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Zärtlichkeit, die du mir Schenkst

Zärtlichkeit, die du mir Schenkst

Titel: Zärtlichkeit, die du mir Schenkst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Lael Miller
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war. Rafe saß mit seinem Bruder und Vater noch am Tisch, und sie studierten eine grob gezeichnete Landkarte und versuchten herauszufinden, wo an die hundert verirrte Rinder geblieben sein konnten. Laut Kade fehlten mindestens so viele von der Hauptherde.
    Kade und Angus hatten während des Gesprächs immer wieder verstohlene Blicke zu Emmeline hinübergeworfen, vielleicht weil sie ihr ansahen oder am Tonfall ihrer Stimme hörten, dass sie etwas beunruhigte. Concepcion blickte sie durchdringend an, als sie von dem Spaziergang sprach, doch Rafe bekam von all dem nichts mit.
    »Klar«, sagte er. »Es ist ein schöner Abend mit vielen Sternen am Himmel.«
    »Ja«, erwiderte Emmeline und hoffte, nicht weinend zusammenzubrechen, bevor sie ihm alles erzählt hatte.
    Sie verließen das Haus durch die Hintertür und gingen Arm in Arm zum Ufer des Baches. Emmelines Kehle war wie zugeschnürt, und ihre Augen brannten so schlimm, dass sie versucht war, Wasser aus dem Bach zu schöpfen und sich das Gesicht zu waschen. Stattdessen straffte sie die Schultern und richtete den Blick auf die Wiese jenseits des Creeks. Sie stellte sich darauf ein prächtiges Haus vor, ein Traumschloss, und sah es wieder verblassen.
    »Ich frage mich, warum keiner von euch ein Haus auf der anderen Seite des Creeks gebaut hat«, bemerkte sie. »Das Land dort ist so schön, besonders bei Sonnenschein, und es ist auch Wasser vorhanden.«
    Rafe folgte ihrem Blick. »Ich weiß nicht«, murmelte er. »Ma hätte es jedoch gefallen zu wissen, dass einer ihrer Söhne ein Haus auf dem Land gebaut hat, das sie selbst damals abgesteckt hat.«
    »Sie muss eine erstaunliche Frau gewesen sein«, erwiderte Emmeline, und sie meinte es ernst. Wenn eine Frau allein zu siedeln versuchte, ob heutzutage oder in der Pionierzeit, war das eine bemerkenswerte Leistung.
    »Das war sie«, stimmte Rafe zu und lächelte in der Erinnerung. »Unabhängig wie keine. Nachdem ihre Verwandten starben - ihre Familie verlor fast alles im Krieg zwischen den Staaten -, sammelte sie das Wenige, das übrig war, und machte sich allein auf den Weg. Sie kam den weiten Weg von Louisiana her, hielt dann und wann unterwegs, um eine Zeit lang als Lehrerin zu unterrichten und ihre Ausrüstung und Verpflegung aufzufüllen. Pa hatte nie den Mut, ihr zu erzählen, dass er bereits die Hälfte des Grundstücks besaß, das sie für sich absteckte. Er nahm an, dass es eine Panne im Landbüro in Tombstone gegeben hatte.«
    Becky hat also Recht, dachte Emmeline. Fast jeder hat Geheimnisse. Aber Angus' Geheimnis war ein harmloses gewesen; ihres war wie ein Dynamitstab, der mit brennender Lunte vor ihren Füßen herumrollte.
    »Meinst du, deine Mutter hätte sich aufgeregt, wenn sie die Wahrheit über ihre Heimstätte jemals herausgefunden hätte?«
    Rafe zögerte nicht mit der Antwort. »Sie wäre wütender als eine Henne gewesen, die in Pfannkuchenteig getunkt wird«, gab er grinsend zurück. »Pa hat zugegeben, dass er mächtig erleichtert darüber war, dass sie es nie herausgefunden hat.«
    Emmeline versuchte zu lächeln, schaffte es jedoch nicht. Ihr Herz klopfte wie rasend. Sie sah lange Zeit zu den Sternen auf, bis sie zu einem silbernen Licht verschwammen, bevor sie es endlich wagte, Rafe anzuschauen. Erst jetzt, als er ihre Tränen sah, wurde er nachdenklich.
    »Was ist los?«, erkundigte er sich.
    »Wenn etwas mit mir wäre - etwas, das ich dir nie erzählt habe, - würdest du es wiss en wollen? Selbst wenn du wüss test, dass es alles beenden könnte?«
    Er starrte sie an. Dann setzte er sie auf einen großen Stein am Ufer des Baches und ließ sich neben ihr nieder. »Wenn du mich so festnagelst«, entgegnete er ernst, »lässt du mir vermutlich keine Wahl.« Sie wünschte sich vergebens, er würde ihre Hand nehmen, und sie glaubte bereits eine Kluft zwischen ihnen zu spüren, die mit jedem Herzschlag größer zu werden schien. »Was ist los, Emmeline?«, wiederholte er.
    Sie konnte ihn nicht anschauen, und so blickte sie ins Wasser, auf dem sich das Sternenlicht spiegelte. Unter der Oberfläche tummelten sich Regenbogenforellen, die in ihrem ganzen Leben keine Geheimnisse bewahren oder teilen mussten. Sie beneidete sie in diesem Moment und wünschte sich, ebenfalls ein schlüpfriger, glänzender Fisch zu sein, der nichts von den Problemen von Männern und Frauen wusste. Indem sie ihre Geschichte erzählte, würde sie nicht nur ihre eigene Vergangenheit preisgeben, sondern auch Beckys. Sie hoffte,

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