Zärtlicher Nachtwind - Kleypas, L: Zärtlicher Nachtwind - Tempt me at Twilight
phral , nicht drohen, ihn zu zerstückeln.«
»Das ist keine Drohung«, murmelte Merripen, »sondern eine Verheißung.«
Harry blickte Merripen offen an. »Ich weiß Ihre Sorge um Poppy zu würdigen. Und ich versichere Ihnen, dass ich alles in meiner Macht Stehende tun werde, um sie glücklich zu machen. Meine Frau soll alles haben, was sie sich wünscht.«
»Ich glaube, eine Scheidung wäre ganz oben auf der Liste«, sinnierte Leo laut.
Harry blickte Merripen kühl an. »Ich möchte doch betonen, dass Ihre Schwester mich freiwillig geheiratet hat. Michael Bayning hätte den Mumm haben sollen, zur Kirche zu kommen und sie, wenn nötig, eigenhändig hinauszutragen. Aber das hat er nicht. Und wenn er nicht einmal bereit war, für sie zu kämpfen, dann hat er sie auch nicht verdient.« An Merripens Blinzeln erkannte er, dass der Punkt an ihn ging. »Obendrein, warum sollte ich Poppy nach diesen Anstrengungen, die es mich gekostet hat, sie zu meiner Frau zu machen, irgendetwas Schlechtes wollen?«
»Welche Anstrengungen?«, erkundigte sich Merripen argwöhnisch, und Harry begriff, dass er noch nicht die ganze Geschichte kannte.
»Vergiss es!«, wandte sich Leo an Merripen. »Wenn ich es dir jetzt erzählen würde, könntest du dich nicht beherrschen, auf Poppys Hochzeit eine peinliche Szene zu machen. Und das ist schon meine Aufgabe.«
Sie tauschten einen vielsagenden Blick aus, und Merripen murmelte etwas auf Romani.
Leo lächelte matt. »Ich habe keine Ahnung, was du eben gesagt hast. Aber ich nehme an, es ging darum, Poppys frisch Angetrauten mit dem Kopf voran in den Waldboden zu schlagen.« Er machte eine Pause, dann fügte er hinzu: »Das kommt später, mein Freund.« Und wieder herrschte ein grimmiges Einverständnis zwischen den beiden.
Merripen nickte kurz und verschwand, ohne Harry noch eines Blickes zu würdigen.
»Und heute ist er noch gut gelaunt«, bemerkte Leo, während er seinem Schwager nachblickte. Dann wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Harry zu. Plötzlich war sein Blick erfüllt von einem Lebensüberdruss, als stünde er am Ende eines langen Lebens. »Ich fürchte, Merripens Sorgen sind durch Worte nicht aus der Welt zu schaffen. Er lebt in unserer Familie, seit er ein kleiner Junge ist, und das Wohlergehen meiner Schwestern bedeutet ihm alles.«
»Ich werde Ihrer Schwester ein guter Ehemann sein«, sagte Harry.
»Ich bin sicher, Sie werden sich Mühe geben. Und ob Sie’s glauben oder nicht, ich hoffe wirklich, dass es Ihnen gelingt.«
»Danke.«
Leo warf ihm einen scharfen Blick zu, der jeden Mann mit einem Gewissen besorgt gestimmt hätte. »Übrigens werde ich morgen nicht mit meiner Familie nach Hampshire zurückkehren.«
»Geschäfte in London?«, erkundigte sich Harry höflich.
»Ja, ein paar letzte parlamentarische Verpflichtungen. Und ein bisschen Architektur – eine kleine Liebhaberei von mir. Aber in erster Linie bleibe ich wegen Poppy. Wissen Sie, ich gehe davon aus, dass sie recht bald von hier fort will, und ich beabsichtige, sie nach Hause zu begleiten.«
Harry grinste verächtlich. Die Dreistigkeit seines neuen Schwagers amüsierte ihn. Hatte Leo eigentlich eine Ahnung, wie leicht Harry ihn ruinieren konnte? »Seien Sie vorsichtig«, meinte Harry mit sanfter Stimme.
Es war entweder ein Zeichen von Naivität oder von Tapferkeit, dass Leo nicht zurückzuckte, nicht einmal blinzelte. Tatsächlich lächelte er sogar, obgleich kein Humor darin lag. »Sie scheinen da etwas nicht zu verstehen, Rutledge. Es ist Ihnen zwar gelungen, Poppy zu heiraten, aber Sie verfügen nicht über das, was es braucht, um sie zu halten. Und darum werde ich nicht weit weg sein. Ich werde da sein, wenn sie mich braucht. Und sollten Sie ihr auch nur irgendetwas antun, wird ihr Leben keinen Heller wert sein. Kein Mensch ist unantastbar – nicht einmal Sie.«
Ein Zimmermädchen half Poppy aus ihren Hochzeitsgewändern und legte ihr einen einfachen Morgenrock um. Dann brachte sie ihr ein Glas Champagner mit Eis und zog sich taktvoll zurück.
Dankbar für die Stille der privaten Räume, saß Poppy an ihrem Toilettentisch und löste langsam die Haarnadeln aus ihrem Haar. Ihr Mund schmerzte vom ständigen Lächeln, und die winzigen Stirnmuskeln waren angespannt. Sie trank den Champagner und machte sich daran, mit langen Bürstenstrichen ihr Haar zu kämmen, das in mahagonifarbenen Wellen herabfiel. Die harten Wildschweinborsten erzeugten auf ihrer Kopfhaut ein wohlig prickelndes
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