Zärtlicher Eroberer
mit dem Stiel seines Brandyglases. „Es sei denn, man hätte mit Prinz Otto über die Regentschaft über ein unabhängiges Griechenland gesprochen. Dann käme dein Deutsch vielleicht ganz gelegen.“
„Ja, gut, dabei hatte ich möglicherweise ein wenig die Hand im Spiel. Die deutschen Abgesandten brauchten eine Begleitperson, und der Zeitpunkt war nicht der schlechteste, um wieder nach Hause zurückzukehren.“
Beldon lachte leise. „Du bist wirklich erstaunlich, Val. Warum stellst du dein Licht immer so unter den Scheffel? Warum hast du es zugelassen, dass die Gerüchte dich als ganz anderen Menschen erscheinen ließen?“
„Das war mir damals als Tarnung ganz recht. Und die Gerüchte sind ja nicht alle falsch. Am Anfang trat ich oft für meinen Onkel als Gastgeber auf, und ich musste noch ziemlich viel über internationale Politik lernen. Ich habe sehr viel Zeit auf Festen und Bällen verbracht und dabei gut zugehört. So lernte ich viel über Bündnisse und die Leute, die dahintersteckten. Ich bin sicher, von außen betrachtet muss es so ausgesehen haben, als stürzte ich mich von einem Vergnügen ins nächste.“
„Nun, ich bin jedenfalls stolz auf dich, und Vater wäre es ebenfalls“, erwiderte Beldon aufrichtig.
„Ich glaube, es wird Zeit, sich wieder zu den Damen zu gesellen“, wechselte Valerian geschickt das Thema. Er wollte kein Lob, und wenn er ehrlich überlegte, war Beldon zu einem begründeten Lob gar nicht in der Lage. Sein Freund kannte nur einen winzigen Teil von den Dingen, in die er wirklich verwickelt war. Er wusste nur, dass er mehrere Sprachen beherrschte und an ein paar hochrangigen Verhandlungen teilgenommen hatte. Eine Ahnung von der Diplomatie, die mit Messern, Schwertern oder Pistolen betrieben wurde, hatte er nicht. Und Beldon wusste ebenso nichts von den Männern, die er getötet hatte.
Er fragte sich, wie sein Freund wohl reagieren würde, wenn er von der Nacht in Negush erfuhr, als Valerian seine Waffe auf britische Verbündete gerichtet hatte, um Rebellen zu retten. Und erst Philippa – wie würde sie dazu stehen?
Im Musikzimmer plauderte Philippa angeregt mit Lilya, und es machte Valerian von Herzen froh, dass die beiden sich so gut verstanden. Er hoffte, dass Philippa Lilya durch die kommende Saison begleiten würde. Dann war diese achtzehn, und es wurde Zeit, ihr dabei zu helfen, einen Ehemann zu finden und ihren Hausstand in England zu gründen.
Valerian spielte eine Weile Klavier und überließ die Damen ihrem Gespräch. Beldon las ruhig in einem Buch, warf aber immer wieder verstohlene Blicke in Lilyas Richtung. Valerian hatte noch nie erlebt, dass sein Freund so angetan von einer Frau zu sein schien, und es amüsierte ihn. Beldon verbrachte viel Zeit damit, andere zu beobachten und die Dramen ihres Lebens zu analysieren; nur selten schenkte er seinem eigenen Leben die gleiche Aufmerksamkeit. Es würde ihm nur recht geschehen, wenn ihm selbst einmal etwas Aufregendes widerfahren würde. Vielleicht sollte Philippa in der kommenden Saison nicht nur Lilya, sondern auch Beldon ein wenig unter ihre Fittiche nehmen.
Das nächste Jahr versprach äußerst interessant zu werden. Valerian verspielte sich bei einer Strophe, weil ihm einfiel, dass dazu noch ein paar Voraussetzungen erfüllt sein mussten. Er war einfach davon ausgegangen, dass Philippa bis dahin mit ihm verheiratet und nächstes Jahr um diese Zeit die Viscountess St. Just sein würde. Es wurde Zeit, ihr einen Heiratsantrag zu machen; es gab keinen Grund mehr, das noch länger hinauszuzögern. Ihr Verhalten an diesem Tag hatte bewiesen, dass sie keinerlei Vorbehalte mehr gegen ihn hegte.
Dennoch sollte er damit aber besser noch ein paar Tage warten, bis sich die Aufregung über Lilyas und Konstantins Ankunft ein wenig gelegt hatte. Sie sollte den Antrag als etwas betrachten, das allein auf ihrer Liebe zueinander beruhte. Nicht einen Augenblick lang wollte er ihr den Eindruck vermitteln, dass er sie zu heiraten wünschte, weil er ihre Hilfe bei seinen Mündeln brauchte. Konstantin war noch klein, sie würden lange Zeit für ihn verantwortlich sein. Valerian war klar, dass er damit viel von Philippa verlangte, aber sie hatte den Jungen an diesem Tag so großherzig aufgenommen, und mit den Kindern auf dem Fest am St.-Pirans-Tag hatte sie sich aufrichtig amüsiert – wahrscheinlich würde es kein so großes Problem werden.
Doch die Sache mit seinen Mündeln war nicht der einzige Grund, warum er noch abwarten
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