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Zahltag

Zahltag

Titel: Zahltag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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Korassidis’ Steuererklärung verschafft hat. Könnte ich morgen einen
unserer Leute vorbeischicken, der Ihren Computer daraufhin checkt?«
    »Aber gern, Sie tun mir sogar einen Gefallen«, entgegnet
Katsoumbelos zuvorkommend, um Spyridakis zu signalisieren, dass er kooperativ
bleibt, solange man ihm nicht auf die Füße tritt.
    »Bitte schicken Sie mir heute noch Korassidis’ Steuerakte per E-Mail
zu«, sagt Spyridakis und notiert ihm seine Adresse auf einen Zettel.
    [100]  Katsoumbelos gerät erneut in Verlegenheit. »Wieso greifen Sie
nicht auf die Steuersoftware Taxis zurück?«
    »Weil ich sie von Ihnen haben möchte.«
    »Das müssen Sie schriftlich beantragen.«
    »Hören Sie zu, Herr Katsoumbelos«, meint Spyridakis barsch. »Wenn
morgen Unregelmäßigkeiten in der Steuerakte ans Licht kommen, hängen Sie mit
drin. Wie Sie wissen, haften Buchhalter oder Steuerberater für die
Steuererklärung ihres Mandanten. Machen Sie uns das Leben also nicht schwerer
als unbedingt nötig. Sie schicken mir die Unterlagen, wie von mir verlangt, und
ich bestätige Ihnen den Empfang.«
    Spyridakis’ Miene lässt keinen Widerspruch zu. Katsoumbelos
beschränkt sich auf ein stummes Nicken, da sich jede weitere Diskussion
erübrigt.
    Am Eingang des Wohnhauses bleibt Spyridakis stehen, als wollte er
kurz Luft holen. Nach einem kurzen Schweigen meint er schuldbewusst: »Wo er
recht hat, hat er recht. Die Kontrolle, ob Ärzte korrekt abrechnen, ist
tatsächlich unsere Aufgabe. Nur führen wir sie nicht durch, oder nur dann, wenn
einer von uns gerade nichts Besseres zu tun hat. Wir haben nicht genügend
Personal, um hinter allen Ärzten Griechenlands herzuschnüffeln.« Nach einer
Pause fügt er hinzu: »Das Schlimmste ist, dass wir ganz genau wissen, wie es
läuft.«
    »Und wie läuft es?«, frage ich neugierig, damit es mir Fanis später
im Gegenzug bestätigen kann.
    »Der Arzt sagt zum Patienten: ›Die Behandlung kostet hundert Euro.
Wenn Sie eine Quittung wollen, kostet sie hundertfünfzig.‹« Niemand verlangt
dann eine Quittung, [101]  um die fünfzig Euro zu sparen, und kein Patient zeigt
ihn an, weil er Angst hat, seinen Arzt zu verlieren. All das wissen wir, können
aber nicht eingreifen.«
    »Na ja, das ist für unsere Ermittlungen ohnehin nicht so relevant«,
sage ich, hauptsächlich, um ihn zu trösten. »Wichtiger wäre es zu wissen, ob
Korassidis’ Töchter eine Steuererklärung abgegeben haben.«
    »Da kann uns nur das zuständige Finanzamt weiterhelfen. Da die
Töchter denselben Wohnsitz haben wie ihr Vater, müssen sie auch beim selben
Finanzamt veranlagt sein.«
    »Sollen wir dem Finanzamt morgen früh einen Besuch abstatten?«
    »Um Gottes willen, nein!«, ruft er beinah erschrocken. »Morgen laden
Sie den Leiter des zuständigen Finanzamtes und den Sachbearbeiter vor. Und die
Vernehmung führen nicht nur wir beide, sondern wir bieten auch Dolianitis vom
Dezernat für Wirtschaftskriminalität und die Kollegen von der Abteilung für
Computerkriminalität auf. Noch besser wäre, wenn Sie auch noch Herrn Gikas
dazubitten könnten.«
    »Wozu denn der ganze Aufwand?«, frage ich baff.
    »Zur Abschreckung, Herr Kommissar. Um die beiden einzuschüchtern.
Schauen Sie, die haben sich dermaßen gut abgesichert, damit wir nicht hinter
ihre Gaunereien kommen, dass sie sich für unangreifbar halten. Alle zusammen
gehören zu einem großen Ring von Finanzämtern, in dem sich alle gegenseitig
decken. Nur wenn sie die Führungsriege des Präsidiums vor sich sehen und
gehörig Angst kriegen, können wir sie vielleicht zum Reden bringen. Das ist
unsere einzige Chance.«
    [102]  Er verabschiedet sich mit einem Händedruck und geht zu seinem
Wohnhaus zwei Straßen weiter.
    Auf der Rückfahrt liegt die Patission-Straße, genau wie von
Spyridakis beschrieben, vor mir: verödet und düster.

[103]  13
    Ich komme, ein halbe Stunde früher als gedacht, gegen halb
zehn Uhr nach Hause. Vollkommene Dunkelheit und absolute Stille empfangen mich.
Ich schalte das Licht an und rufe nach Adriani – keine Antwort. Nichts ist zu
hören, weder Stimmen aus den »Fensterchen« der Abendnachrichten noch Fanfaren
aus dem Werbeblock. Unruhe erfasst mich, Adriani könnte etwas zugestoßen sein,
da sie die schlechte Angewohnheit hat, sich so lange in Befürchtungen
hineinzusteigern, bis sie zu fixen Ideen werden, unter deren Last sie
schließlich zusammenbricht.
    Da sie ja auch einfach krank sein könnte, schaue ich ins
Schlafzimmer hinein. Doch

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