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Zahltag

Zahltag

Titel: Zahltag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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[193]  denkbar, dass er sensible Informationen über eine große Anzahl weiterer
Personen in der Hand hat.«
    »Eine davon hat er bereits publik gemacht«, sage ich und lege ihnen
den Fall Polatoglou dar.
    »Er hat gezahlt?«, fragen Spyridakis und Lambropoulos wie aus einem
Mund.
    »Zu diesem Zweck hat er doch die Schreiben an die TV -Sender geschickt: um zu zeigen, dass mit ihm nicht
zu spaßen ist. Bei Polatoglou ist sein Plan aufgegangen.«
    »Heute noch fordere ich bei den Athener Finanzämtern eine
Aufstellung darüber an, wie viele Personen in der letzten Zeit größere Summen
überwiesen haben«, sagt Spyridakis. »Immerhin kennen wir jetzt die Firmendaten
des Offshore-Unternehmens, dem Korassidis’ Landhaus gehört.«
    »Was ist das für eine Firma?«, frage ich.
    »Wie zu erwarten eine mit Firmensitz auf den Kaimaninseln. Dass
Korassidis Anteile besaß, ist somit schwer nachzuweisen. Aber ich möchte
wetten: Wenn wir doch noch herausfinden, wem sie gehört, wird nicht er, sondern
eine seiner Töchter als Anteilseigner aufscheinen.«
    »Hilft es uns weiter, wenn wir seine Konten überprüfen?«, fragt
Gikas.
    »Schon geschehen. Es gibt zwar keine direkten Überweisungen an die
Offshore-Firma, dafür aber monatliche Abbuchungen einer gleichbleibenden Summe
von seinem Konto. Höchstwahrscheinlich hat er Geld von seinem Konto abgehoben
und per Scheck von einer anderen Bank aus dorthin transferiert. Da die
Abhebungen 5000 Euro nicht überschritten haben, gab es für die Bank keinen
Grund, Fragen [194]  zu stellen. Überweisungen bis 10000 Euro fallen nicht unter
die Bestimmungen des Geldwäschegesetzes.«
    »Korassidis war ein Arzt. Woher kannte er all diese Tricksereien?«,
frage ich Spyridakis.
    »Kommen Sie, Charitos«, mischt sich Lambropoulos ein. »Einheimische
wie ausländische Finanzberater, die mit ihrem Wissen hausieren gehen, gibt’s
doch wie Sand am Meer.«
    »Wenn es Sie interessiert, kann ich Ihnen ein paar Namen nennen«, fügt
Spyridakis hinzu.
    »Uns interessieren nur die Namen derjenigen, die Tricks gegen
Zulagenkürzungen auf Lager haben«, meldet sich Gikas mit einer seiner seltenen
humoristischen Anwandlungen zu Wort.
    »Korassidis’ Töchter sind jedenfalls gerade in Athen, falls Sie sie
befragen möchten«, informiert mich Spyridakis. »Sie sind zum Begräbnis ihres
Vater angereist.«
    »Ich will sie so schnell wie möglich sprechen.« Unverzüglich rufe
ich Dermitsakis an. »Schaff mir Korassidis’ Töchter her, die gerade in Athen
sind. Sag ihnen, ich möchte sie auf dem Präsidium befragen. Wenn möglich, noch
heute.«
    Nachdem ich aufgelegt habe, wende ich mich an Spyridakis: »Ich hätte
Sie gerne bei der Vernehmung dabei.«
    »Kein Problem. Sagen Sie Bescheid, wenn’s so weit ist.«
    Am Ende der Besprechung fahre ich zu meinem Büro hinunter, um vor
dem Eintreffen von Korassidis’ Töchtern das Telefonat mit Nassiotis zu
erledigen. Zunächst einmal versuche ich es auf der deutschen Festnetznummer,
doch dort springt nur der Anrufbeantworter mit einer zweisprachigen Ansage auf
Deutsch und Griechisch an. Dann probiere ich es auf seinem Handy und habe ihn
sofort in der Leitung.
    [195]  »Herr Nassiotis?«
    »Am Apparat.«
    »Hier spricht Kommissar Charitos, Polizeipräsidium Attika. Ich
wollte Ihnen ein paar Fragen zu den Videofilmen stellen, die Sie im Auftrag des
Tourismusministeriums gedreht haben.«
    »Aber gern. Man hat mir schon berichtet, dass jemand sie benutzt
hat, um daraus seine eigenen Aufnahmen zu montieren.«
    »Genau darum geht es. Sind Sie derzeit in Griechenland?«
    »Leider nein. Ich bin gerade in Taormina auf Sizilien und arbeite an
einem Video über die Stadt und ihre Altertümer.«
    »Dann müssen wir uns mit einem Telefongespräch begnügen. Wann haben
Sie diese Videos gedreht, Herr Nassiotis?«
    Er denkt kurz nach, bevor er mir antwortet. »Das muss rund zwei
Jahre her sein, Herr Kommissar. Wenn ich mich nicht irre, habe ich sie im
September 2009 fertiggestellt.«
    »Könnte es sein, dass Sie Kopien an Dritte weitergegeben haben?«
    »Nein, Herr Kommissar«, erwidert er entschieden. »Ich drehe meine
Videos immer allein, füge dann die Untertitel und die Sprecherstimme hinzu und
mache auch den Filmschnitt selbst. Danach liefere ich fünf reproduktionsfähige
Kopien ans Ministerium, und eine Kopie wandert in mein Archiv in Deutschland.
Da in meine Werkstatt in Mannheim nicht eingebrochen wurde, kann die Ursache
des Problems nicht bei mir liegen.« Er

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