Zärtlicher Sturm
einfach, ihren Spuren zu folgen?«
»Billy weiß, wie man Spuren verwischt.«
»Aber wie konnten Sie dann wissen …«
»Ich habe eine Zeitlang in diesen Bergen gelebt. Ich habe selbst Wildpferde eingefangen. Billy und ich haben diese Stelle öfter aufgesucht.«
Natürlich kannte er sich hier aus. Lucas hatte ihr doch erzählt, daß Slade acht Jahre lang in der Wildnis gelebt hatte. Und die streunenden Indianer, von denen er gesprochen hatte? Wahrscheinlich kannte er sie sogar persönlich!
Sie glitt vom Pferd, stützte dabei ihre Hände auf seine Schultern und ließ sich von ihm auf den Boden heben. Doch dann ließ er sie nicht los. Ehe sie ihre Arme fallen lassen konnte, riß er sie an sich und preßte seinen Mund gierig auf ihre Lippen. Sie konnte nicht mehr klar denken. Ihr blieb nicht einmal die Zeit, sich zu wehren, ehe ihr Körper sie im Stich ließ und diese plötzlichen Wogen von glühender Hitze auskostete, die sie durchströmten und ihr schwindlig vor Augen werden ließen. Ihre Arme legten sich aus eigenem Antrieb um seinen Hals.
Ein ersticktes Stöhnen entrang sich ihm, und er ließ sie abrupt los. Sie taumelte rückwärts gegen das Pferd. Was hatte ihn diesmal zurückgehalten? Seine Augen funkelten gefährlich, aber war das, was sie dort sehen konnte, Begierde oder Zorn?
Wortlos packte er ihr Handgelenk und zerrte sie hinter sich her durch einen Hohlweg, der zwischen Felsmauern verlief. Sie konnte sich nicht von ihm losreißen. Sie hatte keine Macht über ihn – und auch nicht über ihr eigenes Los. Entweder Lucas war hier, am Ende dieses Weges, oder sein berüchtigter Bruder würde sie innerhalb kürzester Zeit schänden.
18
Der Anblick der Pferde, die an der Felswand festgebunden waren, machte Sharisse vor Erleichterung ganz benommen. Billy kauerte an einem Feuer und grillte Fleisch. Er sah erstaunt auf, als Slade Sharisse durch eine schmale Öffnung zwischen den Felswänden auf den kleinen freien Platz stieß.
Die Felswände endeten abrupt, und die gesamte Kulisse war von der untergehenden Sonne in ein blutrotes Licht getaucht.
Billy stand auf. Er war genauso gekleidet wie beim ersten Mal, als sie ihn gesehen hatte; er sah wie ein Wilder aus.
»Weshalb hast du sie hierhergebracht?« fragte Billy gereizt.
»Sie wollte Lucas suchen«, erwiderte Slade tonlos.
Sharisse entfernte sich eilig von ihm und stellte sich dichter neben Billy. Billy machte sie doch nicht ganz so nervös wie Slade. »Wo ist Lucas?«
»Du bist verrückt«, teilte Billy ihr in aller Direktheit mit. »Morgen hätten wir uns ohnehin auf den Heimweg gemacht.«
»Und woher hätte ich das wissen sollen?« sagte Sharisse trotzig. »Bitte, wo ist Lucas?«
Slade stand neben ihr, ehe Billy antworten konnte.
»Schön, dich wiederzusehen, Billy.«
»Ich habe mich schon gefragt, ob du überhaupt wiederkommst.« Billy war jetzt ganz entspannt und strahlte ihn freudig an.
Slade zuckte die Achseln. »Luke scheint auch allein zurechtzukommen. Mit deiner Hilfe natürlich«, fügte er mit einem Blick auf die eingepferchten Pferde hinzu. »Wie viele gehören ihm?«
»Mehr als die Hälfte«, sagte Billy fröhlich. »Du hast ihm einiges beigebracht, ehe du gegangen bist.«
»Billy, wo ist Lucas?« fragte Sharisse mit scharfer Stimme.
»Irgendwo da hinten.« Er wies mit einer Kopfbewegung auf den Ausgang dieses Platzes, der dem, durch den sie gekommen waren, gegenüberlag. »Ich habe ihn den ganzen Tag noch nicht gesehen«, erklärte Billy. »Er hat einen jungen Falben gefangen, der sich in der Herde rumgetrieben hat, solange der Hengst fort war. Wir konnten ihn nicht bei den Stuten lassen. Ihm stand soviel Pferdefleisch zur Auswahl, daß er keine Ruhe geben wollte.« Er grinste, weil er fand, dieses Thema müsse in ihren Ohren schrecklich heikel sein, und merkte nicht, daß sie absolut keine Vorstellung davon hatte, wovon er eigentlich sprach. »Wir mußten ihn wegbringen, damit er sie nicht mehr riechen kann. Ich schätze, Luke hat sich entschlossen, ihm Gesellschaft zu leisten.«
Sharisse starrte in den schmalen Weg zwischen den Felswänden. Es wurde jetzt mit jedem Augenblick dunkler. Was war, wenn Lucas sich entschied, die ganze Nacht über nicht in dieses Lager zurückzukehren?
Sie warf Slade einen zögernden Blick zu und stellte fest, daß er sie mit belustigten Blicken beobachtete. Sie rückte wieder von ihm ab und lief um das Feuer herum. Sein Lachen ließ ihr Schauer über den Rücken laufen.
»Hol doch bitte mein
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