Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zärtlichkeit des Lebens

Zärtlichkeit des Lebens

Titel: Zärtlichkeit des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
Vom Netzwerk:
Leiden nicht, wovon ich König bin.« 1
    Er schwieg einen Augenblick und starrte auf sein leeres Glas.
    »Zehn Jahre«, murmelte er. »O Gott.« Erneut füllte er sein Glas.
    »Sie spielen noch immer großartig.«
    Er schaute sie an und erkannte ihre Aufrichtigkeit. Dann nahm er sie bei der Hand und zog sie hoch. »Wie alt sind Sie?«
    »Sechsundzwanzig.«
    »Du meine Güte, mein Sohn ist älter als Sie.«
    Sarah lachte. »Harrison, ich werde Ihnen jetzt die Wahrheit sagen und hoffe, Sie glauben mir. Wenn Sie kein Kunde wären, würde ich sehr gerne mit Ihnen ins Bett gehen. Aber da Sie es sind« – sie hielt lange genug inne, um ihm das Martiniglas aus der Hand zu nehmen – »schlage ich vor, daß wir lieber schwimmen gehen.«
    »Sarah.« Er seufzte. »Max weiß schon, wie er sich seine Leute aussucht, der alte Bursche.«
    »Ich richte es ihm aus«, versprach sie.
    Die Hotelsuite in Madrid war ruhig und elegant, der Brandy in Byrons Glas warm und weich. Die geschäftliche Angelegenheit, deretwegen er nach Spanien gereist war, hatte Byron schnell und erfolgreich abgeschlossen. Es gab in einer Vormittagssitzung nur noch unwesentliche Punkte zu regeln; morgen mittag würde er schon im Flugzeug nach Phoenix sitzen. Doch empfand er keine Befriedigung. Statt dessen verspürte er eine gewisse Rastlosigkeit, ein Verlangen, seinem Haladay-Image zu entkommen. Vor sich hinbrütend, trank er seinen Brandy. Er wollte etwas, und zum erstenmal in seinem Erwachsenenleben war er sich nicht völlig sicher, was es war.
    Als sie vom Schlafzimmer hereinkam, schaute ihn Carmen gründlich an. Sie erkannte den versunkenen, in sich gekehrten Zug auf seinem Gesicht und wußte sehr wohl, daß dieser Mann über viele Facetten verfügte und daß er ihr nur einige davon zu kennen gestattete. Ihr Verhältnis mit Byron ging schon lange, umfaßte einige Jahre und andere Geliebte, doch wußte sie – und das freute sie –, daß sie ihm näher stand als jede andere Frau.
    Vielleicht war sie noch am ehesten seine Freundin. Sie verstand sein Getriebensein und respektierte es wegen ihres eigenen Ehrgeizes. Carmen hatte nur einen ständigen Geliebten – ihre Karriere.
    In den zehn Jahren ihrer Bekanntschaft waren beide in ihren jeweiligen Bereichen aufgestiegen. Beide waren erfolgreich, und beide erinnerten sich an ihre Anfänge in Armut. Keiner von beiden hatte sich mit dem wachsenden Erfolg entspannt.
    Carmen ging auf ihn zu und wartete. Dann lächelte sie, als er den Blick hob. »Du bist heute abend so still.« Ihr Gesicht mit den dunklen Augen, dem vollen, großen Mund, der langen Nase und den hohen Wangenknochen faszinierte den Betrachter. Aus diesem Grund war sie schon oft gemalt worden. Ihr Haar, im Rabenschwarz der echten Spanierin, trug sie mit Mittelscheitel und offen bis über die Schultern fallend. Der Goldton ihrer Haut schimmerte durch die dünne weiße Seide ihres Hausanzugs. Sie setzte sich neben ihn, nahm ihm den Brandy aus der Hand und nippte. »Hat dir die Vorstellung heute abend gefallen?«
    »Du warst großartig, wie immer. Deine Stimme begeistert mich jedesmal aufs neue.« Er beobachtete, wie Carmen mit der Zunge über den Rand des Cognacschwenkers leckte. »Ich habe gehört, daß du nächsten Monat auf Europatournee gehst?«
    »Von Stadt zu Stadt, von Land zu Land. Tempo, Tempo.« Ihr Achselzucken war typisch spanisch. Sie lächelte und nippte noch einmal. »Neue Leute, mehr Leute. Mehr Applaus. Hören Leute wie du und ich wohl jemals auf, nach Erfolg zu hungern, Byron?«
    Sein Blick glitt über die Rubine an ihren Ohrläppchen.
    »Nein«, antwortete er.
    »Nein«, murmelte sie, als sie sich zurücklehnte und zur Decke schaute. »Wie lange kennen wir uns schon?«
    »Zehn Jahre.«
    »Zehn Jahre.
Dios,
kein Wunder, daß ich mir dauernd wie beim Wettlauf vorkomme. Wie gut ich mich noch an unsere erste gemeinsame Nacht erinnere.« Sie hob die Hand zu einer trägen, lasziven Geste. »Damals sang ich in Barcelona. Und ich freue mich noch immer, wenn du mein Zuhörer bist.« Carmen lachte ihn über den Glasrand hinweg an. »Und mein Liebhaber hinterher.« Nachdem sie den Brandy abgesetzt hatte, fing sie an, ihm das Hemd aufzuknöpfen. »Habe ich mich schon für die Rosen bedankt?«
    »Ja, aber du kannst es gern noch einmal tun.« Er wickelte sich eine Locke ihres Haars um den Finger und erinnerte sich daran, wie sich Sarahs Haar angefühlt hatte.
    »Caro.«
Carmen streichelte ihm über die Brust und schmiegte sich enger an ihn, als er

Weitere Kostenlose Bücher