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Zärtlichkeit des Lebens

Zärtlichkeit des Lebens

Titel: Zärtlichkeit des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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ausgefüllt, die Sarah seit Monaten gespürt hatte. Er war ein Gefährte, ein Mann zum Reden, den man sowohl körperlich als auch geistig berühren konnte. Er regte sie an, erinnerte Sarah an ihre Weiblichkeit, an Bedürfnisse, die seit ihrem Abschied aus New York nicht mehr befriedigt worden waren. Und er brachte ihr zu Bewußtsein, daß Arbeit nicht alles im Leben war.
    Obwohl sie noch nicht miteinander geschlafen hatten, fühlte sich Sarah in seinen Armen wohl. Sie hatte ein Versprechen in seinen Küssen geschmeckt und war sich nur noch nicht sicher, ob er selber vor Nähe zauderte oder ob ihre eigene Unentschlossenheit ihn abschreckte. Sie begehrte ihn, kannte sich selbst aber gut genug, um zu wissen, daß sie sich ihm bei körperlicher Nähe auch gefühlsmäßig öffnen würde. Wenn sich Sarah hingab, hielt sie nichts von sich zurück.
    Der Himmel zeigte jetzt bei ihrem Spaziergang um das Pantheon ein tieferes Grau. Die Wolken hingen dunkel und schwer am Firmament. Unvermittelt beugte sich Sarah vor und küßte Januel auf die Wange. »Du bist sehr lieb.«
    Lächelnd runzelte er die Stirn. »Ja?«
    »Läßt dich bereitwillig durch ganz Paris mitschleifen, um Bauwerke anzuschauen, die du schon zigmal gesehen hast.«
    »Nicht lieb, sondern selbstsüchtig«, verbesserte er, während sie zu seinem Auto zurückschlenderten. »Ich möchte dich für mich haben. Wenn die Sonntage erst mal warm und trocken sind, schleife ich dich für einsame Picknicks aus der Stadt hinaus ins Grüne.« Er lächelte und küßte ihr flüchtig die Hand, als er die Beifahrertür seines Autos öffnete.
    »Ich freue mich schon auf den Frühling.« Ihre Haut fühlte sich da, wo er sie geküßt hatte, warm und weich an. Sarah schaute zu, wie er um die Motorhaube herum auf die Fahrerseite ging, und war wieder beeindruckt von der klassischen Schönheit seiner Gesichtszüge.
    Der erste Blitz zerteilte die Wolken, als Januel den Schlüssel im Zündschloß drehte. Donner grollte, und wieder zuckte ein Blitz, aber der Regen ließ noch auf sich warten. Die Luft wurde schwer und schwül. Wie immer war der Verkehr immens, doch mit dem Selbstvertrauen eines Mannes, der gewohnt ist, Leute aus dem Weg zu fegen, fuhr Januel zu Sarahs Hotel.
    Sarahs Gedanken verweilten bei dem drohenden Sturm. Das Tageslicht nahm eine düstere, unheimliche Färbung an. Mehr als Sonne und Regen liebte Sarah jene Augenblicke unmittelbar vor Losbrechen eines Unwetters. Sie konnte es um sich prickeln spüren und erahnte es im dunklen Hintergrund des Himmels.
    Über ihnen wogten die Wolken, und jetzt peitschte auch Regen gegen die Windschutzscheibe, als Januel das Auto an den Bordstein gegenüber von Sarahs Hotel lenkte.
    »Ich habe im Kofferraum einen Schirm«, setzte er an, aber Sarah war schon aus dem Auto gesprungen.
    Sofort war sie klatschnaß. Das Haar klebte ihr am Kopf, ihre Jacke war durchweicht, der mauvefarbene Rock ihres Kleides haftete ihr an den Beinen. Doch entzückt stand sie da – Kopf im Nacken, die Augen geschlossen.
    »Nom de Dieu,
du ertrinkst gleich!« Januel zog sie unter seinen englischen Schirm.
    »Ist es nicht herrlich?« Ihre Augen leuchteten, als ein weiterer Donnerschlag über ihren Köpfen rollte. Regentropfen hingen an ihren Wimpern.
    Statt einer Antwort packte Januel sie bei der Hand und rannte mit ihr über die Straße und in die Hotelhalle. An der Tür schüttelte er den Schirm aus, bevor er ihn zumachte. Atemlos vor Lachen lehnte sich Sarah gegen die Wand und schaute ihm zu. Er lächelte sie gereizt an, ehe er ihre Hand nahm und zu den Aufzügen ging. »Du erkältest dich noch.«
    »Nein, ich bin gräßlich gesund.« Sie wischte ihm ein paar Regentropfen vom Kaschmirsakko. »Ich mag schon immer Regen, selbst bei einem Picknick.« Ihr Lächeln wirkte aufrichtig und glücklich. Wie lebendig und munter der Regen sie gemacht hatte. Gerne hätte sie diese Empfindung mit ihm geteilt.
    Januel küßte sie auf die Nase, als sich die Aufzugtüren hinter ihnen schlössen. »Dann müssen wir vielleicht mit unserem Picknick gar nicht mehr bis zum Frühjahr warten.«
    Er entnahm ihrem prompten Lachen, daß ihr seine Antwort gefallen hatte. Weil sie sich ihrer triefenden Ärmel und Januels penibler Art bewußt war, wollte sie sich nicht bei ihm einhaken; statt dessen begann sie nach ihrem Zimmerschlüssel zu suchen, als sie ihre Etage erreichten.
    »Ich habe seit meinem Wegzug von New York nur ganz wenig Regen erlebt«, meinte sie, während sie in ihrer Tasche

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