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Zärtlicher Nachtwind - Kleypas, L: Zärtlicher Nachtwind - Tempt me at Twilight

Zärtlicher Nachtwind - Kleypas, L: Zärtlicher Nachtwind - Tempt me at Twilight

Titel: Zärtlicher Nachtwind - Kleypas, L: Zärtlicher Nachtwind - Tempt me at Twilight Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Augen.
    »Hier entlang«, sagte Harry und führte sie ans Ende des Balkons, der sich beinahe über die gesamte Breitseite des Gebäudes erstreckte. Darunter lag der Rasen wie ein stiller Ozean. Harry schob Poppy in eine halbdunkle Ecke. Er griff in seine Manteltasche und zog ein frisch gebügeltes Taschentuch aus feinstem Leinen hervor, um es Poppy zu geben.
    Poppy tupfte sich die Augen trocken. »Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll«, sagte sie immer noch schluchzend. »Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen. Sie waren so freundlich, mich zum Tanz aufzufordern, und nun müssen sie einer Heulsuse Gesellschaft leisten.«
    Harry war sichtlich amüsiert. Er stützte sich mit einem Ellbogen auf das Balkongeländer und sah Poppy an. Die Ruhe, die von ihm ausging, tröstete sie. Er wartete geduldig, als wüsste er, dass er ihre verletzte Seele nicht mit Worten heilen konnte.
    Poppy ließ den Atem langsam durch ihren Körper fließen und spürte, wie die kühle Nachtluft und gesegnete Stille ihrem Schmerz Linderung verschafften. »Mr Bayning wollte um meine Hand anhalten«, brach es plötzlich aus ihr heraus. Sie putzte sich mit einem kindlichen Schnauben die Nase. »Aber er hat es sich anders überlegt.«
    Harry sah sie prüfend an. Seine katzenartigen Augen funkelten in der Dunkelheit. »Welche Entschuldigung hat er vorgebracht?«
    »Sein Vater war mit der Partie nicht einverstanden.«
    »Und das überrascht Sie?«
    »Ja«, verteidigte sie sich. »Er hat mir Hoffnungen gemacht.«
    »Männern in Baynings Position ist es nur selten möglich, frei zu wählen, wen sie heiraten. Es gibt viel mehr zu berücksichtigen als ihre persönlichen Vorlieben.«
    »Wichtigeres als Liebe?«, fragte Poppy mit erbitterter Heftigkeit.
    »Gewiss.«
    »Letzten Endes ist die Ehe doch nicht anderes als die Verbindung zweier liebender Menschen, die von ein und demselben Gott erschaffen sind. Nicht mehr und nicht weniger. Klingt das naiv?«
    »Ja«, antwortete er kategorisch.
    Poppys Mundwinkel zuckten, obwohl sie weit davon entfernt war, Belustigung zu empfinden. »Wahrscheinlich habe ich einfach zu viele Märchen gelesen. Der Prinz erlegt den Drachen, besiegt den Bösewicht und heiratet das Dienstmädchen, um sie auf sein Schloss mitzunehmen.«
    »Märchen lesen sich am besten zur Unterhaltung«, erwiderte Harry. »Nicht als ein Ratgeber fürs Leben.« Wohlüberlegt zog er sich die Handschuhe aus und steckte sie in eine seiner Manteltaschen. Dann stützte er sich mit beiden Unterarmen auf das Geländer und sah sie von der Seite an. »Und was macht das Dienstmädchen, wenn der Prinz sie verlässt?«
    »Sie geht nach Hause.« Poppys Finger krallten sich in das feuchte zerknüllte Taschentuch. »Ich bin für London und all sein Blendwerk nicht geeignet. Ich möchte nach Hampshire zurückkehren, wo ich in Frieden ein ländliches Leben führen kann.«
    »Wie lange?«
    »Für immer.«
    »Und einen Bauern heiraten?«, fragte er ungläubig.
    »Warum nicht.« Poppy tupfte sich die letzten Tränen aus den Augen. »Ich würde eine wunderbare Bauersfrau abgeben. Ich kann gut mit Kühen umgehen. Ich weiß, wie man Hotchpotch macht. Und ich könnte die Ruhe und den Frieden für meine Lektüre nutzen.«
    »Hotchpotch? Was ist das?« Harry schien ein ungebührliches Interesse an dem Thema zu haben. Er beugte sich weit zu ihr herunter, damit ihm kein Wort entging.
    »Eine Erntefest-Gemüsesuppe.«
    »Wer hat Ihnen gezeigt, wie sie gemacht wird?«
    »Meine Mutter.« Poppy dämpfte ihre Stimme, als gebe sie streng vertrauliche Informationen weiter. »Das Geheimnis«, sagte sie weise, »ist ein Schuss Ale.«
    Sie standen viel zu dicht beieinander. Poppy wusste, dass sie eigentlich einen Schritt zurückgehen sollte. Doch die Nähe gab ihr ein Gefühl von Geborgenheit, und sein Duft war frisch und betörend. Die Nachtluft war so kühl geworden, dass sich an ihren nackten Unterarmen eine Gänsehaut bildete. Wie groß und warm er war! Sie wollte sich an ihn schmiegen und in seinem Mantel vergraben wie eines von Beatrix’ kleinen Haustieren.
    »Sie sind nicht zur Bauersfrau bestimmt«, meinte Harry.
    Poppy warf ihm einen kläglichen Blick zu. »Sie meinen, kein Bauer würde mich haben wollen?«
    »Ich denke«, sagte er langsam, »dass Sie einen Mann heiraten sollten, der Sie zu schätzen weiß«
    Poppy machte ein langes Gesicht. »Die sind leider Mangelware.«
    Er lächelte. »Es macht nichts, wenn es nur wenige gibt. Einer reicht.« Er legte seine Hand auf Poppys

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