.
»Hat Peg dir etwas Essbares mitgegeben?«, fragte sie und lief zum Schrank, um sich altes Zeug zur Arbeit herauszusuchen.
»Ja. Schinken und Eier und hausgemachten Toast«, rief Jen zurück. Ihre Worte klangen ein wenig gedämpft.
»Weil sie zum Glück für dich auch Sams Wagen letzte Nacht in der Einfahrt stehen sah.«
»Machst du dich wieder über mein Frühstück her?«
»Nur
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