Zärtlicher Eroberer
abgewiesen.
„Hast du noch weitere Geheimnisse, Val?“, wollte Philippa von ihm wissen.
„Im Moment fällt mir keins ein.“ Er zog sie zu sich auf seinen Schoß. „Aber es ist auch äußerst schwierig nachzudenken, wenn ich derart abgelenkt werde.“ Er küsste sie auf den Nacken und machte sich am Verschluss ihres Kleides zu schaffen. Sein Verlangen nach ihr war so stark geworden, dass er wusste, er würde sich nicht den ganzen Abend über beherrschen können. Er musste sie haben, auf der Stelle, wenn er sich nicht irgendwann im Lauf der nächsten Stunden mit ihr für ein kurzes Liebesspiel auf einem der Billardtische davonstehlen wollte.
Philippa lachte zwischen seinen heißen Küssen. „Glaubst du, wir haben noch Zeit dafür?“
„Ohne uns können sie mit dem Essen nicht anfangen“, erwiderte er grinsend und ließ sich mit ihr auf das Bett fallen.
Sie kamen zwanzig Minuten zu spät in den Salon, wo die anderen geduldig warteten, und wenn jemandem auffiel, dass Valerians Halstuch nicht ganz so sorgfältig gebunden war wie sonst, verlor derjenige kein Wort darüber.
Die Unterhaltung drehte sich um Lilyas Reise und um Neuigkeiten von Leuten, die Valerian kannte. Irgendwann lehnte er sich zu Konstantin, der links von ihm saß, und sagte etwas auf Koine-Griechisch zu ihm, der Sprache der Fanarioten. Er wollte sich umgehend nach einem Hauslehrer umsehen, damit Konstantin anfangen konnte, Englisch zu lernen. Er fragte sich, wo er einen finden konnte, der eine der Balkansprachen beherrschte. Konstantin konnte sich immerhin auch in Türkisch und Russisch verständigen. Es musste doch in London oder an einer der Universitäten jemanden geben, der in der Lage war, sich mit ihm zu verständigen!
„Du kannst es noch!“ Lilya war begeistert, Koine-Griechisch zu hören. Sie wandte sich an die Runde am Tisch. „Valerian ist so außergewöhnlich sprachbegabt. Er hat Koine gelernt, als er bei uns war, aber er spricht auch Französisch, Deutsch, Türkisch und Russisch.“
Valerian fühlte sich etwas unbehaglich bei so viel Lob, aber Philippa lächelte ihn an. „Ich hatte keine Ahnung davon, bis auf das Französische.“
„Es schien mir das Nützlichste für meine Arbeit zu sein“, erwiderte er. „Man kann sich nie ganz sicher sein, ob Verhandlungen wirklich fair geführt werden, auch nicht mit einem Dolmetscher, wenn man die Sprache nicht beherrscht.“ Konstantin, der neben ihm saß, fing nun zu gähnen an. Valerian war dankbar für diese Unterbrechung im genau richtigen Augenblick.
Die Frauen erhoben sich. „Lass uns Konstantin für die Nacht fertig machen, während die Herren ihren Portwein trinken“, schlug Philippa Lilya vor, und gemeinsam führten sie den schläfrigen Jungen aus dem Zimmer.
Einen Moment lang überließ Valerian sich der Fantasie, dass das sein Sohn und seine Frau waren, die gerade die Treppe hinaufgingen. Solchen Wunschvorstellungen gab er sich in letzter Zeit ziemlich häufig hin. Immer wenn er Philippa in ihrem kleinen Arbeitszimmer, beim Arrangieren von Blumen in den überall herumstehenden Vasen oder beim Besprechen des Tagesablaufs mit der Haushälterin beobachtete, konnte er sich Roseland ohne sie nicht mehr vorstellen.
„Deutsch? Du hast tatsächlich Deutsch gelernt?“, fragte Beldon.
„Ja. Es war gar nicht so schwer, denn es ist mit dem Englischen verwandt.“Valerian zwang sich, in die Gegenwart zurückzukehren.
Beldon dachte eine Weile nach und betrachtete seinen Freund prüfend. „Warst du deswegen über Weihnachten in London?“
„Wie bitte? Ich verstehe die Frage nicht ganz.“ Valerian machte ein betont verwirrtes Gesicht, so als könnte er keinen Zusammenhang zwischen seinen Deutschkenntnissen und seinem Aufenthalt in der Landeshauptstadt sehen.
Aber Beldon ließ sich nicht hinters Licht führen. „Es stimmt also. Es gab Gerüchte, die Russen und die Türken wären bereit, einen Frieden auszuhandeln. England und Frankreich sollten als Vermittler fungieren. Diese Verhandlungen finden zurzeit statt; die Zeitungen nennen sie das ‚Londoner Protokoll‘.“
„Dazu braucht man wohl kaum Deutschkenntnisse“, erwiderte Valerian und griff nach der Brandykaraffe. Es machte ihn immer befangen, über seine diplomatischen Fähigkeiten zu reden. Er wollte die Leute nicht zu der irrigen Annahme verleiten, er sei so etwas wie ein neuzeitlicher Ritter gewesen, der durch zerstörte Königreiche ritt und allein durch Diplomatie wieder für Frieden sorgte.
Beldon spielte
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