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Zahltag

Zahltag

Titel: Zahltag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natalie Schauer
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überhaupt noch seine Freunde? Er hätte schon oft flüchten können, doch er hatte es nicht getan. Würde irgendjemand verstehen, dass er nicht geflohen war, wenn er es selber nicht verstand? Plötzlich wurde er nervös. Er bekam kaum noch Luft. Alles wurde schwarz und er schloss für einige Sekunden die Augen. Er musste sich zusammennehmen. Es würde alles gut werden, ja, das würde es. Thomas hatte ihm versichert, dass alles gut werden würde und er glaubte daran.

Heute — Passau
    Wolfgang trat in das Haus, das doch solange sein eigenes gewesen war. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Er hatte keine Waffe dabei, er brauchte keine. Er würde niemanden mehr töten , er würde lieber selber sterben. Kurz blieb er im Flur stehen und lauschte, doch er hörte nichts. Er sah ins Wohnzimmer und in die Küche — leer. Dann ging er ein Stockwerk nach oben, doch auch hier waren alle Räume leer. Es war ein trauriges Gefühl durch das Haus zu gehen. Er konnte sich nicht vorstellen, hier gelebt zu haben. Alles erschien ihm fremd. Es waren dieselben Möbel, doch er fühlte sich wie ein Fremdkörper. Was sollte er jetzt machen? Warten? Wie lange? Er beschloss in die Küche zu gehen. Er bereute, dass er sich nichts zu trinken gekauft hatte, denn jetzt wäre ein Glas Whiskey genau das Richtige. Er schüttelte den Kopf, als er daran dachte, noch mal zur Tankstelle zu gehen. Er würde einen klaren Kopf brauchen.
    Alle paar Minuten schaute er auf die Uhr und seine Nervosität stieg ins Unermessliche. Dann hörte er die Tür , hörte Schritte. Er sprang aus seinem Stuhl hoch und dann sah er ihn. Er kam direkt auf ihn zu. Er war überrascht wie normal, wie gewöhnlich er aussah.
    „Guten Tag Wolfgang.“ Der Mann ging auf ihn zu und gab ihm die Hand.
    Wolfgang versuchte an ihm vorbei in den Flur zu sehen, doch er sah niemanden. Dann hörte er über sich Schritte.
    „Keine Sorge, er ist oben. Mein Name ist Thomas. Ich will mich mit Ihnen unterhalten.“
    Wolf gang nickte und beide setzten sich. Es war eine surreale Situation. Normalerweise sollte er zu seinem Sohn laufen, ihn umarmen, doch er konnte nicht, denn er sah die Waffe in der Hand des Mannes. Es würde so laufen, wie es laufen musste, er hatte keine Wahl mehr. Er war auch zu müde, um noch Widerstand zu leisten. Thomas nahm gegenüber von Wolfgang Platz. Beide sahen sich in die Augen.
    „Warum haben Sie das getan?“, fragte Wolfgang.
    Thomas fing leise an zu lachen. Es war ein trauriges, fast kraftloses Lachen. Auch er war am Ende. Zwei Männer saßen in einer Küche, beide hatten sie viel verloren. Würde überhaupt jemand am Ende gewinnen können?
    „Sie wissen warum, Wolfgang. Sie haben es vom ersten Moment an gewusst, doch es war Ihnen egal.“
    Wolfgang wollte widersprechen, doch er konnte nicht. Es war die Wahrheit. Er sagte nichts, sondern blickte auf seine Füße. Er hörte wieder ein Geräusch von oben und schrak zusammen. Sein Sohn war ein Stockwerk über ihm. Wie lange hatte er sich nach diesem Moment gesehnt, doch jetzt schien es so, als wäre es ihm nicht vergönnt, als hätte er es nicht mehr verdient seinen Sohn zu sehen.
    „Wissen Sie , wer Anna ist?“
    Wolfgang sah Thomas an : „Ihre Tochter?“
    Es bildeten sich Tränen in Thomas Augen. Er schluckte. „Ja, genau. Sie war meine vierjährige Tochter. Sie haben sie getötet.“
    „ Nein, das habe ich nicht. Ich habe doch nicht gewusst, dass es so abläuft. Ich hätte das doch nie gut geheißen.“ Wolfgang wurde lauter. Er hatte das doch alles nicht gewollt. Es war nicht seine Absicht. „Ich habe doch nur das Beste für meinen Sohn gewollt. Das müssen Sie doch verstehen.“
    „Und dafür sind Sie über Leichen gegangen, nicht wahr?“
    „Ich wusste es doch nicht.“ Wolfgang schüttelte den Kopf. „Was machen Sie nun mit meinem Sohn? Wollen Sie ihn töten? Töten Sie lieber mich. Er trägt doch keine Schuld.“
    Wieder lachte Thomas leise auf. „Ich töte Alexander nicht. Warum sollte ich? Ich bin kein Mensch wie Sie. Ich weiß, wann es ein Ende hat.“
    „Und was geschieht nun?“
    „Sie werden es Alexander sagen. Sie sagen ihm, dass er das Herz meiner Tochter in sich trägt.“
    Wolfgang musste schlucken. Er war erleichtert. Vielleicht hatte Alexander noch eine Chance. Beide schraken hoch , als hinter ihnen plötzlich jemand ‚Papa’ sagte. Wolfgang blieb beinahe das Herz stehen. Im Türrahmen stand Alexander. Immer noch dieselbe bunte Frisur. Er sah gut aus, gesund. Wolfgang sprang auf,

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