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Zahltag

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Titel: Zahltag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Schauer
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antworten? Doch was sollte er tun? Er hatte nun keine Möglichkeiten mehr und musste sich auf das Spiel einlassen. Jetzt konnte er nicht mehr zur Polizei gehen.
    Er öffnete die Internetseite der Bahn. Berlin nach Warschau: In einer Stunde ging ein Zug. Den würde er noch erwischen. Hektisch packte er seine Sachen. Bezahlt hatte er bereits bei der Anreise. Er hatte noch ungefähr 400 Euro Bargeld. Im Moment konnte er keine Kreditkarte benutzen. Oder sollte er doch noch etwas abheben? Er war sich nicht sicher. Nein, er würde es nicht tun, das war zu riskant. Er kaufte sich ein Ticket am Schalter und wartete dann. Als er um 20:33 Uhr endlich im Zug saß, war er erleichtert. Hier würde ihn im Moment niemand finden. Er suchte sich einen Platz in einem wenig besetzten Abteil. Die nächsten zwei Stunden blieb er wach, denn er musste zweimal umsteigen. Von Szczecin Glowny ging es dann aber die ganze Nacht durch und er fiel in einen unruhigen Schlaf. Als er um vier Uhr erwachte, pochte sein Herz. Er war ein Wrack geworden, immer auf der Hut, immer nervös. Er war schon einmal in Polen gewesen, vor vielen Jahren. Es war ein Zwischenstopp gewesen, mehr nicht. Was sollte er nun dort? Er verdrängte den Gedanken an seine Vergangenheit. An das, was er getan hatte. Er versuchte seit mehr als zehn Jahren zu vergessen, sich reinzuwaschen. Er wusste aber nicht einmal selber, von was er sich reinwaschen wollte. Es war … etwas geschehen, es war aber nicht sicher, dass es illegal war. Doch irgendjemand wusste etwas. Wer war derjenige? Was bezweckte er damit? Und was hatte der Tote damit zu tun? Langsam ging Wolfgang in die Toilette und wusch sich das Gesicht. Er brauchte dringend eine Rasur und etwas zu essen. Sein Magen rebellierte.
    Der Zug fuhr pünktlich um 6:15 Uhr in Warschau ein. Gleich darauf frühstückte Wolfgang in einem Fast-Food-Lokal. Danach ging es ihm wieder besser. Er musste sich sein Geld gut einteilen, denn er wusste nicht, wie es weiterging. Also suchte er sich ein billiges Hotel am Bahnhof. Die Preise waren nicht mit Deutschland zu vergleichen, die Nacht kostete nur 30 Euro inklusive Frühstück. Er war zufrieden damit, buchte eine Nacht und zahlte sofort. Er fühlte sich ausgeruht und wollte daher auch nicht schlafen. Er fuhr seinen PC hoch und checkte seine E-Mails. Doch der Eingang war leer. Er schrieb wieder an [email protected]: Ich bin in Warschau. Was nun? Mehr schrieb er nicht. Hier fühlte er sich wohler, nicht mehr beobachtet. Hier würde ihn niemand vermuten.
    Er schaltete den Fernseher ein und war überrascht, dass es einen deutschen Kanal gab. Er sah sich die Nachrichten an und ging ins Bad. Er würde sich rasieren und duschen. … Drogenboss und Bordellbesitzer in Hotel ermordet … Bei diesem Satz hielt Wolfgang inne, das Herz schlug ihm bis zum Hals. Langsam kam er aus dem Badezimmer und sah auf den Bildschirm, setzte sich aufs Bett. Er sah das Hotel, in dem er vorgestern war, Polizeiautos, Sirenen. Es drehte sich alles in seinem Kopf. … Opfer kam aus Russland. Hatte aber die Finger auch in der deutschen Rotlichtszene … Hintergründe zu der Tat sind bisher nicht bekannt. Es wurde kein Foto gezeigt, kein Phantombild, nichts, was irgendwie auf Wolfgang hinwies. Er war erleichtert. Es war ein kurzer Beitrag, aber es wurde ein Foto des Opfers eingeblendet. Wolfgang saß wie versteinert auf dem Bett und zitterte. Sein Magen verkrampfte sich. Er wusste nicht, wie lange er so da saß, aber in seinem Augenwinkel sah er eine E-Mail in seinem Posteingang. Die Mail kam von [email protected]: Fahr ins InterContinental Warschau. Besuche dort einen alten Freund von dir. Er wohnt dort. Du weißt, wen ich meine. Er hat die Antworten.
    Wieder war Wolfgang verwirrt und seine Angst wuchs. Er wollte es verdrängen, leugnen, doch es war zu spät. Er wusste , wen er besuchen musste. Er hatte gehört, dass er in Polen war — schon seit mehr als fünf Jahren. Er hatte keinen Kontakt mehr. Früher waren sie Freunde gewesen, in der Schulzeit — Wolfgang und Eduard. Eduard, der reiche Freund. Eduard schmiss Partys. Eduard war ein Musterkind. Sie hatten sich aus den Augen verloren, doch als Wolfgang Hilfe brauchte, war Eduard da. Er war kein Musterkind mehr. Er hatte keine Skrupel. Eduard hatte ihm Hilfe angeboten und ohne zu überlegen hatte Wolfgang damals ‚Ja’ gesagt. Eduard hatte ihm gesagt, er würde es hinkriegen. Wolfgang hatte nicht gefragt wie, er hatte nur gezahlt. Das war alles. Eduard hatte ihm sogar

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