Zärtlichkeit des Lebens
sich. »Ziemlich unwichtige Sachen. Es klappt wie am Schnürchen, Max. Das ist fast beängstigend. Andre hilft mir sehr und hält mir die Geldgeber die meiste Zeit vom Leib. Januel verhandelt mit den Beamten.«
»Bounnet?« Sarah hörte, wie Max ein Pfefferminzbonbon geräuschvoll zerbiß. »Er versteht sein Geschäft. Habe Ihr Bild ein paarmal in der Zeitung gesehen.«
Sarah grinste und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. Sie hätte ja wissen müssen, daß ihm nichts entging. »Vielleicht lege ich mir ein Album an. Haben Byron die Artikel gefallen?«
»Gute Publicity«, meinte Haladay zweideutig. »Werden Sie bloß nicht zu eingebildet.«
Sie lachte. »Max, das Delacroix wird ganz toll. Kommen Sie doch her und überzeugen Sie sich.«
Sie glaubte ihn seufzen zu hören, war sich aber nicht ganz sicher. »Wenn es fertig ist«, meinte er nach einer Weile, »gehe ich mit Ihnen auf die Eröffnungsveranstaltung.«
»Abgemacht!«
»Halten Sie mich auf dem laufenden«, wies er sie an, wobei er in einen geschäftsmäßigen Tonfall verfiel. »Ich möchte sowohl von Ihnen als auch von Bounnet informiert werden.«
»In Ordnung.« Sie spürte, daß er Schluß machen wollte. »Auf Wiedersehen, Max.«
14
Auf der Baustelle des Delacroix-Projekts wurde Sarah in Jeans und T-Shirt ein so vertrauter Anblick wie Stahlträger und Betonblöcke. Die Baseballkappe, die Dallas ihr geschickt hatte, bildete auch einen Teil ihrer Uniform. Fotos von Sarah auf dem wachsenden Rohbau wetteiferten mit Bildern von ihr in der eleganten Pariser Gesellschaft. Weil Januel sie immer begleitete, wurden ihre Namen miteinander verknüpft, und so bot ihre Beziehung zusätzlichen Anlaß für Spekulationen der Presse.
Sarah allerdings las weder englische noch französische Boulevardblätter. Die meiste Zeit tat sie so, als gebe es sie gar nicht.
Im allgemeinen genoß Sarah die Einladungen, die Leute, ihren eigenen wachsenden Ruhm. Doch mehr als alles andere genoß sie es mitzuverfolgen, wie ihre Entwürfe allmählich in Beton und Stahl Gestalt annahmen. Im Verlauf des zweiten Monats der Bauarbeiten brachte
Newsweek
sie auf der Titelseite.
Sarah las den Artikel und sorgte sich gleichzeitig um die Mitteltreppe, die zur Hauptbühne führte. Sie fand nicht die Zeit, ihren Erfolg gebührend auszukosten; all ihre Energien waren auf ihre Arbeit gerichtet.
Ich hasse es, Zeit zu verschwenden, dachte sie, als sie mit auf die Hüften gestemmten Händen den Mosaikboden in der fertiggestellten Halle des Ostflügels begutachtete. Die Wände der Halle bestanden aus Glas. Hier, wo Sarah jetzt auf und ab ging, würde sich später ein exotischer Garten befinden. Die Pflanzen dafür waren bereits bestellt; Rhododendron, Fuchsien, Glyzinien, Dutzende verschiedener Rosensorten. In Zusammenarbeit mit dem Landschaftsarchitekten hatte Sarah etwas Einzigartiges und außergewöhnlich Schönes geschaffen.
Die Pfade, die sich durch den Garten schlängeln würden, waren bereits angelegt, zwei kleine Brunnen schon betriebsbereit.
Aus anderen Teilen des Bauwerks konnte Sarah die Arbeiter hören. Es war heiß und die Luft zum Schneiden, da die Mechaniker an einer fehlerhaften Kühlanlage arbeiteten. Sarah hatte das Haar unter ihrer Kappe zusammengesteckt und ihre rote Baumwollbluse unter dem Busen verknotet. Trotzdem lief ihr der Schweiß in einem langsamen Bächlein den Rücken hinunter.
Sarah schob den Mützenschirm hoch und wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. Wenn sie die Belüftung nicht bald instandsetzten, würden sie Feierabend machen müssen. Sie ging in Richtung Baustellenlärm weiter. Jetzt waren sie schon fast eine Woche im Verzug. Eine Woche. Weniger als eine Woche bei einem Bauvorhaben dieser Größenordnung im Verzug zu sein, grenzte an ein Wunder. Doch sie war eine zu große Perfektionistin, als daß sie sich damit zufriedengegeben hätte.
Sarah suchte sich ihren Weg über die Plastikplane, die über dem Eingangsbereich des Westflügels lag. Zimmerleute arbeiteten mit nacktem Oberkörper an der Haupttreppe.
Langsam formten sie die Eichenbohlen zu dem, was Sarah sich als geschwungene, fließende Holzfläche vorgestellt hatte, deren Stufen in einem wasserfallähnlichen Bogen herabschwingen sollten.
»Pardon.«
Sarah unterbrach einen Arbeiter, der die Schultern und Arme eines Herkules zeigte. Verflixt, dachte sie, als er sich umdrehte. Ich sollte ihn Dallas schicken.
»Oui,
Mademoiselle Lancaster?«
Sie sprudelte auf französisch los: »Können
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