Zahltag
wollte wieder gehen. Da kamen plötzlich zwei Typen mit auffälligen Motorradjacken herein. Die könnten wissen, wo man eine Waffe herbekam. Doch wie sollte er vorgehen? Er bestellte sich ein neues Bier und beobachtete die Burschen. Sie lachten und tranken einen Schnaps nach dem anderen. Etwa nach einer Stunde hatten sie genug und verließen das Lokal. Wolfgang legte das Geld auf den Tresen und ging ebenfalls.
„Entschuldigen Sie bitte?“ , rief er Ihnen draußen nach.
Die beiden Typen drehten sich gleichzeitig um. „Was willst du? Was verfolgst du uns? Bist du ’n Bulle?“
„Was? Nein, gottverdammt, ich bin kein Bulle.“
Der eine kam bedrohlich nahe und packte ihn am Kragen. Wolfgang wusste nicht, wie ihm geschah. Der bullige Typ drückte ihn gegen die Mauer. Wolfgang spürte seinen Atem schneller werden. Ein beklemmendes Gefühl kam in ihm hoch.
„Willst du ein paar aufs Maul?“
„Ich will eine Waffe, verdammt.“
Der Typ lockerte seinen Griff und fing an zu lachen. Er ließ Wolfgang los. „Und was willst du dann von uns?“
„Ich dachte , ihr könntet mir einen Tipp geben?“
„Das dachtest du?“
„Ich kann zahlen.“
Jetzt wurden die beiden hellhörig. „Was bist du denn für ein Typ, Alter? Was willst du eigentlich mit einer Waffe?“
„Meine Sache, oder? Wollt ihr nun Geld oder nicht?“
„Nicht hier und nicht jetzt. Wenn du eine Waffe willst, dann komm morgen in den Diamonds Club im Zentrum.“ Die beiden Typen lachten und gingen davon.
Wolfgang blieb zitternd an der Wand gelehnt stehen und konnte kaum atmen. Hatte er das wirklich getan? Hatte er eine Waffe bestellt, bei zwei Typen, mit denen er normalerweise nicht einmal reden würde? Er ließ sich zu Boden sinken und nahm die Hände vors Gesicht. Er wusste nicht, wie lange er so da saß, doch als er wieder zu sich kam fror er, obwohl es eine milde Nacht war. Langsam ging er die paar Schritte zurück in sein Zimmer. Er legte sich aufs Bett und schlief sofort ein.
Heute — Thomas, ein Jahr nach der Entführung
Thomas lag in seinem Bett. Ihn plagten Albträume — wie fast jede Nacht. Immer wieder war es derselbe Streit. Seine Frau schrie ihn an. Sie machte ihm Vorwürfe, weil er zu viel arbeitete und zu wenig für die Familie da war. Sie fuhr wutentbrannt zur Arbeit. Immer wieder träumte er dasselbe, sah er das ausgebrannte Wrack. Die Feuerwehr konnte nichts mehr machen. Sie war tot. Thomas sah seine Frau nie wieder. Sie waren im Streit auseinandergegangen. Er konnte ihr nicht mehr sagen, wie sehr er sie liebte, wie sehr er diesen Streit bereute, wie sehr sie recht hatte. Sie hatte immer recht gehabt. Schweißnass wachte er auf. Nicht erschreckt, nicht erstarrt, nicht überrascht. Es war jede Nacht dieselbe Situation. Er wachte langsam auf. Der Schweiß stand ihm auf Stirn und Rücken. Er fror. Er sah die Decke an und wusste, dass er ein schlechter Mensch war. Er wollte immer Gutes tun, doch irgendwann hatte das Böse ihn im die Oberhand gewonnen. Er wusste, dass es schlimm enden würde, doch er konnte nicht mehr zurück. Nicht jetzt. Er war fast am Ziel. Auch wenn es ein falsches, grausames Ziel war. Er hatte begonnen und musste es nun durchziehen. Nicht nur für sich. Er setzte sich auf und sah auf die Uhr. Es war fünf Uhr morgens. Er könnte noch ein paar Stunden schlafen, aber was würde ihm der Schlaf bringen? Erneute grausame Erinnerungen. Er musste sich unbedingt wieder Schlaftabletten besorgen, um ein paar Stunden Ruhe und Frieden zu bekommen.
Heute — Wolfgang, ein Jahr nach der Entführung
Zur gleichen Zeit lag Wolfgang ebenfalls wach, denn auch seine Träume waren düster. Auch seine Frau suchte ihn heim. Sie machte ihm ebenfalls Vorwürfe und verfluchte ihn. Er nahm noch eine Kopfschmerztablette und versuchte sich zum Schlafen zu zwingen. Er musste die Stunden irgendwie schnell hinter sich bringen. Sobald er die Waffe hatte, würde er weitersehen. Es würde alles gut werden.
Es war bereits zwölf Uhr, als er hochschreckte. Wie spät war es? Hatte er verschlafen? Die zwei Typen hatten keine Uhrzeit genannt, doch er wollte früh hin. Nicht, dass er sie verpasste. Er musste sich noch erkundigen, wo der Club war. Also duschte er schnell und ging vor an den Tresen, an dem der Alte wieder vor der Mattscheibe saß.
„Kennen Sie den Diamonds Club ? Soll im Zentrum sein?“
„Was wollen Sie denn da?“ Der Alte sah ihn misstrauisch an. Wolfgang bemerkte es sofort.
„Da soll eine Bar in der Nähe
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