Zärtlichkeit, die du mir Schenkst
gerötet, das schwarze Haar vom heftigen Abtrocknen zerzaust. Er trug eine frische Jeans, ein anderes, zugeknöpftes Unterhemd und graue Wollsocken, jedoch keine Stiefel.
Emmeline schniefte bei seinem Anblick. Es fiel ihr schwer zu glauben, dass sie nur Stunden zuvor, kurz vor dem Gewitter, ein Picknick veranstaltet, einander goldene Eheringe angesteckt und über Kinder gesprochen hatten.
»Tee ?«, bot Concepcion an und hob die Teekanne hoch.
Rafe ignorierte das Angebot, nahm eine Tasse vom Regal, ging zum Herd, goss sich etwas Kaffee ein, probierte ihn und schnitt eine Grimasse. »Wohin«, fragte er sehr ruhig, »musstest du fahren? Was war so wichtig?«
Concepcion seufzte. »Ich war auf der Heimstätte der Peltons«, antwortete sie. »Phoebe Anne muss jetzt jeden Tag ihr Baby bekommen, und ihr Mann liegt mit irgendeiner Art Grippe im Bett und hat lange Zeit die Farm nicht mehr bewirtschaften können. Ich wollte ihnen einen Topf Suppe, ein paar Eier und Dosenwaren bringen.«
»Ansiedler«, sagte Rafe angewidert. Er verschwand in die Vorratskammer, kehrte mit einer Flasche Whisky zurück und gab einen großzügigen Schuss davon in seinen Kaffee.
»Sie haben einen gültigen Rechtsanspruch auf dieses Stück Land«, erklärte Concepcion ruhig.
»Den Teufel haben sie!«, entgegnete Rafe. »Das Land liegt fünf Meilen diesseits unserer östlichen Grenze. Sobald ich die Zeit habe, werde ich sie dort vertreiben.«
Emmeline blinzelte. »Die Peltons tun doch gewiss keinem etwas«, wandte sie ein.
»Sie leben auf dem Land der Triple M«, entgegnete Rafe.
»Aber er ist krank, und sie bekommt ein Baby ...«
Rafe war offensichtlich unbeeindruckt. »In der Stadt, wo sich der Doc um sie kümmern könnte, wären sie besser aufgehoben.«
»Ich glaube, ich lege mich eine Weile hin«, erklärte Concepcion müde. Sie verließ die Küche über die hintere Treppe, und Emmeline blieb mit Rafe allein.
Er trank den Kaffee mit dem Schuss Whisky und machte dann allerhand Lärm, als er Töpfe und Kessel aus den Regalen nahm und an der Spüle Wasser hineinpumpte. Dann stellte er einen nach dem anderen auf den Herd und schürte das Feuer.
Emmeline beobachtete ihn, nippte an ihrem Tee und schwieg. Dieser Mann war ihr ein Rätsel, in einem Moment freundlich und großzügig und im nächsten hartherzig und fast gefühllos. Er war bereit, in einem Gewitter hinauszureiten und Concepcion zu suchen, doch die missliche Lage der Familie Pelton war ihm völlig gleichgültig. Emmeline fragte sich, wie die anderen McKettrick-Brüder über die Siedler dachten, ganz zu schweigen von Angus, und sie nahm sich vor, das bei nächster Gelegenheit herauszufinden.
Wenn Concepcion das nächste Mal die Peltons besuchte, wollte Emmeline sie begleiten.
Unterdessen zog Rafe eine große kupferne Badewanne von der hinteren Veranda herein und stellte sie beim Herd auf. Er brachte einen zusammenklappbaren Wandschirm aus der Abstellkammer und holte dann Handtücher und ein Stück Seife. Emmeline sagte sich, dass sie endgültig die Küche verlassen musste. Sie stellte die Teekanne zusammen mit ihrer Tasse in die Spüle, nahm ihre Näharbeit, die sie auf dem Schaukelstuhl abgelegt hatte, und wollte sich in das selten benutzte Wohnzimmer vorne im Haus ans Fenster setzen und dort weiternähen.
»Emmeline«, sagte Rafe ruhig, als sie sich anschickte, die Küche zu verlassen.
Sie verharrte an der Tür, drehte sich jedoch nicht um. Ihre Hände spannten sich um den bereits zerknitterten Unterrock.
»Dies ist dein Badewasser«, meinte er.
»Sie wandte sich ihm überrascht zu. »Meins? Aber ...«
»Du musst dort draußen gefroren haben«, fuhr er fort. »Deine Lippen sind blau, und du zitterst immer noch ein bisschen.«
»Mir gehts prima«, behauptete sie, obwohl Rafe Recht hatte. Sie fror immer noch, trotz der trockenen Kleidung, des heißen Tees, den sie getrunken hatte, und der behaglichen Wärme des Küchenherds.
Er stützte sich auf den Stuhl seines Vaters am Tisch. Und dann überraschte er sie, indem er sie angrinste. »Du bist so stur wie ich«, stellte er fest. »Ich frage mich, wie unsere Söhne und Töchter sein werden.«
Emmeline stockte der Atem. Nur für einen Moment stellte sie sich als wahre Frau und Mutter vor, der Mittelpunkt eines glücklichen Heims hoch auf einem Hügel, und sie war von Hoffnung erfüllt. »Ich kann hier nicht baden«, murmelte sie. »Jemand könnte es sehen.«
Rafe lächelte. »Der Schirm wird dieses Problem lösen«, meinte
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