Zärtlichkeit, die du mir Schenkst
zusammenlebt.«
Becky lachte und schwenkte das Magazin vor ihr. »Emmeline McKettrick«, erwiderte sie. »Du hättest Anwältin werden können, so gut argumentierst du.«
Sie schwiegen eine Weile, hingen ihren Gedanken nach und genossen das Sommerwetter mit seiner leichten, duftenden Brise und dem blassblauen Himmel.
»Du hast John von der Pension erzählt, und er war nicht ärgerlich oder bestürzt?«, fragte Emmeline schließlich.
Becky schüttelte den Kopf. »Ich hatte solche Angst, aber ich habe es ihm gesagt. Ich dachte, er würde gehen und nie mehr ein Wort mit mir sprechen, doch das hat er nicht getan, der Gute. Er hat mir zugehört, mich in seinen Armen gehalten und mir von Taten in seinem Leben erzählt, auf die er nicht stolz ist. Nichts hat sich wirklich zwischen uns verändert. Unser Verhältnis ist nur enger geworden.«
Emmeline blickte auf ihre Füße. Sie trug ihre Alltags-Schnürschuhe und vermisste ein wenig die leichten Tanzschuhe. »Vielleicht wäre es bei Rafe und mir ebenso, wenn ich ihm sagen würde, was passiert ist.«
Becky blickte sie scharf an, »Für euch beide ist es anders.« Sie senkte die Stimme, obwohl sie beide wussten, dass Rafe mit einem Trupp von Arbeitern meilenweit entfernt war und an dem neuen Haus arbeitete. »Ihr seid jung, und das ändert die Dinge, Emmeline.«
Emmeline befeuchtete ihre Lippen mit der Zungenspitze, schaute immer noch auf ihre Füße hinab und erwiderte nichts.
»Warum willst du Rafe unbedingt von dieser Nacht erzählen?«, erkundigte sich Becky im Flüsterton. »Willst du alles verderben?«
»Natürlich nicht.« Emmeline blinzelte und sah fort. »Ich liebe Rafe. Es soll keine Geheimnisse zwischen uns geben, das ist alles.«
»Sei nicht dumm. Jeder hat Geheimnisse.«
In diesem Augenblick hörten sie das Nahen eines Wagens, und beide Frauen blickten auf und sahen John Lewis, der sich mit einem gemieteten Pferd mit Buggy dem Ranchhaus näherte. Sie beobachteten, wie der Wagen an einer seichten Stelle durch den Bach fuhr und die Räder Wasser aufwirbelten, das im Sonnenschein glitzerte.
»Sei nicht dumm«, wiederholte Becky ernst, doch ihre Aufmerksamkeit galt jetzt allein John. Sie erhob sich lächelnd von ihrem Stuhl und winkte. Ihr Ritter in glänzender Rüstung zog seinen Hut und schwenkte ihn überschwänglich, und sein Grinsen war zu sehen, obwohl er noch ein paar hundert Yards entfernt war.
Eine knappe Stunde später verabschiedete sich Becky von Concepcion und Angus und bedankte sich für alles. Dann brach sie mit John nach Indian Rock auf. Kurz bevor ihr der Marshal in den Buggy half, in dem er bereits ihr Gepäck verstaut hatte, umarmte Becky ihre Tochter, küsste sie auf die Wange und flüsterte: »Denk an meine Worte und halte den Mund.«
Dann fuhr sie fort, und Emmeline blickte ihr nach, bis sie außer Sicht war, hin-und hergerissen zwischen Beckys vernünftigem Rat und ihrem eigenen Sinn für richtig und falsch. Sie wusste jetzt schon, dass ihr Gewissen siegen würde, und wenn auch nur, weil es sie Tag und Nacht quälte.
Rafe traf an diesem Abend bei Sonnenuntergang ein, und er sah so müde aus und war so voller Stolz über sein Tageswerk, dass Emmeline trotz ihres früheren Entschlusses ihr Geständnis aufschob.
Es musste ein Ende der Täuschung geben; sie konnte es nicht länger ertragen. Bevor sich ihre neuen und noch zerbrechlichen Gefühle für ihren Mann vertieften und sie ein Kind von Rafe bekam oder bevor sie in dieses schöne neue Haus einzogen, musste sie ihm von Kansas City und Holt erzählen. Die ganze Zeit über hatte sie Angst vor der Möglichkeit, dass Holt oder jemand anders, der die Geschichte aus zweiter Hand erfuhr, Rafe die schmutzige Wahrheit zutragen konnte, bevor sie dazu kam. Sie wusste, dass er ihr Schweigen fast ebenso unverzeihlich finden würde wie den Zwischenfall selbst. Wenn er es schon erfahren sollte, musste es von ihr sein.
Beim Abendessen konnte sie wegen des flauen Gefühls in ihrem Magen keinen Bissen essen, und während Angus, Concepcion und Kade ihre Appetitlosigkeit zu bemerken schienen, bekam Rafe nichts davon mit. Er strahlte, erzählte ihnen allen, was er an diesem Tag auf der Baustelle geschafft hatte, und erklärte, das Haus für Emmeline und ihn würde einmal das schönste im ganzen Arizona Territorium sein - abgesehen von Haupthaus der Ranch, natürlich.
»Lass uns einen Spaziergang machen, Rafe«, bat Emmeline ruhig und legte ihm die Hände auf die Schultern, als das Geschirr gespült
Weitere Kostenlose Bücher