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Zaertliches Duell

Zaertliches Duell

Titel: Zaertliches Duell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georgette Heyer
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die Bibliothek zu kommen, Mylord?«
    »Danke.« Rotherfield wandte sich um und lächelte Dorothea zu. »Ich muß Sie nun verlassen, aber ich hoffe, Lady Saltwood wird mir gestatten, morgen meine Aufwartung zu machen.«
    »Ja bestimmt, ich bin überzeugt – das heißt, ich hoffe, sie wird es tun«, sagte Dorothea treuherzig.
    In seinen Augen blitzte ein amüsiertes Lächeln auf, doch er verbeugte sich gemessen und schritt mit Saltwood hinaus. Sie blieb in einem Sturm der Gefühle zurück, der vor allem von der Furcht genährt wurde, Lady Saltwood könnte sich infolge ihres mißlichen Gesundheitszustandes der Anstrengung nicht gewachsen fühlen, Seine Lordschaft zu empfangen.
    Als Saltwood bald darauf in den Salon hinaufging und aussah, als hätte er gerade einen schweren Schicksalsschlag erlitten, wuchs in Dorothea die Überzeugung, daß ihm die Wahrheit über ihr kühnes Handeln enthüllt worden war. Sie floh deshalb in das Heiligtum ihres Schlafzimmers und ließ dort einem heftigen Tränenstrom freien Lauf. Aus diesem unendlichen Leid wurde sie jedoch durch die unverkennbaren Geräusche eines hysterischen Anfalls ihrer Schwester gerissen. Hastig trocknete sie ihre Wangen und eilte die Treppe hinunter, um ihre Hilfe anzubieten und um vor allem aber ihrer Mutter bei dieser schweren Prüfung beizustehen. Doch zu ihrem Erstaunen fand sie Lady Saltwood, die sie leidend auf dem Sofa zurückgelassen hatte, nicht nur wohlauf, sondern auch bemerkenswert frisch aussehend vor. Und zu ihrer Verwunderung bedachte ihre Mutter sie mit den zärtlichsten Umarmungen und rief dabei: »Mein liebstes, bestes Kind! Ich muß gestehen, ich bin völlig überrascht. Rotherfield! Und du eine Gräfin! Du schlaues kleines Kätzchen, mir nie zu erzählen, daß du ihn kennengelernt hast! Und das, ohne in die Gesellschaft eingeführt worden zu sein! Das muß nun sofort nachgeholt werden! Er wird mir morgen seinen Besuch abstatten. Gottlob hast du Augustas Kleidergröße. Du mußt das apfelgrüne Seidenkleid anziehen, das Celestine eigens für sie gemacht hat. Ich wußte, wie es sein würde – im Augenblick, da du debütierst. Noch nie in meinem Leben war ich so glücklich!«
    Völlig verwirrt sagte Dorothea: »In die Gesellschaft eingeführt? Und ich soll Augustas neues Kleid tragen? Warum, Mama?«
    »Mein unschuldiges Schätzchen«, rief Lady Saltwood. »Sag, mein Liebes – du weißt ja, ich kenne ihn kaum –, hast du Lord Rotherfield gern?«
    »Oh, Mama!« erwiderte Dorothea leidenschaftlich. »Er ist genauso wie Sir Charles Grandison und Lord Orville, nur viel, viel besser!«
    »Liebste Dorothea«, seufzte Ihre Ladyschaft hingerissen. »Charly, steh nicht so herum! Geh und beruhige Augusta augenblicklich mit einem Guß Wasser. Jetzt ist wahrhaftig keine Zeit für hysterische Anfälle!«

Glücksspiel
    Das Mädchen stand ruhig im Licht der flackernden Kerzen, die Hände gefaltet, und keine Spur von Farbe in den Wangen. Sie trug ein einfaches Musselinkleid mit blauen Bändern und keinen Schmuck außer dem Stirnreif, der ihr Goldhaar umspannte. Sie sah weder auf ihren Halbbruder noch auf einen der fünf anderen Männer, die um den Tisch in der Mitte des überheizten Zimmers saßen. Dennoch wußte sie, wer zugegen war; sie hatte alle mit einem raschen Blick erfaßt, als sie den Raum betrat. Da war Lord Amberfield, über den Tisch gelümmelt, den Kopf in die Arme gebettet, Mr. Marmaduke Shapley, nicht so betrunken wie Amberfield, auf einem Stuhl hängend und leise kichernd, Sir Thomas Fort, ein wenig triefäugig, hochrot im Gesicht, Mr. Lionel Winter, idiotisch vor sich hin lächelnd, und Marquis Carlington mit wirren schwarzen Locken, die exquisite Krawatte zerknittert, die schmalen Wangen hektisch gerötet, einen unruhigen Blick in seinen glänzenden Augen.
    Und da war noch Ralph, ihr Halbbruder, auf dessen herrischen Wink sie ihr Bett verlassen und sich angekleidet hatte, um zu früher Morgenstunde in diesen verrauchten Raum hinunterzugehen. Er lag halb in seinem Sessel, mit der einen Hand den Würfelbecher umklammernd, während die andere das leere Glas zu füllen versuchte. Etwas Wein floß auf das grüne Tuch, das über den Tisch gespannt war. Sir Ralph fluchte und schob die Flasche seinem Nachbarn zur Linken hin. »Schenk nach, Lionel, schenk nach!« befahl er rülpsend. »Nun, Mylord, nun, Carlington? Sie wollen weiterspielen, wie? Aber ich bin total blank, verstehen Sie? Habe nur noch ein Ding, das ich verwetten kann, und das ist

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