Zahn, Timothy - Eroberer-Trilogie\1 - Eroberer
vielleicht noch einen Monat dranhängen, bevor wir umkehren müssen.«
»Und wo sollen wir suchen?«, entgegnete Arie.
Quinn zuckte leicht die Achseln. »Wo immer Sie wollen.«
Aric wandte sich von der Grafik ab und durchlief ein emotionales Wechselbad aus Zorn und Frustration. Aber Quinn hatte Recht. Sie hatten nicht den kleinsten Anhaltspunkt für eine weitere Suche. »Nein«, sagte er. »Sie haben Recht. Wir können nichts mehr tun.« Er holte tief Luft. »Wann fliegen wir ab?«
»Die Corvines werden in ungefähr vier Stunden hier sein, wenn sie ihren derzeitigen Kurs mit minimalem Brennstoffverbrauch beibehalten«, sagte Quinn. »Wir nehmen die Jäger an Bord, betanken sie und fliegen zurück.
Entweder nach Dorcas oder direkt nach Edo.«
Aric nickte. Der Plan war natürlich sinnvoll - sie hatten keinen Grund mehr, sich noch länger hier aufzuhalten, wo die Entscheidung zum Rückflug nun gefallen war. Aber trotzdem »Vielleicht sollten wir uns vorher noch ein wenig ausruhen«, sagte er über die Schulter. »Wäre doch möglich, dass die Eroberer nicht imstande waren, eine so kurze Tachyonen-Spur zu verfolgen. Vielleicht warten sie darauf, dass wir wieder in den Hyperraum wechseln, um uns dort zu verfolgen.«
»Nicht, wenn wir vorher noch eine statische Bombe abwerfen«, sagte Quinn.
»Wir könnten trotzdem alle eine Ruhepause vertragen«, wiederholte Aric. »Wir haben sie alle nötig.«
Er spürte Quinns Blick am Hinterkopf. »In Ordnung«, sagte der andere. »Wie viel Zeit wollen Sie noch?«
Mit anderen Worten, wie viel Zeit brauchte er, um sich damit abzufinden, Pheylan den Eroberern zu überlassen.
»Sagen wir zehn Stunden«, sagte Aric. »So hätte jeder noch ungefähr sechs Stunden Schlaf.«
»Einverstanden«, sagte Quinn.
Aric atmete tief durch. Er hatte also noch zehn Stunden, um ein Kaninchen aus dem Hut zu zaubern.
Oder um den Mut aufzubringen, das zu tun, was er tun musste. Und seinem Bruder endgültig »Lebewohl« zu sagen.
22
»In Ordnung«, sagte Melinda, löste die Klammern, die den geöffneten Torso des Eroberers gespreizt hatten und ließ sie auf die Ablage fallen. »Dieser Teil wäre also erledigt. Wie kommen Sie zurecht, Hobson?«
»Bei mir ist alles klar, Madam«, sagte ihr Assistent auf der anderen Seite des provisorischen Autopsietischs.
Obwohl sein leichter Grünstich über der Atemschutzmaske die Worte doch irgendwie Lügen strafte. »Sind wir denn bald fertig?«
»Mit diesem Abschnitt - ja«, versicherte Melinda ihn. »Ich muss noch ein paar Spezialinstrumente besorgen, bevor ich mit dem Cranium weitermachen kann. Wir schauen uns noch die Zunge an und machen dann eine Pause.«
»Ja, von dieser Zunge habe ich schon gehört«, sagte Hobson düster. »Damit wurden doch Bremmer und Ran-jithan kaltgemacht.«
»Ja«, sagte Melinda mit einem Kopfnicken, ging zum anderen Ende des Tischs und nahm eine Sonde mit Klammer an sich. »Öffnen Sie bitte seinen Mund. Aber vorsichtig.«
Hobson tat wie geheißen. Melinda schob die Sonde unter die Zunge, zog die Zungenspitze heraus und klemmte sie ein. »Interessant«, murmelte sie und berührte den Rand.
»Was sind das denn für Dinger?«, sagte Hobson und beugte sich herunter, um sie näher in Augenschein zu nehmen. »Sieht aus wie kleine Haifischzähne.«
»Ich glaube, das sind Knochenstücke«, sagte Melinda und stocherte mit der Sonde an einem der schmutzig-weißen Dreiecke herum. »Direkt am Zungenmuskel befestigt. Und wirklich scharf.«
»Wie kommt's, dass sie sich damit nicht selbst schneiden?«
»Wahrscheinlich strecken sie die Zunge normalerweise nicht so weit heraus«, sagte Melinda, griff zum Skalpell und nahm einen kleinen Einschnitt zwischen zwei dieser Knochenzähne vor. »Außerdem ist das Muskelgewebe in den letzten vierzig Stunden wahrscheinlich etwas geschrumpft. Aha.«
»Was denn?«, fragte Hobson.
»Blutgefäße«, sagte Melinda und erweiterte den Einschnitt. »Und zwar ziemlich große, direkt hier am Rand.«
Aus dem Augenwinkel sah sie, wie Hobson den Blick abwandte. »Major Takara kommt«, sagte er.
Melinda richtete sich auf und drehte sich um. Takara kam in der einsetzenden Dämmerung auf sie zu und bahnte sich vorsichtig einen Weg zwischen den Kisten mit Ausrüstung und Vorräten hindurch, die sie unter dem breiten Felsüberhang aufgestapelt hatten. »Major«, begrüßte sie ihn mit einem Kopfnicken und ging zum Plastikvorhang ihres provisorischen Autopsieraums. »Schon etwas Neues von den
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