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Zahltag

Zahltag

Titel: Zahltag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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er
Scherereien, weil er anderen reingefahren ist. Deshalb hat er sein Auto nur
noch draußen abgestellt. Dort, wo [330]  gerade ein Parkplatz frei war – entweder
auf der Ejialias-, der Theotokopoulou- oder der Andromachis-Straße.«
    Möglicherweise hatte der nationale Steuereintreiber auch diese
Einzelheit recherchiert. Vielleicht hatte er aber auch einfach Glück.
    »Hat Herr Karadimos Angehörige?«
    »Er war geschieden«, antwortet der ältere Mann. »Und er hat einen
Sohn, der in London Medizin studiert.«
    »In Ordnung, das war’s«, teile ich ihnen mit, worauf sich die
Mitarbeiter verabschieden.
    »Ist Herr Karadimos schwer verletzt?«, fragt mich die Archontidi,
als wir allein zurückbleiben.
    »Er war leider schon tot, als ihn die Putzfrauen gefunden haben.«
    »Das dachte ich mir schon«, haucht sie. Dann sinkt sie auf einen
Stuhl und hält sich die Hände vors Gesicht.
    Ohne mich zu verabschieden, verlasse ich den Raum. Als ich zu meiner
Truppe stoße, läutet mein Handy.
    »Der Todeszeitpunkt liegt zwischen zehn Uhr abends und ein Uhr
morgens«, höre ich Stavropoulos’ Stimme sagen. »Da der Pfeil das Herz nicht
durchbohrt hat, ist er, wie auch die anderen Opfer, am Schierlingsgift
gestorben. Wenn man zwei Stunden bis zum Eintritt der Wirkung ansetzt, muss ihn
der Pfeil zwischen acht und elf Uhr abends getroffen haben.«
    »Vielen Dank für die rasche Bearbeitung.« Ich will ihm jetzt nicht
sagen, dass ich ohne seine Mithilfe zu demselben Ergebnis gekommen bin, um ihm
nicht noch mehr die Laune zu verderben.
    Dimitriou und die Mannschaft der Spurensicherung [331]  schicken sich
an, zu den Büroräumen hochzufahren, und ich schlage mit meinen Assistenten den
Weg zur Dienststelle ein.

[332]  43
    Auf dem Weg zum Präsidium nimmt in meinem Kopf langsam eine
bestimmte Idee Gestalt an: Die Ermittlungen sind deshalb in eine Sackgasse
geraten, weil wir nichts über die Persönlichkeit des nationalen
Steuereintreibers wissen. Wir kennen zwar seine Vorgehensweise, und wir wissen
ziemlich genau, nach welchen Kriterien er seine Opfer auswählt, doch auf seine
Person und seinen Charakter gibt es keinerlei Rückschlüsse. Sicher ist nur,
dass er im Alleingang handelt. Dadurch kommen zwei Aspekte nicht zum Tragen,
die üblicherweise zum Ziel führen: Man kann ihn nicht auf bestimmte kriminelle
Kreise festnageln, und man kann auch keine Mittäter ausforschen und verhören.
Er geht einfach unglaublich vorsichtig und systematisch vor, ohne die geringste
Spur zu hinterlassen.
    In solchen Fällen gibt es zwei Alternativen. Entweder warten wir
geduldig ab, bis er den alles entscheidenden Fehler macht, der jedem Mörder
früher oder später unterläuft – wobei jedoch nicht absehbar ist, wie viele
Opfer wir in Kauf nehmen müssten, bis er diesen Fehler endlich begeht –,
andererseits können wir versuchen, uns ein Bild von der Persönlichkeit des
Mörders zu machen, was für ein Mensch er ist, wie er lebt und in welchem Umfeld
er sich bewegt, so dass wir den Personenkreis schließlich immer mehr einengen
können, zu dem er aller Wahrscheinlichkeit nach gehört.
    [333]  Wenn ich auch Ersteres nicht ausschließen will, ist die zweite
Alternative doch besser, weil sie uns nicht zur Untätigkeit oder zum Abwarten
verurteilt. Ganz im Gegenteil, sie ermöglicht uns, die Ermittlungen
voranzutreiben, auch wenn wir dafür eine gehörige Portion Glück brauchen. Doch
leider gehört die Persönlichkeitsanalyse nicht zum Aufgabengebiet der
Kriminalpolizei, hier sind vielmehr andere Fachleute gefragt.
    Im Büro angelangt, berufe ich eine Mini-Konferenz mit meinen drei
Assistenten ein. »Wie ihr schon gemerkt habt, kommen wir mit unseren
Ermittlungen nicht voran«, beginne ich. »Und der nationale Steuereintreiber
mordet immer weiter. Nun hat er den Kreis seiner Opfer erweitert. Er bringt
nicht mehr bloß namhafte Steuersünder um, sondern auch Personen, die dadurch in
sein Visier geraten, dass sie mit dem politischen Establishment verbandelt
sind. Das bedeutet, dass wir unter immer größerem Druck stehen. Wir dürfen
jetzt aber nicht in Hektik verfallen, sonst finden wir ihn nie.«
    »Stimmt, Herr Kommissar«, meint Dermitsakis. »Aber was können wir
tun? Die ganze durch Koula verstärkte Abteilung für Computerkriminalität sucht
nach irgendeinem Fingerzeig. Bis heute ist das Ergebnis gleich null.«
    »Er spielt Blindekuh mit uns«, kommentiert Vlassopoulos. »Der Mann
ist wie ein Phantom, er taucht auf und verschwindet,

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