Zärtlicher Nachtwind - Kleypas, L: Zärtlicher Nachtwind - Tempt me at Twilight
ausstrecken.«
»Kommen Sie in mein Büro«, drängte Special Constable Hembrey und führte sie durch den Flur. »Dort haben wir ein bisschen mehr Ruhe, und ich kann Sie von den jüngsten Ermittlungen in Kenntnis setzen. Hinweise kommen herein … Leute behaupten, gesehen zu haben, dass Rutledge betäubt und nach China eingeschifft worden sei … dass man ihn in einem Bordell ausgeraubt habe … solche Dinge.«
Poppy und Valentine folgten Leo und Hembrey. »Das ist ja abstoßend«, sagte sie leise zu Valentine und blickte in die endlose Schlange von Hochstaplern. »So ein Schwindel und Getue in der Hoffnung, aus dem Unglück eines anderen Profit zu schlagen.«
Sie waren gezwungen, stehen zu bleiben, als Hem-brey versuchte, sich einen Weg zur Bürotür zu bahnen.
Einer der schwarzhaarigen Männer, der Poppy am nächsten stand, verbeugte sich theatralisch. »Harry Rutledge zu Ihren Diensten. Und wer sind Sie, schöne Frau?«
Poppy starrte ihn wütend an. »Mrs Rutledge«, sagte sie knapp.
Sofort rief ein anderer in ihrer Nähe: »Liebling!« Er streckte den Arm nach Poppy aus, aber sie wich zurück und sah ihn nur entsetzt an.
»Idioten«, murmelte Hembrey und erhob die Stimme. »Clerk! Finden Sie einen Ort, wo wir all diese verdammten Rutledges hinbringen können, damit sie uns hier nicht den Flur verstopfen.«
»Jawohl, Sir!«
Sie betraten das Büro, und Hembrey schloss die Tür fest hinter sich. »Freut mich, Sie kennenzulernen, Mrs Rutledge. Ich versichere Ihnen, wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um Ihren Mann ausfindig zu machen.«
»Mein Bruder, Lord Ramsay«, sagte sie, und Hem-brey verbeugte sich ehrerbietig.
»Wie ist der Stand der Ermittlungen?«, erkundigte sich Leo.
Hembrey ging zu Poppy, um ihr einen Stuhl hinzuschieben, während er sprach. »Ein Stalljunge, der sich in den Stallungen hinter dem Fechtclub aufhielt, will etwa zurzeit von Mr Rutledges Verschwinden zwei Männer gesehen haben, die die Leiche eines Mannes durch die Gasse zu einer wartenden Kutsche trugen.«
Poppy versteifte sich auf ihrem Stuhl. »Die Leiche?«, flüsterte sie, und kalter Schweiß brach ihr aus, Übelkeit stieg in ihr hoch.
»Ich bin sicher, er war nur bewusstlos«, beeilte sich Valentine ihr zuzuflüstern.
»Der Stalljunge erhaschte einen Blick auf die Kutsche«, fuhr Hembrey fort und kehrte auf seine Tischseite zurück. »Seiner Beschreibung nach war sie schwarz lackiert, mit einer kleinen Rosemaling-Verzierung auf dem Kofferraum. Die Beschreibung passt auf eine Brougham in den Stallungen von Mr Kinlochs Wohnhaus in Mayfair.«
»Was nun?«, wollte Leo wissen, seine blauen Augen blickten hart.
»Ich werde ihn mir noch einmal vorknöpfen. Dann werden wir Mr Kinlochs weitere Besitztümer in Augenschein nehmen – seine Waffenfabrik und sonstigen Immobilienbesitz in der Stadt – und Durchsuchungsbefehle erwirken, um alle Gebäude systematisch durchzugehen.«
»Woher wissen Sie so genau, dass er Rutledge nicht in seinem Haus in Mayfair versteckt hält?«, fragte Leo.
»Ich habe jeden Zentimeter höchstpersönlich nach ihm abgesucht. Und ich kann Ihnen versichern, dort ist er nicht.«
»Ist der Durchsuchungsbefehl noch gültig?«, ließ Leo nicht locker.
»Ja, Mylord.«
»Dann könnten Sie also noch einmal zu Kinlochs Haus fahren und eine erneute Durchsuchung vornehmen? Jetzt sofort?«
Der Special Constable blickte verblüfft drein. »Ja, aber zu welchem Zweck?«
»Ich würde da gerne mal ein bisschen herumschnuppern, wenn ich darf.«
Ein Anflug von Verärgerung blitzte in Hembreys dunklen Augen auf. Offensichtlich war Leos Bitte für ihn nichts weiter als wichtigtuerische Selbstdarstellung. »Mylord, wir haben Haus und Grundstück vollständig und gewissenhaft durchsucht.«
»Daran habe ich keinen Zweifel«, erwiderte Leo. »Aber ich habe vor einigen Jahren eine Ausbildung zum Architekten gemacht, und ich könnte mir das Gebäude einmal aus dieser Perspektive ansehen.«
Jake Valentine meldete sich zu Wort. »Sie glauben, es könnte einen versteckten Raum geben, Mylord?«
»Wenn es einen gibt«, meinte Leo fest entschlossen, »werde ich ihn finden. Und wenn nicht, wird Kinloch sich zu Tode ärgern, und das dürfte auch einen gewissen Unterhaltungswert haben.«
Poppy hielt den Atem an, als sie auf die Antwort des Special Constable warteten.
»Also gut«, war Hembrey schließlich einverstanden. »Ein Konstabler wird mit Ihnen hinfahren, während ich Kinloch zum Verhör vorladen lasse.
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