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Zaertliches Duell

Zaertliches Duell

Titel: Zaertliches Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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hin und her und sagte unbekümmert: »Es ist Zeit zu gehen. Wollen Sie mitkommen, mein Goldmädchen?«
    Miss Morland sprach zum erstenmal, mit gefaßter, unbeirrter Stimme. »Natürlich werde ich mitkommen, Sir«, sagte sie.
    Carlingtons Augen blitzten. »Ich bin betrunken, wissen Sie?«
    »Ja«, sagte sie.
    Er schüttelte sich vor Lachen. »Bei Gott, ich bewundere Ihren Mut! Nun, kommen Sie!«
    Sir Thomas wollte vorstürzen, taumelte hart gegen den Tisch und hielt sich an ihm fest. »Verflucht, Sie sind verrückt! Ralph, das geht nicht – die Wette ist ungültig – das war nur ein Scherz – das geht zu weit!«
    »Spielen oder zahlen!« erwiderte der Marquis, während ein nicht gerade freundliches Lächeln seine Lippen kräuselte.
    Sir Ralph erhob seine Augen und sah seine Schwester verdrossen an. Sie erwiderte den Blick unbefangen und wandte ihre Aufmerksamkeit dann Carlington zu. »Ich glaube«, sagte sie ruhig, »ich täte besser daran, einen Mantel zu holen, wenn wir jetzt fortwollen, Sir.«
    Der Marquis geleitete sie zur Tür, öffnete sie und rief nach seinem Wagen. Miss Morland verließ den überheizten Raum und durchschritt die Halle zur Treppe.
    Als sie wenige Minuten später wieder herunterkam, im Mantel, ein kleines Hütchen auf dem Kopf und eine Putzschachtel in der Hand, hatte sich in der Halle ihr Bruder zu dem Marquis gesellt und lehnte mit finsterem Blick an der Haustüre. Der Marquis trug einen taillierten Reisemantel aus graubraunem Stoff mit abgestuften Schulterkragen und Knöpfen aus Perlmutter so groß wie Fünfshillingmünzen. Er hielt einen Zylinder und ein Paar hellbraune Lederhandschuhe in der einen Hand, einen Elfenbeinstock in der andern, und er zelebrierte wieder eine Verbeugung, als Miss Morland gemessenen Schritts durch die Halle auf ihn zukam.
    »Wenn du jetzt mitgehst, kannst du bei Gott nicht mehr zurück«, sagte Sir Ralph.
    Miss Morland legte ihre Hand auf Carlingtons dargebotenen Arm. »Ich werde nie mehr zurückkommen«, sagte sie.
    »Ich meine es ernst!« drohte Sir Ralph.
    »Und ich«, erwiderte sie, »ich habe drei Jahre unter deiner Vormundschaft gestanden. Kannst du dir nicht vorstellen, daß ich eher sterben würde, als in dieses Haus zurückzukommen?«
    Er wurde rot und wandte sich an den Marquis. »Sie sind verrückt, sie mitzunehmen!«
    »Verrückt oder betrunken, was tut’s?« sagte Carlington und öffnete die Haustür.
    Sir Ralph hielt ihn am Mantel fest. »Wohin wollen Sie?« fragte er.
    Carlington brach in ein wildes Gelächter aus. »Nach Gretna!« antwortete er, schlang seinen Arm um Miss Morlands Taille und drängte sie aus dem Haus in den nebeligen Morgen hinaus.
    Seine vierspännige Kutsche wartete bereits am Fuß der Treppe. Die Vorreiter froren auf ihren Sätteln, und einer von Sir Ralphs Bedienten hielt die Wagentür offen.
    Die schneidend kalte Morgenluft übte auf den Marquis eine unerwartete Wirkung aus. Er taumelte und mußte sich an der Schulter des Lakaien festhalten, um aufrecht zu bleiben. Immerhin war er imstande, in Miss Morlands Richtung eine neuerliche Verbeugung anzudeuten und ihr dann in die Kutsche zu helfen.
    Sir Ralphs Haus befand sich in Hadley Green. Da der Marquis von London an den Stadtrand gefahren war, um am Spielabend teilzunehmen, hatten die Vorreiter den Wagen für die Heimfahrt südwärts ausgerichtet vorgefahren. Als sie die Weisung erhielten, nach Gretna Green zu fahren, waren sie zunächst derart überrascht, daß sie Mund und Augen aufrissen, doch als Carlington, gestützt von dem Bedienten, in den Wagen kletterte, versuchte der eine Vorreiter ihm klarzumachen, daß Gretna Green gut und gern dreihundert Meilen entfernt und Seine Lordschaft für eine so weite Reise überhaupt nicht gerüstet sei. Doch der Marquis wiederholte nur »Gretna!«, schlüpfte in den Wagen und sank neben Miss Morland auf den Sitz.
    Den Vorreitern entging es nicht, daß ihr Herr schwer betrunken war, doch sie kannten ihn gut genug, um zu wissen, daß er, mochte er es am Morgen auch bedauern, ihnen befohlen zu haben, nach Norden zu fahren, seinen Befehl nicht widerrufen würde. Er würde sie weniger tadeln, ihm gehorcht, als seine Befehle mißachtet zu haben, um ihn sicher nach Hause zu bringen. Sobald also die Trittbretter hochgeklappt waren, wendeten sie die Kutsche und fuhren in Richtung nördliche Stadtausfahrt los.
    Der Marquis ließ seinen Hut zu Boden gleiten und drückte seinen hübschen Kopf gegen die blauen Samtkissen. Er drehte sich ein wenig

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