Zärtlichkeit des Lebens
in Farmores Büro. Das Geld, das er an Miete sparte, legte er an. Hin und wieder schmuggelte er Whisky über die mexikanische Grenze, hielt den Mund und investierte die Erlöse. 1932, als das Ende der Weltwirtschaftskrise in Sicht war, hatte Haladay aus seinem schwerverdienten Ersparten fünftausend Dollar gemacht.
Das Geld ließ er für sich arbeiten. Während seine Altersgenossen die Rennergebnisse verfolgten, beobachtete er die Aktienkurse. Mit fünfundzwanzig hatte er mehr als zehntausend Dollar zusammen, sah seine Chance und ergriff sie.
1935 nahm Maxwell einen Kredit auf, kaufte die Firma Haladay Harmore Construction, heiratete eine ortsansässige Schönheit namens Laura Winters und fing an, sein Empire zu errichten.
Einige Jahrzehnte und zweihundert Millionen Dollar später saß Haladay in seinem mahagonigetäfelten Büro. An der Wand hing ein frühes Ölgemälde von Picasso, in einer antiken Vitrine aus dem 18. Jahrhundert stand eine Skulptur von Rodin, und ein halbes Dutzend Flaschen Napoleon-Cognac warteten in der Bar.
Er trug einen anthrazitfarbenen, maßgeschneiderten Anzug aus edler, weicher Wolle. Seine Schuhe aus italienischem Leder kosteten mehr, als er im ganzen Jahr 1929 verdient hatte. Die goldene Uhr kam aus der Schweiz, seine seidene Krawatte aus Frankreich. Noch immer dachte Haladay mehr an die Zukunft als an die Gegenwart.
»Ich möchte, daß man termingerecht nächste Woche mit dem Erdaushub beginnt«, bellte er ins Telefon. »Wenn es dabei Probleme gibt, leitet es an die Rechtsabteilung weiter und schreibt mir schnellstens einen Bericht. – Dumme Hunde«, brummte er, als er aufgelegt hatte. »Warum laufen nur derart viele blöde Kerle auf der Welt herum?«
»Sagten Sie nicht einmal, daß es die blöden Kerle sind, die die Welt zusammenhalten?« fragte Byron ruhig, während er in einem dicken Vertragswerk blätterte.
»Was ist das denn für ein Mist?« Haladay zerknackte stirnrunzelnd ein Pfefferminzbonbon zwischen den Zähnen.
»Der Ihre, Max. Übrigens, mir gefällt dieser Ausdruck in Abschnitt acht nicht. Die Formulierung muß noch in Ordnung gebracht werden.« Byron umkringelte die unpassende Textstelle, ehe er wieder aufschaute. Sein Gesichtsausdruck war ruhig, als sein Blick die wütenden grünen Augen traf. Maxwell Haladay war der andere Mensch, dem Byron rückhaltlos vertraute. »Die Bauarbeiten auf dem Ridgefield Projekt gehen gut voran. Wir sind im Zeitplan und bisher auch im Finanzrahmen geblieben. Warum fliegen Sie nicht nach Chicago und schauen es sich an? Vielleicht würde das Ihre Laune heben.«
»Klugschwatzender Grünschnabel.« Haladay brummte wieder, aber diesmal zuckte es in seinen Mundwinkeln. Er strich sich über den Schnurrbart, um es zu verbergen. »Ich pfeife bekanntlich darauf, ob ein Projekt im Zeit- und Finanzplan bleibt. Schließlich halten diejenigen, die beides sprengen, die Pumpe am Arbeiten. Ohne Pannen würden meine Arterien wie Zement erster Güte ausschauen.«
Byron lehnte sich in seinem Stuhl zurück, entspannt und ohne seine übliche kühle Distanz. Hätte ihn Sarah jetzt sehen können, wäre er ihr weniger rätselhaft erschienen.
»Ich sage Ihnen mal was«, meinte Byron. »Warum schauen Sie sich nicht die Kostenexplosion bei dem Hotel in Madrid an?
Ich muß hinfliegen und jemandem dafür den Hintern an die Wand nageln, sobald hier alles geregelt ist. Vielleicht hätten Sie gerne das Vergnügen?«
»Ich habe das Zimmererhandwerk nach meiner zweiten Million aufgegeben.« Immerhin senkten sich Haladays Brauen.
»Um wieviel sind denn die Kosten aus dem Ruder gelaufen?«
»Um einen schönen Batzen.« Byron schaute wieder auf den Vortrag. »Sie bekommen einen Bericht.«
Gedankenverloren schürzte Haladay die Lippen. »Madrid, Madrid. Gab es nicht eine Tänzerin in Madrid? Rosa, Isabella?
Hübscher Hintern.«
»Carmen«, verbesserte Byron und schrieb noch eine Bemerkung an den Rand. »Eine Sängerin. Aber der Rest stimmt.«
»Mein Gedächtnis ist unfehlbar.«
»Und selektiv.«
Lachend drückte Haladay auf die summende Gegensprechanlage auf seinem Schreibtisch. »Ich habe schon immer Ihren Geschmack bewundert«, fügte er noch hinzu. »Ja«, grummelte er. »Sarah Lancaster?« Er hielt inne und schaute Byron wieder in die Augen. »Ja, schicken Sie sie herein. Bleiben Sie nur, Byron.« Mit einem Nicken legte Byron den Vertrag beiseite, dann standen beide auf, als Sarah das Büro betrat.
Beim Hereinkommen fiel Sarah als erstes auf, daß diese
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