Zärtliches Spiel mit dem Feuer
selbst gar nicht besonders erfreut über diese Idee zu sein schien.
„Weshalb?" fragte sie.
„Weshalb?" wiederholte er.
„Ja. Weshalb wollen Sie sie denn heiraten?"
„Ich ... Nun, letzte Nacht ... äh ..."
„Letzte Nacht ... äh?" wiederholte sie verärgert. Dieses „äh" beleidigte sie, weil es das, was für sie ein wunderbares Erlebnis war, zu einer Geschmacklosigkeit herabzuwürdigen schien.
„Was heißt ,äh'?"
„Mir ist bewusst, dass ich einfach nicht mehr besonders glaubwürdig bin."
„Nicht besonders glaubwürdig?" Charlie fasste es nicht.
„Ich hatte euch beiden meinen Schutz angeboten und benahm mich dann schlecht", fuhr Radcliffe fort, als hätte Charlie ihn gar nicht unterbrochen. „Mein Fehltritt tut mir auch furchtbar Leid, nur ..."
So hatte er sich die Angelegenheit nicht vorgestellt. Weshalb musste er auch die Ereignisse der letzten Nacht erwähnen? Weil sie ihm schwer aufs Gewissen drückten, natürlich. Und weil er sie wiederholen durfte, falls er Elizabeth ehelichte.
Nein, berichtigte er sich sofort. Er würde Elizabeth nicht heiraten, um mit ihr schlafen zu können, und er hatte sich zu einer Ehe bereits entschieden, bevor er mit ihr ins Bett gegangen war. Was vergangene Nacht geschehen war, hieß lediglich, dass sie umgehend heiraten mussten, damit ein etwaiges Kind nicht allzu bald nach der Hochzeit geboren wurde.
„Was sagten Sie soeben?"
Radcliffe räusperte sich. „Wieso? Was sagte ich denn?"
„Dass Ihnen der Fehltritt Leid tue, und weiter?"
„Ach so, ja, natürlich." Er runzelte die Stirn. „Nun, das ist nicht so wichtig."
„Was Sie mit meiner Schwester letzte Nacht getan haben, ist nicht so wichtig?"
Radcliffe blickte den Burschen argwöhnisch an. Dessen Verhalten hatte jetzt etwas entschieden Bedrohliches an sich. „Selbstverständlich ist es wichtig", versuchte er sich herauszureden. „Doch es hat tatsächlich nichts damit zu tun, dass ich bereit bin, deine Schwester zu heiraten."
„Sie wollen meine Schwester also heiraten, weil... ?" Der Junge wartete ab.
„Damit niemand anders es tun kann." Verdammt, das klang überhaupt nicht gut. „Ich meine, ich bin bereit, die Konsequenzen meines Tuns zu tragen und deine Schwester bei der ersten Gelegenheit zu ehelichen."
„Die Konsequenzen zu tragen? Und was ist mit Liebe?"
„Liebe?" Diese Frage verwirrte Radcliffe ungemein. „Nun, ich glaube nicht ..." Er sprach nicht weiter, denn er hätte beinahe gesagt, er glaube nicht, dass dieses Thema im Augenblick zur Debatte stünde.
Ganz abgesehen davon, dass seine Gefühle in diesem Zusammenhang recht wirr waren: Im einen Moment schaute er Elizabeth an, ihm wurde heiß vor Verlangen, und sie kam ihm wie das aufregendste Geschöpf der Welt vor. Doch wenn er sie dann im nächsten Moment sah, war sie still und zurückhaltend, und er fühlte sich ihr nicht mehr zugetan als ein guter Onkel.
Seine Reaktion auf den Jungen hier vor ihm war ebenso verwirrend. „Ich glaube nicht..."
Der Bursche wandte sich ab. Er war blass geworden.
Radcliffe schüttelte den Kopf und gab den Versuch auf, seine eigenen Empfindungen zu ergründen. „Ich glaube nicht, dass meine Gefühle hier zur Debatte stehen im Gegensatz zu dem, was letzte Nacht geschah. Sollte ich deine Schwester nicht heiraten, so wäre sie ruiniert oder gezwungen, Carland zu ehelichen. Habe ich nun deine Erlaubnis, sie zu heiraten, oder nicht?"
„Oh, unbedingt." Charlie seufzte, was sich beinahe bitter anhörte. „Heiraten Sie meine Schwester nur ... falls sie Sie nimmt. Mir ist es vollkommen einerlei."
Radcliffe zögerte einen Moment und wandte sich dann zur Tür. Jetzt würde er mit Elizabeth sprechen müssen. Vielleicht sollte er vorher einen Verlobungsring besorgen, dann von Mrs. Hartshair ein ganz besonderes Abendessen zubereiten lassen ... „Ich habe etwas zu erledigen. Erzähle deiner Schwester noch nichts. Ich will es ihr selbst sagen."
„Wie Sie wollen", sagte Charlie, nachdem sich die Tür hinter Radcliffe geschlossen hatte.
Mit einer Hand riss sie sich sofort die Perücke vom Kopf und gleichzeitig mit der anderen das Oberhemd vom Leib. Radcliffe war keine Minute zu früh hinausgegangen, wie sie jetzt sah. Ihre Brustbinde, welche sie in ihrer Hast ohnehin schon recht nachlässig angelegt hatte, löste sich nun halbwegs und war dabei, sich vollends abzuwickeln.
Charlie verzog das Gesicht, befreite sich auch noch von den restlichen Windungen und schleuderte das Gebinde nach ihrem
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